Reinfeld. John-Marc Hamann teilt seinen Alltag als Spenglermeister auf Social Media. Das Thema ist speziell. Warum die Menschen ihn trotzdem lieben.

Montagvormittag, 10.30 Uhr, eine kleine Werkstattscheune bei Reinfeld: John-Marc Hamann sitzt mit seinen vier Mitarbeitern am Tisch und trinkt Kaffee. Zeit für eine kurze Verschnaufpause, bevor die Männer weiter ranklotzen. So viel Zeit muss sein, auch wenn das Auftragsbuch voll ist – und das Handwerk nicht der einzige Beruf des 29-Jährigen ist.

Denn John-Marc Hamann ist selbstständiger Spenglermeister und Content Creator. Seinen Berufsalltag als Blechklempner teilt der Influencer auf Instagram, Tiktok, Youtube, Threads und BeReal. Auf Instagram hat der Reinfelder mittlerweile knapp 30.000 Follower. Einige seiner Videos sind viral gegangen, eines hat fast zehn Millionen Aufrufe.

Instagram-Star: Handwerker aus Reinfeld begeistert zehn Millionen Menschen im Netz

Dass sein Beruf als Spengler auch gleichzeitig seine größte Leidenschaft werden wird, die er mit der Welt teilen möchte, war vor 13 Jahren noch nicht abzusehen gewesen. „Als ich 2011 meinen Schulabschluss gemacht habe, wusste ich nicht so richtig, was ich machen wollte“, sagt der Reinfelder. „Ich habe mich auf Ausbildungen aller möglichen Handwerksberufe wie Kfz-Mechatroniker oder Dachdecker beworben, aber Fachkräftemangel im Handwerk war damals noch nicht so das Thema und ich habe nur Absagen bekommen.“

Doch eine Firma, bei der Hamann sich als Anlagenmechaniker beworben hatte, rief ihn dann doch an – und fragte, ob er stattdessen dort Spengler lernen möchte. „Ich habe sofort Ja gesagt und musste danach dann erst einmal googeln, was das eigentlich ist“, sagt er. Denn der Ausbildungsberuf zählt zu den exotischeren und unbekannteren im Handwerk. Ein Spengler ist für die Verarbeitung von Blech zuständig. Als Spengler baut John-Marc Hamann unter anderem Blechdächer.

Ausbildung in einem Reinfelder Betrieb entfachte die Leidenschaft für den Beruf

Seine dreieinhalbjährige Ausbildung absolvierte er bei einem Reinfelder Betrieb – und leckte damals so richtig Blut. „Die Ausbildung war super, es war ein richtig cooles Team“, sagt Hamann. „Die Gesellen haben mir den richtigen Spirit vermittelt und das Gefühl gegeben, dass Spengler das Geilste ist, was man lernen kann.“ Auch technologisch sei die Firma stets auf dem neuesten Stand gewesen, was dem Spaß bei der Arbeit zuträglich gewesen sei.

Als nach der Ausbildung sein Vertrag auslief, arbeitete Hamann ein halbes Jahr bei einem Zimmermann, danach zwei Jahre bei einem Dachdecker. „Wir Spengler arbeiten für gewöhnlich dem Zimmermann und dem Dachdecker zu, deshalb war es mir wichtig, auch die beiden Gewerke kennenzulernen“, sagt er. Doch die Leidenschaft lag woanders. Hamann wollte seinen Meister machen und kehrte dafür zurück in seinen Lehrbetrieb, weil die Arbeitszeiten dort besser mit der Meisterschule vereinbar waren.

2021 machte John-Marc Hamann sich als Spenglermeister selbstständig

„Ich wäre dort sehr gerne geblieben“, sagt er. Doch jemand anders bekam die Meisterstelle. Ein Plan B musste her. „Also habe ich mich selbstständig gemacht“, so der Reinfelder. „In der Meisterschule haben mir Leute immer wieder gesagt, dass ich mit meinem Talent in die Selbstständigkeit gehen soll.“

John-Marc Hamann und sein Team (v. l.): Peter Lange, Jean-Pierre Ebel, Heiko Saß und Jan Grüneberg.
John-Marc Hamann und sein Team (v. l.): Peter Lange, Jean-Pierre Ebel, Heiko Saß und Jan Grüneberg. © Juliane Minow | Juliane Minow

2021 war es dann so weit. „Ich habe mit einem Leihwagen und einem Akkuschrauber angefangen“, sagt er. Seitdem hat er sich mit viel Fleiß und harter Arbeit alles allein aufgebaut, teilweise am Wochenende von 5 bis 23 Uhr auf den Baustellen seiner Kunden geackert. „Es hat sich alles Stück für Stück entwickelt“, sagt Hamann. Die Aufträge wurden mehr, die Einnahmen auch.

