Reinbek/Wentorf/Glinde. Das Mittelzentrum will ein gemeinsames Konzept zu den Klimafolgen entwickeln. So kann die Bevölkerung Tipps und Hinweise geben.

Ob Hitzewelle, überschwemmte Keller oder Buchsbaumzünsler: Der Klimawandel nervt nicht bloß, er bedroht unsere Umgebung und unsere Gesundheit. Angesichts der Herausforderungen und Veränderungen der Umwelt haben viele den ohnmächtigen Eindruck, wie David gegen Goliath zu kämpfen.

Deshalb setzen die Kommunen des Mittelzentrums jetzt auf den Gulliver-Effekt: Sie wollen den Riesen Klimawandel mit vielen kleinen Tipps und Maßnahmen bezwingen, rufen jetzt Bürgerinnen und Bürger dazu auf, ihre Ideen und Hinweise direkt unter www.ideenkarte.de/reinbek-glinde-wentorfhh in eine interaktive Karte einzutragen. Das Mittelzentrum will ein gemeinsames Klimafolgenanpassungskonzept entwickeln – auf Basis von Hinweisen und Ideen aus der Bevölkerung.

Ideen der Bürger zum Klimawandel: Interaktive Karte nutzen

„Dafür wollen wir möglichst viele verschiedene Leute erreichen, ob jung oder alt“, sagt Yvonne Hargita, Wentorfs Klimaschutzmanagerin. „Und wir wollen die Diskussion darüber anregen. Denn das Schöne an unserer Karte ist, dass man die Einträge auch kommentieren kann.“ Dass einige die Karte offenbar eher wie einen Mängelmelder nutzen, findet sie nicht dramatisch: „Wir werden auf jeden Fall auch wertvolle Hinweise bekommen“, sagt sie überzeugt.

Michael Hölzel, Vorsitzender des Reinbeker Seniorenbeirates, findet die Bedienung der interaktiven Karte „selbsterklärend“.
Michael Hölzel, Vorsitzender des Reinbeker Seniorenbeirates, findet die Bedienung der interaktiven Karte „selbsterklärend“. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Yvonne Hargita nennt weitere Beispiele, für die die Karte sinnvoll sein könnte: etwa die nötige Sanierung eines Regenrückhaltebeckens, häufigere Reinigungszyklen für Gullys, aber auch ein besseres Mikroklima durch Fassaden- oder Dachbegrünung oder auch die Entsiegelung von großen Flächen wie dem Reinbeker Täbyplatz. „Plätze wie den Casinopark in Wentorf würde man heute nicht mehr so bauen“, erklärt sie.

Die Idee dazu habe sich aus einem Antrag der FDP Reinbek von 2019 und parallel zum Hitzeaktionsplan des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach entwickelt. Mittlerweile habe etwa der Kreis Stormarn längst ein ähnliches Projekt gestartet, bei dem die Bürger extreme Wetterereignisse in eine Karte eintragen können. Bis 30. August haben Bürgerinnen und Bürger des Mittelzentrums jetzt Zeit, ihre Anregungen in die interaktive Karte für Klimafolgenanpassung einzutragen. Die Karte habe den Charme, dass die Einträge sofort zu sehen seien.

Seniorenbeirat hat seine Forderungen schon eingetragen

Unter den Aspekten Land, Wasser, Gesundheit, Infrastruktur, Raumplanung und Bevölkerungsschutz sowie Wirtschaft sind schon einige Punkte in die Karte eingetragen worden. Auch die Seniorenbeiräte haben die Karte bereits genutzt, um ihrer Forderung nach Trinkwasserspendern an öffentlichen Plätzen Nachdruck zu verleihen.

„Die Nutzung der Karte ist ganz einfach – selbsterklärend“, stellt Michael Hölzel, Vorsitzender des Seniorenbeirats Reinbek, fest. „Eigentlich berührt der Klimawandel doch alle Aspekte des Lebens. Wir bräuchten auch klimatisierte Räume zum Abkühlen für die Bevölkerung, Schattenspender an Sitzbänken oder auf Spielplätzen. Denn es sind ja nicht nur die Älteren, sondern auch Kleinkinder oder Schwangere betroffen.“

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Einfach: Die Handhabung der interaktiven Karte

Tatsächlich ist es relativ bequem, die Karte online „von der Couch“ aus zu bedienen. Nutzer können zwischen der Karten- und der Luftbildansicht wählen. Mit einem Klick auf die Werkzeugleiste links oben lässt sich ein Punkt auf der Karte eintragen, danach das Thema wählen. Wer etwas eingibt, kann seinen Namen oder ein Pseudonym eingeben. Pflicht ist es dann, den Nutzungsbedingungen mit einem Klick zuzustimmen. Dann erscheint die Anregung umgehend auf der Karte, wird sofort sichtbar. „Das ist für alle Beteiligten sehr attraktiv“, befindet Yvonne Hargita. Andere haben wiederum die Möglichkeit, die Vorschläge zu kommentieren.

Aber nicht nur Kritik oder Verbesserungsvorschläge sind möglich, sondern auch beispielhafte Vorbilder. So wurde in Wentorf am Casinopark ein begrünter Carport vermerkt. Nach Ablauf der Frist werten die beauftragten Büros, B.A.U.M. und Greenadapt, die eingegangenen Einschätzungen und Anregungen aus und leiten daraus Maßnahmen ab. „Dafür kommen sogar Mitarbeitende der Teams im September für eine Woche zu uns nach Glinde, Reinbek und Wentorf, um sich die Begebenheiten vor Ort genau anzuschauen“, sagt Hargita. Sie wollen die Vorschläge für die Maßnahmen öffentlich präsentieren und diskutieren.

Beteiligungsprojekt kostet 200.000 Euro

Die mitwirkenden Firmen haben sich bereits Anfang Mai vorgestellt: B.A.U.M. ist ein Unternehmen, das unter anderem zum Thema Klimaanpassung berät. Greenadapt beschäftigt sich ausschließlich mit den Themen Klimaanpassung und Hitze. Beide beraten Gemeinden, Städte und Kreise. Das gesamte Projekt kostet samt Bürgerbeteiligungen, interaktiver Karte und Auswertung 200.000 Euro. Die Kosten teilen sich Reinbek, Glinde und Wentorf. Die Anteile werden nach den Flächengrößen der Kommunen berechnet.