Konkurrenz um qualifizierte Arbeitskräfte steigt weiter. Welche Faktoren zu dem Engpass geführt haben und was die Folgen davon sind.
Das Wort Freibad lässt bei vielen Besuchern Erinnerungen an warme Sommertage mit Stunden voller Spiel und Spaß im und ums Wasser wach werden. Bei Schwimmbadbetreibern dürfte die Assoziation eher in Richtung Personalmangel gehen. Denn die Suche nach qualifizierten Fachkräften gestaltet sich immer schwieriger. Der Markt ist nahezu leergefegt und die Konkurrenz um die wenigen verfügbaren Arbeitskräfte steigt. Den Engpass bekommen auch die Freibäder in Stormarn und das Tonteichbad in Wohltorf zu spüren.
Nicht nur Fachangestellte für Bäderbetriebe sind knapp, auch bei den Rettungsschwimmern gibt es Nachwuchsprobleme. Das Schönaubad in Trittau hat in beiderlei Hinsicht Bedarf. Betriebsleiter Kai Kobus weiß aus eigener Erfahrung, welche Auswirkungen eine zu dünne Personaldecke im schlimmsten Fall haben kann. Er sagt: „Im vorigen Jahr mussten wir kurzfristig einen halben und einen ganzen Tag schließen – und das bei bestem Badewetter und 30 Grad.“
Im Notfall geschlossen: Betriebsleiter von Freibädern wollen kein Risiko eingehen
Neben Kobus gibt es mit Sebastian Lindemann noch eine weitere Fachkraft, beide arbeiten im Zwei-Schicht-System. Fällt einer aus und der andere kann nicht übernehmen, ist eine Schließung unumgänglich. Kobus springt auch dann ein, wenn er eigentlich frei hat, aber plötzlich kein Rettungsschwimmer verfügbar ist. „Wir können aber nicht alles kompensieren“, sagt er. Kann auf die Schnelle kein Ersatz organisiert werden, „mache ich zu“, so Kobus. Er wolle keinesfalls das Risiko eingehen, dass etwas passiere, weil kein Retter vor Ort gewesen sei, der rechtzeitig hätte eingreifen können.
Die Leiterin des Freizeitbades Bargteheide, Beatrix Jahn, teilt Kobus‘ Sicht.. Auch für sie „ist Schließen die letzte Option“. In ihrem Team stehe einer für den anderen ein, das gelte auch für den Krankheitsfall, so Jahn. Vier Fachkräfte mit unterschiedlichen Stundensätzen von Vollzeit bis zu 15 Wochenstunden sind im Freizeitbad tätig. Doch auch ihnen wächst die Arbeit über den Kopf. Daher hat die Stadt eine weitere Vollzeitstelle für eine Fachkraft ausgeschrieben. In einer Hinsicht muss Jahn sich in diesem Jahr allerdings keine Sorgen machen. Sie sagt: „Mit Rettungsschwimmern sind wir so gut ausgestattet, dass wir die Saison bestücken können.“
Betriebsleiter muss in der Freibadsaison fast völlig auf eigene Freizeit verzichten
Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch sagt: „Finden wir das erforderliche Personal nicht, wird sich das in reduzierten Öffnungszeiten niederschlagen.“ Jahn befürchtet keine derartigen Auswirkungen. „Im Moment sind keine Änderungen geplant“, sagt sie. Das Bad werde am Freitag, 3. Mai, 14 Uhr zum ersten Mal in diesem Jahr seine Tore für Besucher öffnen. In Trittau ist der Start in die Saison eine Woche später, für Sonnabend, 11. Mai, geplant. Für Betriebsleiter Kai Kobus bedeutet das Datum den Auftakt zu einer mehrmonatigen Phase, in der sich sein Freizeitleben praktisch auf Null reduziert. Ohne Enthusiasmus ist der Job nicht zu bewältigen, so viel ist sicher.
