Reinbek. Mittelzentren müssen bis Ende 2024 einen kommunalen Wärmeplan vorlegen. Menschen in Reinbek, Glinde und Wentorf verunsichert.
Es ist ein Thema, das Bürger, Industrie und Politik gleichermaßen umtreibt: Die Energiewende im Wärmesektor. Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Unverzichtbar ist dafür die Wärmewende. Denn die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland geht auf Kälte und Wärme zurück, nur jeweils rund 25 Prozent auf Strom und Verkehr.
Während auf Bundesebene noch die gesetzlichen Grundlagen für eine flächendeckende Wärmeplanung verhandelt werden, steht der Fahrplan in Schleswig-Holstein mit dem Energiewende- und Klimaschutzgesetz bereits seit Ende 2021. 78 Kommunen, darunter auch sogenannte Mittelzentren, sind verpflichtet, bis Ende 2024 einen kommunalen Wärmeplan aufzustellen. Das trifft auch das Mittelzentrum Sachsenwald bestehend aus Reinbek, Glinde und Wentorf.
Wärmewende : Viele Bürger aus Reinbek, Glinde und Wentorf sind verunsichert
Das wirft bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Fragen auf. „Uns erreichen viele Anfragen von Bürgern, die sich zum Beispiel fragen, welche Heizung sie einbauen sollen“, sagt Glindes Klimaschutzmanagerin Lisa Schill. Fragen wie diese können aktuell noch nicht beantwortet werden. „Es herrscht eine große Unsicherheit“, sagt auch Wentorfs Bürgermeisterin Kathrin Schöning. Aus diesem Grund stellten Verantwortliche der drei Kommunen sowie weitere Beteiligte am Freitag den aktuellen Sachstand vor.
Nachdem die entsprechenden Beschlüsse in den Kommunen gefasst wurden, wurde das Kieler Ingenieurbüro IPP ESN beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Freiburger Unternehmen Greenventory den Kommunalen Wärmeplan für das Mittelzentrum aufzustellen. „Ziel ist es, mit grünen Wärmenetzen und kohlenstoffdioxidfreien Einzelheizungen eine zu hundert Prozent regenerative Wärmeversorgung zu erreichen“, sagt Thomas Lutz-Kulawik, Abteilungsleiter Energiewirtschaftliche Beratung bei IPP ESN.
Ein Ingenieurbüro aus Kiel erarbeitet bis Ende 2024 den Kommunalen Wärmeplan
Ein Kommunaler Wärmeplan ist ein strategisches Planungsinstrument für Kommunen. Darin werden unter anderem Wärmenetzgebiete ausgewiesen sowie Flächen, in denen keine Wärmenetze entstehen werden. Wo das konkret sein wird, mit dieser Frage wird sich das Ingenieurbüro bis Ende 2024 beschäftigen. „In einem ersten Schritt erfolgt die Bestandsanalyse“, so Lutz-Kulawik. „Wir werden, natürlich datenschutzkonform, Daten darüber sammeln, welchen Energieverbrauch die Gebäude im Mittelzentrum Sachsenwald haben.“ Gewerbe und Industrie werden zum Beispiel befragt, wie sie heizen und kühlen. Sie sind in Schleswig-Holstein verpflichtet, Auskunft zu geben.
Danach folgt die sogenannte Potenzialanalyse. „Da werden wir gucken, in welchen Gebieten in und um Reinbek, Glinde und Wentorf sich Flächen befinden, auf denen zum Beispiel Solaranlagen entstehen können, die sich für Geothermie eignen oder wo Gewässer sind, die für die Energiegewinnung genutzt werden können“, so Lutz-Kulawik.
Die Wärmewende zu meistern, ist ein Mammutprojekt
Aus den Analysen zu Bedarf und Potenzial sollen schließlich ein räumliches Konzept und ein Maßnahmenprogramm erarbeitet werden. Konkret soll also geplant werden, wo im Mittelzentrum Wärmenetze entstehen und wo nicht. In diesen Gebieten sollen grüne Einzelheizungen zum Einsatz kommen. Im letzten Schritt muss die kommunale Wärmeplanung von der Politik beschlossen werden.
„Das Ergebnis soll kein kompliziertes Planwerk sein, sondern der Politik und den Bürgerinnen und Bürgern in verständlicher Weise eine Orientierung geben, wo und in welcher Form sich gemeinsame Wärmelösungen anbieten und wo individuelle Wärmekonzepte zielführender sind“, sagt Glindes Bürgermeister Rainhard Zug. Die Öffentlichkeit soll informiert und in den Prozess miteinbezogen werden. Fest steht schon jetzt: Das Ganze ist ein Mammutprojekt. „Die Wärmewende ist eines der herausforderndsten Infrastrukturprojekte der kommenden 20 Jahre“, sagt Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer.
Wärmenetze machen voraussichtlich in den Ortskernen Sinn
Noch ist zwar offen, wo in Reinbek, Glinde und Wentorf Wärmenetze entstehen sollen. Aber: „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Wärmenetz sich lohnt, ist schon dort am höchsten, wo es einen hohen Wärmebedarf auf kleiner Fläche gibt“, so Lutz-Kulawik. „Sprich: In den Ortskernen.“ Es könne aber auch sein, dass sich Wärmenetze im Außenbereich lohnten – zum Beispiel, weil sich dort eine gute Quelle für die Energiegewinnung wie etwa eine Biogasanlage befinde.
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Ein kommunaler Wärmeplan bis Ende 2024 ist für Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohnern nicht verpflichtend. Sie haben bis 2028 Zeit. Oststeinbek und Barsbüttel machen sich dennoch frühzeitig auf den Weg. „Wir haben den Förderantrag auf Wärmeplanung bei der Zukunft-Umwelt-Gesellschaft bereits gestellt und vor zwei Wochen den Bewilligungsbescheid bekommen. Wir werden also in einem nächsten Schritt in die Ausschreibung gehen“, sagt Oststeinbeks Bürgermeister Jürgen Hettwer. Ähnlich ist es in Barsbüttel, wie Bürgermeister Thomas Schreitmüller auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt: „Wir haben im Mai den Förderantrag gestellt und kürzlich die Zusage bekommen, sodass wir uns jetzt mit der Vergabe der Planungsleistungen beschäftigen.“
Welche Heizung sollen Bürger sich einbauen?
Bleibt die Frage: Was sollen Bürgerinnen und Bürger machen, die vor der Frage stehen, welche Heizung sie sich einbauen? Auf eine konkrete Antwort müssen sie bis Ende 2024 warten. Aber: „Sie können zum Beispiel einen Energieberater konsultieren, das geht kostengünstig und niedrigschwellig zum Beispiel über die Verbraucherzentrale“, sagt Wentorfs Klimaschutzmanagerin Yvonne Hargita.
Thomas Lutz-Kulawik empfiehlt: „Alle Maßnahmen, die die Energieeffizienz eines Gebäudes steigern, sind empfehlenswert, zum Beispiel die Erneuerung von Dämmung oder Fenstern.“ Wenn es konkret um die Frage nach dem Heizungstausch geht, rät auch er, bis zum Beschluss des kommunalen Wärmeplans zu warten. Lutz-Kulawik: „Dann wissen wir mehr.“