Reinbek. Textilhandel hat sein Zentrallager bei Hamburg erweitert und technisch aufgerüstet. Von hier werden Filialen in ganz Europa beliefert.
Von der Socke bis zum Ballkleid: Der Hamburger Textilhändler Peek&Cloppenburg KG Hamburg (P&C Hamburg), im Internet und im Ausland auch als Marke Van Graaf bekannt, beliefert von seinem Logistikzentrum in Reinbek aus Filialen und Online-Kunden in ganz Europa bis nach Riga und nach Prag. Jetzt hat der Textilhändler den Kapazitätsausbau und die Modernisierung seines Logistikzentrums – durch die Corona-Zeit etwas verzögert – abgeschlossen. Das seit 2009 bestehende Zentrallager am Senefelder Ring, das sich auf einer Geschossfläche von bislang rund 45.000 Quadratmetern auf drei Etagen erstreckte, wurde um einen knapp 8000 Quadratmeter großen Komplex erweitert. Über die Höhe der Investition hält sich der Textilhändler bedeckt.
„Derartige Summen nennen wir grundsätzlich nicht“, sagt Stefan Andraschak, Leiter für Immobilien bei P&C. „Aber mit sieben Stellen wird es bei diesen Beträgen schon knapp.“ Andraschak und Christian Below, Leiter Logistik bei P&C Hamburg, haben am Dienstag Bürgermeister Björn Warmer, Reinbeks Wirtschaftsbeauftragter Sandra Pahlke sowie einigen Medienvertretern den Neubau vorgestellt. Warmer scherzte, er habe morgens extra aus seinem Schrank Bekleidung von P&C ausgewählt. Peek & Cloppenburg sei eine „Firma zum Angeben“ gegenüber den anderen Bürgermeister-Kollegen. Er versprach, dass sein Team für die Bedürfnisse des Unternehmens immer ein offenes Ohr haben werde.
Bekenntnis zum Standort Reinbek: P&C erweitert Zentrallager
Der Erweiterungsbau Richtung Westen aber ist die Hülle, die tatsächliche Innovation ist eine technische, die im Wesentlichen auf drei Säulen ruht: erstens ein digital gesteuertes Shuttle-Lager, ein sogenanntes „OSR“ (Order Storage and Retrieval), zweitens der „Sorter“, eine vollautomatische Sortieranlage, sowie drittens ein neues Warehouse-Management-System, eine digitale Schnittstelle mit den Filialen von P&C Hamburg. Below und Andraschak führten die kleine Besuchergruppe nicht ohne Stolz durch ihr Unternehmen.
„Bislang war es so, dass unsere Mitarbeitenden, die die Artikel manuell aus dem Lager holen mussten, dafür an ihren Arbeitstagen 12.000 bis 15.000 Schritte zurückgelegt haben“, erzählte Below. Dies habe sich jetzt umgekehrt: Diese „Gänge“ übernehme nun das OSR-System: Denn die Behälter mit den Waren werden per Shuttle in das Lager gebracht und wieder herausgeholt und sausen zu den Arbeitsplätzen der Mitarbeitenden. „Ein enormer Zeitgewinn“, erklärt der Logistikleiter das Prinzip.
Neue Technologie spart Zeit bei der Auftragsbearbeitung
Die Kolleginnen und Kollegen bereiten die Ware für den Versand an die Filialen oder an die Online-Kundschaft vor. Sie packen die Ware in hängende Taschen, die über Schienen an der Decke weiterlaufen. Für eine vollautomatische Anlage wie in der Pharmaindustrie seien die Artikel im Textilhandel zu verschieden und nicht immer berechenbar. Auch die Verpackungsoberfläche sei nicht immer geeignet für eine vollautomatische Kommissionierung. Daher könne das Unternehmen auf Kommissioniererinnen und Kommissionierer nicht verzichten. P&C Hamburg hat mehr als 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort, insgesamt sind es rund 3500.
Ziel der technologischen Neuerungen sei eine höhere Effizienz der Lieferung, außerdem seien sie auch eine Reaktion auf den aktuell schwierigen Arbeitsmarkt, sagt Christian Below. „Wir haben durch die neuen Technologien keine personellen Konsequenzen ziehen müssen. Einige der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben andere Aufgaben übernommen. Denn wir brauchen jetzt deutlich mehr Know-how für die Steuerung der Anlage und die der Teams.“ Das neue Warehouse-Management-System helfe dabei, die Interessen des stationären und des Online-Handels besser zu verzahnen und so das Unternehmen P&C Hamburg für die Zukunft aufzustellen.
