Bad Oldesloe. Landesregierung lockert Vorgaben für den Bau von Windkraftanlagen. Städte und Gemeinden haben künftig mehr Entscheidungsspielraum.

In Stormarn könnten künftig weitere Windparks entstehen. Möglich machen das neue, gelockerte Vorschriften, auf welche sich die Landesregierung verständigt hat. Sie sind Teil des Entwurfs für den neuen Landesentwicklungsplan (LEP) Windenergie, welchen Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) und Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) jetzt vorgestellt haben.

Der Plan kennzeichnet Potenzialflächen, auf denen Windkraftanlagen künftig möglich wären. In Stormarn finden sich solche Areale vor allem in den dünner besiedelten Gebieten am Rand des Kreises.

Land lockert die Regeln: In Stormarn ist künftig der Bau weiterer Windparks möglich

Größere Potenzialflächen gibt nördlich von Reinfeld, in Klein Wesenberg und Westerau, im Bereich Großensee/Rausdorf/Witzhave und in der Gemeinde Steinburg. Kleinere Potenzialflächen sind unter anderem in Barsbüttel, Tangstedt, Grönwohld sowie nördlich und östlich von Bargteheide zu finden. Teilweise stehen auf den Flächen bereits Anlagen.

„Mit dem vorgelegten Planentwurf erreichen wir einen Meilenstein für die Energiewende und den Klimaschutz in Schleswig-Holstein“, sagte Sütterlin-Waack in Kiel. Der Plan lege die Regeln fest, anhand derer die schwarz-grüne Koalition den zügigen Ausbau der Windenergienutzung vorantreiben wolle.

Der Bund verlangt von den Ländern, drei Prozent der Fläche für Windkraft auszuweisen

Mit der Neuregelung setzt Schleswig-Holstein die Vorgabe des Bundes um, künftig etwa drei Prozent der Landesfläche für Windenergie auszuweisen. Das ist laut Landesregierung etwa ein Prozent mehr als derzeit. Eine Ausweitung sei allerdings ohnehin geplant gewesen, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen.

Um die Vorgabe des Bundes zu erfüllen, hat die Landesregierung die Regelungen des Landschafts-, Arten- und Denkmalschutzes geändert. Windräder sollen unter anderem künftig auch in Landschaftsschutzgebieten stehen dürfen. Die Abstände zu Wäldern und Deichen werden verringert. Müssen Windräder bislang beispielsweise mindestens 100 Meter von Wäldern entfernt sein, sollen es ab 2025 nur noch 30 Meter sein. Der Naturschutz werde aber berücksichtigt, versicherte Goldschmidt.

Die Mindestabstände zu Wohngebeiten sollen unverändert bleiben

„Mit diesem Planentwurf bieten wir bereits jetzt ein Mehr an Planungssicherheit für den weiteren Windkraftausbau in Schleswig-Holstein“, so der Umweltminister. Die Zielvorgabe von 15 Gigawatt installierter Windkraftleistung rücke in greifbare Nähe. „Und das ist eine gute Nachricht für unseren Wirtschaftsstandort.“

Die Mindestabstände zu Wohngebieten sollen unverändert bleiben, betonten Sütterlin-Waack und Goldschmidt. So sei es auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Bei Dörfern und Städten gelten somit weiterhin 800 und 1000 Meter Abstand, im Außenbereich 400 Meter.

Landesregierung will in Regionalplänen Vorranggebiete ausweisen

Im Entwurf für den neuen LEP werden 113.000 Hektar als Potenzialflächen markiert, die theoretisch mit Windrädern bestückt werden könnten. Das entspricht rund 7,2 Prozent der Landesfläche. Es handelt sich um alle Gebiete, in denen Windkraft unter Berücksichtigung der geltenden gesetzlichen Regelungen und unter Einhaltung der Mindestabstände zulässig wären. „Wir als Land werden diese Fläche definitiv nicht ausreizen“, betonte Sütterlin-Waack.

