Reinfeld. Seit über 60 Jahren ist die Traditionsbuchhandlung Michaels Treffpunkt in Reinfelds City. Ende Juni schließt sie. Oder gibt es noch Hoffnung?

Diese Nachricht dürfte viele Bücherfreunde traurig stimmen: Die Buchhandlung Michaels in der Reinfelder Innenstadt wird Ende Juni schließen. Die Pächterin, die das Geschäft seit August 2022 führt, hört aus privaten Gründen auf. Würden die Räume danach leer stehen, wäre das ein herber Schlag für die ohnehin von Leerstand gebeutelte City. Das Geschäft in der Paul-von-Schoenaich-Straße ist die einzige Buchhandlung der rund 9000 Einwohner starken Karpfenstadt, würde im Falle des Aus eine große Lücke hinterlassen.

Doch so weit wollen Ewald und Sieglinde Eden, die Eigentümer der Immobilie, es nicht kommen lassen – und suchen mit Unterstützung der Interessengemeinschaft Reinfeld liest einen Nachfolger, der das Geschäft als Buchhandlung weiterführen möchte. „Man muss nicht unbedingt Buchhändlerin oder Buchhändler sein“, sagt Sieglinde Eden, die das Geschäft 2003 übernommen und mehr als zehn Jahre geführt hatte. „Das Wichtigste ist die Freude an Büchern und Menschen“, so Eden.

Buchhandlung Michaels in Reinfelder Innenstadt steht vor dem Aus

Die Geschichte der Traditionsbuchhandlung beginnt 1956. Damals legte Herbert Michaels mit einem Umbau den Grundstein für die heutige Buchhandlung. Seine Nachfolge trat Familie Viehmann an, die 2003 den Staffelstab an Sieglinde Eden übergab. Ihrem Engagement ist es wohl zu verdanken, dass die Buchhandlung weit über die Grenzen Reinfelds hinaus bekannt wurde. Denn sie modernisierte das Sortiment und war eine der ersten Buchhändlerinnen, die ihrem Kundenstamm ein Online-Angebot über die Internetplattform Genialokal ermöglichte.

Im Jahr 2014 übergaben die Edens die Geschicke in jüngere Hände. Die gelernte Verlagskauffrau Nadja Benecke führte die Buchhandlung durch die kommenden Jahre, bis sie 2022 ausschied und ihre Nachfolgerin übernahm. „Es wäre wirklich unser großer Herzenswunsch, die Buchhandlung zu erhalten“, sagt Ewald Eden. Dass womöglich kein geeigneter Nachfolger gefunden wird, darüber will das Reinfelder Ehepaar nicht nachdenken. Der Optimismus, dass eine Lösung gefunden wird, überwiegt.

Eigentümer hoffen darauf, dass ein Nachfolger gefunden werden kann

Dennoch: „Wenn das gar nicht klappt, müssen wir uns natürlich auch für eine andere Nutzung öffnen, Leerstand wäre noch schlimmer“, sagt Ewald Eden. Immer wieder ist der Leerstand in der Reinfelder City Thema in der Stadt. Im März 2023 hatte die Bäckerei Junge ihre Filiale in der zentralen Einkaufsstraße aufgegeben. 16 Jahre lang hatte die Bäckerei mit angegliedertem Café die Reinfelder Bürgerinnen und Bürger mit frischem Brot, Brötchen und Kuchen versorgt. Viele waren traurig darüber, auch die Politik setzte sich für eine Lösung ein.

Wie berichtet, wurde diese auch gefunden: Die Schwestern Gülcan Hocoglu, Dilek und Melek Serbest machten sich in den Räumen mit ihrem Café Schwesterherz selbstständig und erfüllten sich damit einen lang ersehnten Traum. Das Café ist gut besucht und scheint bei den Menschen anzukommen. Auch Ewald Eden freut sich über die Entwicklung: „Vor gut einem Jahr ist es gelungen, das Café Schwesterherz als Nachfolge für die Bäckerei Junge zu etablieren. Es ist bereits jetzt ein Magnet in der Stadt“, sagt er.

Bald wird die Drogeriemarktkette Rossmann in die Reinfelder City kommen

Das ist aber nicht die einzige gute Nachricht. Viele Jahre waren die drei leerstehenden Gebäude, in denen sich der einstige Drogeriemarkt Schlecker, das einstige Traditionslokal Milchbar und Eis Witt befunden hatten, ein Schandfleck in der City. Sie werden durch einen Neubau ersetzt, in den die Drogeriemarktkette Rossmann einziehen wird.

Deshalb wünschen sich die Eheleute, dass auch der Buchladen eine Zukunft haben wird. Und da sind sie nicht die einzigen. „Uns sprechen so viele Leute an und fragen, wie es denn jetzt weitergeht“, sagt das Paar. Das Geschäft sei mehr als eine Buchhandlung und während der vielen Jahrzehnte ihres Bestehens auch zu einem Treffpunkt in der Stadt geworden.

Viele Bücherfreunde setzen nach wie vor auf die persönliche Beratung

„Es war ein Mittelpunkt in Reinfeld“, sagt Sieglinde Eden. „Wenn in der Stadt irgendetwas los ist, sind die Leute hergekommen. Hier hat sich alles getroffen.“ Eines der Erfolgsgeheimnisse war wohl auch die persönliche Beratung vor Ort, auf die die Edens immer großen Wert gelegt haben. Claudia Schönbohm, Initiatorin der Interessensgemeinschaft Reinfeld liest, sagt: „In Reinfeld und den Umlandgemeinden gibt es eine große Anzahl von aktiven Leserinnen und Lesern, die treue Kundinnen und Kunden der Buchhandlung sind, und die Beratung in einer inhabergeführten Buchhandlung den großen Ketten in den Umlandstädten vorziehen.“

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Vor einigen Monaten hat die Interessensgemeinschaft mit der Buchhandlung Bücherliebe aus Stockelsdorf im Café Schwesterherz eine Buchvorstellung veranstaltet. Das Interesse sei riesengroß gewesen. „Wir würden einem neuen Inhaber oder einer neuen Inhaberin mit gutem Konzept liebend gerne unterstützend zur Seite stehen und gemeinsam Lesungen oder Events organisieren“, sagt Schönbohm.

Diese gab es seinerzeit unter der Leitung von Sieglinde Eden regelmäßig und sie haben das Geschäft stets belebt. Auch Kontakte zu den Reinfelder Schulen hatte es immer wieder gegeben. „Die Schulen haben aktuell großes Interesse, diese Kooperation wieder aufleben zu lassen“, sagt Schönbohm. Interessenten, die sich vorstellen können, die Buchhandlung zu übernehmen, können sich per E-Mail unter moritz_1@t-online.de an das Ehepaar Eden wenden.