Reinbek. Autofahrer ärgern sich über Sperrung auf der Hamburger Straße. Jetzt gibt es zudem Streit mit der Baufirma, die den Überweg saniert.
Landwirt Hans-Jörg Carstensen kann es nicht fassen: „Wie ist es möglich, dass eine Fahrbahn der Hamburger Straße so lange gesperrt wird, ohne dass auf der Baustelle etwas passiert?“, fragt er verärgert. „Ich habe das Gefühl, das Reinbeker Bauamt lässt sich von der Firma auf der Nase herumtanzen.“ Die Rede ist von der Sanierung der Holländerbrücke. Die Fußgängerbrücke, die den Stadtteil Hinschendorf mit dem Einkaufszentrum verbindet, sollte eigentlich längst – seit Oktober 2023 – fertig sein.
Tatsächlich sieht man selten Arbeiter auf oder an der Brücke. Im Frühjahr wurde irgendwann die andere Fahrbahn gesperrt, kurz darauf wurde die Fahrspur wieder zurück verschwenkt, dann im Mai wurden die Planen von der Baustelle entfernt. Seitdem scheint die Brücke eingerüstet dort herumzustehen.
Holländerbrücke: Sperrung trotz monatelangem Stillstand
Die Baustelle nervt aber nicht nur Autofahrer, sondern auch Radfahrer und Fußgänger. Seit Beginn der Arbeiten regelt eine Ampel den Autoverkehr, Radler und Passanten können nur die Wege auf der Seite des Hochhauses nutzen und dort wird es oft eng. Die Fußgängerbrücke selbst ist ebenfalls gesperrt.
Wetter und Komplexität der Bauarbeiten sind für Verzögerung verantwortlich, hatte Falk Hofmann vom Reinbeker Bauamt noch im Januar dieser Redaktion berichtet. „Hauptsächlich“ sei das Wetter der verantwortliche Faktor für die Verzögerung sei, da viele Arbeiten nur bei Trockenheit oder geringer Luftfeuchtigkeit vorgenommen werden könnten. „Wegen der sehr nassen Herbst- und Wintermonate konnten viele Arbeiten nicht durchgeführt werden“, sagte Hofmann.
Notwendige Filigranarbeit braucht ihre Zeit
Das sei aber nicht der einzige Grund. „Aufgrund der Komplexität des Bauwerks können einige Bereiche der Sanierung erst im Zuge der Maßnahme selbst geplant und danach umgesetzt werden. Das betrifft im Wesentlichen die Hauptträger der Brücke, die zum Zeitpunkt der Erstherstellung nicht in der Genauigkeit hergestellt worden sind, wie es erforderlich gewesen ist“, sagte der Rathausmitarbeiter unserer Redaktion im Januar.
Erst nach dem Rückbau der GFK-Paneele (glasfaserverstärkter Kunststoff) war eine detaillierte Vermessung der Hauptträger sowie eine Planung der neuen GFK-Paneele möglich. Und dabei komme es nicht allein nur auf einen Millimeter an: Der Abstand zwischen den Paneelen dürfe nicht mehr als 0,3 Millimeter betragen: Die bedeute Filigranarbeit im Brückenbau. Daher hätten die Arbeiten sich stark verzögert und Falk Hofmann mochte sich nicht mehr auf ein Datum festlegen, was die Fertigstellung betraf. Er berichtete allerdings, dass 80 Prozent der Arbeiten bereits erledigt wären.
90 Prozent der Arbeiten sind erledigt
Doch seitdem sind wiederum fünfeinhalb Monate verstrichen – ohne dass für den Laien ein nennenswerter Baufortschritt erkennbar wäre. Dem sei aber nicht so, erklärt Falk Hofmann: „Mittlerweile haben wir einen Fertigstellungsstand von über 90 Prozent erreicht.“ Es müssten noch einige der GFK-Panelee verlegt und die Beschichtung aufgebracht werden. Im Bereich der Widerlager sei noch der Asphalt einzubauen und der Sichtschutz zu montieren.
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Die Arbeiten über dem Fahrbahnbereich der Hamburger Straße seien noch nicht ganz abgeschlossen. Daher müsste die Fahrbahn noch gesperrt bleiben. „Sie, werden aber als erstes erledigt, damit die Fahrbahn schnellstens wieder freigegeben werden kann“, versichert Falk Hofmann vom Tiefbauamt.
Unstimmigkeiten mit der Baufirma über den Vertrag
Zurzeit gibt es zwischen dem Bauunternehmen und dem Auftraggeber ein paar Unstimmigkeiten hinsichtlich der Auslegung von Vertragsbestandteilen im Bauvertrag. Wird sich das jetzt wieder auf den Baufortschritt auswirken? Falk Hofmann denkt nicht, dass dieser Streit den Fortgang der Arbeiten beeinflussen wird: „Ich gehe aber davon aus, dass diese schnellstmöglich ausgeräumt werden und die Brücke zeitnah fertiggestellt wird“, entgegnet er – ohne sich auf einen Termin festzulegen.
13 Jahre hat es gedauert, bis an der Brücke endlich die von einer Baufirma verursachten Mängel angegangen worden sind. Denn zuvor schwelte zwischen der Stadt Reinbek und der Baufirma seit 2010 ein Rechtsstreit. Der Stadt Reinbek aber wurde in zweiter Instanz vor dem schleswig-holsteinischen Oberlandesgericht in Schleswig Schadenersatz in Höhe von 498.000 Euro zugesprochen. Denn ein Gerichtsgutachten hatte ergeben, dass bereits bei der Planung Fehler gemacht worden sind. Vor allem aber hat die Expertise Baumängel in der Stahlkonstruktion beim Korrosionsschutz bestätigt.