Mittlerweile hat der 29-Jährige eine eigene Werkstatt und vier Mitarbeiter

Mittlerweile hat der 29-Jährige eine eigene Werkstatt und vier Mitarbeiter. Ein guter Freund von ihm, Jan Grüneberg, unterstützt ihn trotz eigenem Vollzeitjob ehrenamtlich, ist immer am Start, wenn Not am Mann ist. Mit Jean-Pierre Ebel hat Hamann einen schwerbehinderten Mitarbeiter eingestellt, eine Herzensangelegenheit. „Ich habe eine sehr soziale Ader“, sagt der Reinfelder. Ebel lernte er bei der Freiwilligen Feuerwehr kennen, wo er selbst auch Mitglied ist. „Wir sind ins Gespräch gekommen und er hat mir seine Geschichte erzählt. Ich mochte ihn so gerne und habe gesagt: Du kommst zu mir“, so Hamann.

Vielleicht ist seine Offenheit einer der Gründe, warum so viele Menschen ihm auch online folgen. In seinen Videos gibt der sympathische Norddeutsche lebendige Einblicke in seinen Berufsalltag. „Ich habe meinen Instagram-Account ungefähr zeitgleich mit dem Beginn meiner Selbstständigkeit eingerichtet“, sagt er. Das war Ende 2021. „Damals wurden mir Kanäle vorgeschlagen von anderen Spenglern. Da dachte ich: Cool, der zeigt seine Arbeit. Das möchte ich auch machen.“

Auf Instagram hat Hamann mittlerweile knapp 30.000 Follower

Gesagt, getan. Viele Menschen wurden innerhalb kurzer Zeit auf den Instagram-Kanal spenglermeister_john aufmerksam. Schnell hatte er 1000 Follower, dann 2000. Das motivierte Hamann, weiterzumachen. „Wenn ich mal nichts hochgeladen habe, haben die Leute gefragt, was los ist und ob ich krank bin. Dass mein Inhalt bei den Leuten ankam, hat mich sehr gefreut.“

Auch interessant

Die meisten seiner Follower sind vom Fach. Als Hamann kürzlich auf der Messe Dach + Holz International, der größten Messe der Dach- und Holzbranche, in Stuttgart war, haben viele Menschen ihn angesprochen, wollten Fotos machen. „Es melden sich Leute, die meine Schuhe und Socken kaufen wollen oder auch Azubis, die nach Hilfe bei den Hausaufgaben fragen, das ist schon krass“, sagt er.

Vollzeit-Influcener zu werden, ist für den Reinfelder keine Option

In seinem meistgeklickten Video sieht man, wie der Spengler ein Loch in eine Regenrinne schneidet. Es ist im ASMR-Stil gefilmt. Die Abkürzung steht für Autonomous Sensory Meridian Response und bezeichnet das Wahrnehmen eines kribbelnden, angenehm empfundenen Gefühls auf der Haut, das durch bestimmte Geräusche ausgelöst wird. Mittlerweile sind ASMR-Videos zu einem Riesentrend geworden.

Neben seinem Vollzeitjob verbringt Hamann etwa drei bis vier Stunden am Tag damit, Inhalte für Social Media zu erstellen. Durch Kooperationen mit einigen Firmen verdient er damit auch ein bisschen Geld. Doch bei allem Spaß am Influencer-Dasein: „Ich könnte mir nie vorstellen, in Vollzeit Content Creator zu sein“, sagt der 29-Jährige. Zu groß ist die Leidenschaft für seinen eigentlichen Beruf. Hamann: „Die Baustellenleistung steht immer an erster Stelle.“