Vollautomatische Anlage sortiert Ware für Aufträge
Von den vier etwa 80 Meter langen und 14,5 Meter hohen OSR-Gassen werden aktuell zunächst nur zwei genutzt, zwei weitere dienen als Reserve für die Zukunft des Unternehmens. Außerdem gibt es noch eine Reservefläche von 1200 Quadratmetern in der Halle. Das OSR bietet Platz für insgesamt 100.000 Behälter, pro Stunde lagert es 4500 ein oder aus. Das System lagert die Artikel völlig chaotisch ein, gesteuert wird es über Strichcodes. Zuerst waren die Lifter im Hochregallager so schnell, dass sich die leichten Behälter verschoben haben. „Wir mussten das Tempo sogar etwas drosseln, um das abzuschalten“, berichtet Below.
Vollautomatisch läuft hingegen der sogenannte Taschensorter, eine weitere technische Aufrüstung. Dieses System führt die Taschen mit der Liegeware aus dem Shuttle-Lager und Produkten aus dem Lager für Hängeware, wie Abendkleider, Anzüge oder Mäntel, für den jeweiligen Auftrag am Packtisch zusammen und steuert sie in der optimalen Reihenfolge für den Versand aus – sei es für den Nachschub in den mittlerweile 22 deutschen und 19 europäischen Filialen oder für die Onlinekundschaft bis nach Riga. „Was bislang viele einzelne Handgriffe erforderte, erledigt der Sorter jetzt quasi in einem Rutsch“, erläutert Below. Mehr als 7000 Kleidungsstücke pro Stunde kann die Anlage in Spitzenzeiten sortieren.
Ideale Lage des Reinbeker Gewerbegebietes
Mit dem Erweiterungsbau bekennt P&C Hamburg sich langfristig zum Standort Reinbek, an dem es bereits seit 2009 präsent ist. Below und Andraschak loben die Lage des Reinbeker Gewerbegebietes: Die Nähe zu Hamburg und dem Hafen sowie die schnelle Anbindung an die Autobahn seien für die Drehscheibe des gesamten P&C-Sortiments ideal.
Die Textilien werden am Senefelder Ring an 15 Wareneingangstoren angeliefert, zwischengelagert und konfektioniert, dann von 54 Verladerampen auf der anderen Seite aus per Lkw zu den Stores und der Kundschaft in ganz Deutschland und Europa weitertransportiert. Bis zu einer Million Artikel hält das Zentrallager zeitweise zur Nachversorgung der Geschäfte und für Bestellungen aus dem Van-Graaf-Online-Shop vor.
Perspektive auf mehr Arbeitsplätze
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Zugleich betont der Logistikleiter: „Bei allem Fortschritt in Sachen Automatisierung bleibt an vielen Stellen nach wie vor der Mensch als Arbeitskraft und Know-how-Träger gefragt.“ Für das angestrebte Wachstum könnten am Standort perspektivisch eher weitere Arbeitsplätze entstehen. Noch nicht entschieden ist beispielsweise, ob die Retourenbearbeitung, die derzeit in die Nähe von Prag ausgelagert ist, wieder nach Deutschland zurückkehren soll.
Auch dies spreche für Reinbek als gefragten Wirtschaftsstandort: Durch den S-Bahnhof und die Nahverkehrsanbindung könnten die Kräfte ihre Arbeitsplätze im Gewerbegebiet auch relativ gut erreichen. Von Bürgermeister Björn Warmer wünscht sich Christian Below, dass seine Mitarbeiter noch schneller vom S-Bahnhof zum Senefelder Ring kommen könnten.
Über die Peek&Cloppenburg KG Hamburg
Die Unternehmensgruppe Peek&Cloppenburg KG in Hamburg ist eines der führenden Unternehmen im textilen Einzelhandel, das in Deutschland und Europa aktuell 41 Geschäfte betreibt. In Polen, der Schweiz, Ungarn, Lettland und der Tschechischen Republik sowie als Online-Shop firmiert das Unternehmen ausschließlich unter dem Namen Van Graaf. Zu unterscheiden sind die zwei voneinander unabhängigen Unternehmen Peek&Cloppenburg mit ihren Hauptsitzen in Düsseldorf und Hamburg.