„Beim Fachkräftemangel spielen viele Faktoren mit“, sagt Kobus. Zu den Gründen, warum viele den Job nicht machen wollten, zählten die Arbeit an Wochenenden, Feiertagen sowie Öffnungszeiten, die frühestens um 6.30 Uhr beginnen und längstens bis 20 Uhr dauern. Hinzu komme die Vor- und Nachbereitung. Und dann sei da noch die Generation Z, die deutlich mehr Wert auf eine Work-Life-Balance lege. Außerdem habe Corona zu einem generellen Wandel in der Dienstleistungsbranche geführt. „Da haben viele festgestellt, es gibt andere Jobs mit nur acht Arbeitsstunden an fünf Wochentagen.“
Der Badleiter des Tonteichbades braucht den Ruhetag, um sich zu erholen
Einen weiteren Faktor nennt Bernd Wyrwinski, Geschäftsführer des Tonteichbades in Wohltorf. „Der Beruf des Fachangestellten für Bäderbetriebe ist ein Lehrberuf.“ Nach Abschluss der Lehre verdienten die Gesellen in etwa 1300 bis 1400 Euro netto. Das sei viel zu wenig. „Dadurch eliminiert der Beruf sich selbst“, befürchtet Wyrwinski, der ebenso wie seine Kollegen aus Trittau und Bargteheide bislang vergeblich auf der Suche nach fachlicher Unterstützung ist. Weil es nur einen Schwimmmeister und keine Vertretung gibt, muss das Tonteichbad montags einen Ruhetag einlegen. „Damit der Badleiter sich erholen kann“, sagt Wyrwinski. Der komme schon mal mit einem Schal um den Hals krank zur Arbeit. „Wenn er schwerer erkrankt, ist das ein Problem, dann müssen wir schließen.“ Die Betriebsaufsicht könne im Gegensatz zur Wasseraufsicht nicht delegiert werden.
Weil einige Rettungsschwimmer weggebrochen sind, ist nur noch ein Pool von vier Kräften übrig. „Damit können wir uns nicht auf eine 100-prozentige Abdeckung verlassen.“ Weitere Rettungsschwimmer mit dem Rettungsschein B werden gesucht. „Wir zahlen 17 Euro Stundenlohn netto“, .sagt der Geschäftsführer, der hofft, dass sich noch ein paar Schüler und Studenten finden, die sich etwas dazuverdienen wollen. Die Hoffnung darauf, einen zweiten Badleiter zu finden, habe er hingegen schon fast aufgegeben. Ein kleines bisschen Restoptimismus ist aber noch vorhanden. „Eine Mutter, die wieder in den Job einsteigen will, das wäre ideal.“ Dass sich noch keine gefunden hat, könne jedenfalls nicht am Monatsgehalt von 3300 Euro brutto liegen.
Auch interessant
- Wellness-Oase Vabali Spa Glinde: Unfall bremst neue Chefin nicht aus
- Nach jahrelangem Streit: Feuerwehr Großensee bekommt neues Gerätehaus
- Thermen in und um Hamburg – was die Wellness-Oasen zu bieten haben
Bei der Suche nach Fachkräften für das Freibad Poggensee setzen die Stadtwerke Bad Oldesloe seit 2021 auf einen Dienstleister. Stadtwerke-Leiter Jürgen Fahl sagt: „Wir haben einen Vertrag mit der Firma Bädercoach geschlossen, die das Personal stellt.“ Für ein kleines Bad gestalte es sich zu schwierig, nur für eine Saison eine Badleitung und Rettungsschwimmer zu finden. „Der Arbeitsmarkt ist sehr kritisch.“ Bädercoach betreibe Bäder mehrerer Kunden und könne das Personal auch im Winter beschäftigen. Lennart Kerkhoff ist Gebietsleiter Nord bei der Bädercoach GmbH und Betriebsleiter des Freibads Poggensee. Der Betrieb sei gesichert, für weitere Fachangestellte sieht er keine Notwendigkeit. Ein Ausfall sei kein Problem. Zum einen könne er die Vertretung übernehmen, zum anderen gebe es dort „keine großartige Technik“. Zusätzliche Rettungsschwimmer könnte aber auch er noch gut gebrauchen.
Um den Personalmangel in den Griff zu bekommen, bietet Trittau Bäderfachkräften erstmals eine Ganzjahresstelle an. Ist die Badesaison vorbei, kommen Aufgaben in der Verwaltung hinzu. Laut Kobus bietet der Job weitere Vorzüge: ein familiäres Bad, in dem der Teamgedanke gelebt wird, ein angenehmes, freundlichen Miteinander mit den Badegästen und die Vorzüge des öffentlichen Dienstes.