Auf dieser Grundlage will die schwarz-grüne Landesregierung im Zuge der Erstellung der Regionalpläne Wind, die sich zurzeit in der Aufstellung befinden, Vorranggebiete ausweisen, die den verpflichteten drei Prozent der Landesfläche entsprechen. Die Entwürfe sollen Ende 2024 vorliegen.

Kommunen können künftig auch außerhalb der Vorranggebiete Flächen ausweisen

Neu ist die Möglichkeit für Städte und Gemeinden, auch außerhalb der Vorranggebiete selbstständig Flächen für Windenergie auszuweisen, solange dem keine Vorgaben der Landesplanung entgegenstehen. Dafür kämen die vier Prozent der Potenzialflächen infrage, die das Land nicht zu Vorranggebieten erklärt. Damit setzt Schleswig-Holstein die im Januar auf Bundesebene in Kraft geretene, sogenannte Gemeindeöffnungsklausel um.

Ob in Stormarn neue Windparks entstehen, hängt somit einerseits davon ab, ob das Land Vorranggebiete im Kreis ausweisen wird und andererseits davon, inwieweit Kommunen von der Gemeindeöffnungsklausel Gebrauch machen. In Steinburg gibt es mit der dänischen Momentum-Gruppe bereits ein Unternehmen, welches Interesse bekundet hat, dort einen Windpark zu errichten.

Dänisches Unternehmen möchte acht Windräder östlich von Eichede bauen

Die Pläne hat die Gruppe Anfang Februar bei einer Einwohnerversammlung im Ortsteil Eichede vorgestellt. Momentum möchte die vier Windräder, die seit 2004 östliche von Eichede stehen, durch moderne, leistungsfähigere Modelle ersetzen. Außerdem sollen vier zusätzliche Anlagen aufgestellt werden.

Mehr aus Stormarn

Die Nabenhöhe der Windräder soll bei 150 statt der derzeitigen 100 Meter liegen. Inklusive Rotorblätter wären die Anlagen rund 200 Meter hoch. Unter anderem dieser Punkt hatte bei zahlreichen anwesenden Bürgern für heftige Kritik gesorgt. Außerdem liegt die Fläche in einem Landschaftsschutzgebiet.

Eine zweite Einwohnerversammlung sagte Momentum nach massivem Widerstand ab

Der Widerstand war so groß, dass Momentum die eine Woche später geplante, zweite Einwohnerversammlung für die Ortsteile Mollhagen und Sprenge kurzfristig absagte. Man wolle sich für den zweiten Termin besser vorbereiten, damit man den Bürgern mehr Informationen und auch Visualisierungen des Vorhabens anbieten könne, so das Unternehmen.

Einen neuen Termin sollte es vor der politischen Sommerpause geben. Dieser Plan wurde laut Steinburgs Bürgermeister Wolfgang Meyer (CDU) aber inzwischen verworfen. „Wir warten zurzeit ab, welche Regelungen das Land genau treffen wird, insbesondere in Bezug auf die Gemeindeöffnungsklausel“, sagt er. Vorher mache es keinen Sinn, über Einzelheiten zu diskutieren. Ohnehin sei noch nicht ausgemacht, dass die Gemeindevertretung grünes Licht für das Vorhaben gebe. „Es gibt bei den Gemeindevertretern, aber auch in der Bevölkerung große Vorbehalte“, so Meyer.

Bürger können ab dem 25. Juni bis Anfang September zu den Plänen Stellung nehmen

Positiver ist die Stimmung in Barsbüttel. Dort hat der Planungsausschuss sich im Januar mit der Mehrheit von Wählergemeinschaft BfB, SPD und FDP dafür ausgesprochen, eine Fläche auf der gegenüberliegenden Seite von Möbel Höffner an der Autobahn 1 in östliche Richtung als Eignungsgebiet für Windräder zwecks Prüfung beim Land anzumelden.

Ab dem 25. Juni können Bürgerinnen und Bürger zu den Plänen der Landesregierung Stellung nehmen. Das Beteiligungsverfahren läuft bis zum 9. September. Einsehbar sind die Pläne im Internet unter www.schleswig-holstein.de/windenergiebeteiligung.