Glinde. Der Kanadier Ian Mardon, früher Violinist beim Phantom der Oper, wird Direktor der Glinder Musikschule. Er plant speziellen Kursus.

Sie ist ein Liebhaberstück, liegt leicht in der Hand. Die Violine besteht aus Kiefer, Ahorn sowie schwarzem Ebenholz. Gebaut hat sie Giovanni Battista Guadagnini 1775. Vor sechs Jahren erzielte ein solches Instrument des Italieners beim englischen Auktionshaus Tarisio den Rekordpreis von 1,8 Millionen Euro. Wenn Ian Mardon auf seiner wertvollen Geige spielt, klingt das nach Perfektion. Das wurde ihm von vielen Menschen bestätigt. Er ist ein Virtuose, begeisterte unter anderem das Publikum in der legendären Carnegie Hall in New York. Demnächst übernimmt der Kanadier einen neuen Job am Hamburger Stadtrand, wird Direktor der Glinder Musikschule.

„Mein Ziel ist, dass sich hier weiterhin viele Jugendliche für Musik begeistern“, sagt der 53-Jährige, der mit seiner Familie in Hamburg-Neugraben lebt. Die Musikschule mit Sitz im Schulzentrum am Oher Weg hat auch eine Zweigstelle in der Grundschule Klosterbergen in Reinbek. Im Schnitt werden per anno rund 500 Kinder an Instrumente herangeführt. 18 Musiklehrer unterrichten zum Beispiel Gitarre, Klavier, Schlagzeug, Saxophon, Flöte, Klarinette und natürlich Geige. Mardon hat sich Gedanken gemacht, wie er die Attraktivität noch ein bisschen steigern kann. „Mir schwebt ein Kursus vor, in dem Jugendliche eine Band gründen und Symphonic Metal spielen, also Hardrock mit Orchesterinstrumenten.“

Meistergeiger Ian Mardon gibt bis zu 30 Konzerte im Jahr

Seinen Arbeitsvertrag hat er vor Kurzem unterzeichnet. Dienstbeginn ist am 1. September bei einer 20-Stunden-Woche. Dieser Umfang ist für ihn optimal, schließlich gibt er noch Unterricht in seinem eigenen Haus und hat weitere Aufgaben im organisatorischen Bereich. Nicht zu vergessen bis zu 30 Konzerte im Jahr. Zum Beispiel am kommenden Sonnabend in der Alten Druckerei Ottensen (20 Uhr) mit Marina Savova am Klavier. Oder regelmäßig mit dem Gitarristen Dylan Vaughn. Das Duo präsentiert zum Beispiel irische Songs und Eigenkompositionen.

Mardon hat bislang fünf CDs auf den Markt gebracht, spielte für den Kurzfilm „Die rote Jacke“ die Titelmelodie ein. Der Streifen von Florian Baxmeyer wurde 2003 mit dem Studenten-Oscar ausgezeichnet. Wenn er in seiner Heimat weilt, gibt der 1,56 Meter große Mann auch dort Konzerte. „Trotz seiner zierlichen Erscheinung musiziert Ian Mardon wie ein Eroberer, ein Napoleon der Violine“, urteilte die Tageszeitung The Chronicle Herald aus Halifax. Das Hamburger Abendblatt lobte ebenfalls: „Sein Violinspiel zeichnet sich durch Expressivität und hohe Präzision, aber auch durch gefühlvolle Tiefe aus.“ Und die Elbmarsch-Post schrieb: „Mardon brachte mit seinem ebenso brillanten wie gefühlvollen Spiel die sehnsuchtsvolle, fast schwermütige Stimmung von Sarasates Musik auf den Punkt. Es war von Anfang an beeindruckend zu erleben, wie souverän der Geiger auftritt und welche Virtuosität und Ausdruckskraft in ihm steckt.“

Als Zehnjähriger hatte der Kanadier seinen ersten TV-Auftritt

Das musikalische Talent hat Mardon offenbar geerbt. Die Mutter studierte Musik, der Vater war Theatertechniker und ebenfalls Geigenspieler. In Oklahoma in den USA geboren, wächst er in Halifax, der Hauptstadt der Provinz Nova Scotia, auf. Statt Eishockey mit anderen Kindern in einem Team zu spielen, widmet er sich im Alter von vier Jahren der Violine – und macht große Fortschritte. Als Zehnjähriger hat Mardon seinen ersten TV-Auftritt bei einem lokalen Sender. Er studiert beim Paganini-Preisträger Philippe Djokic an der Dalhousie University in Halifax und bei der Tschaikowsky-Preisträgerin Masuko Ushioda am New England Conservatory in Boston, macht dort den Abschluss „Master of Music“.

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1995 erfolgt der Sprung nach Europa. Ein Freund aus den USA macht ihm diesen schmackhaft. Mardon begründet den Schritt über den großen Teich so: „Deutschland ist die Heimat der Klassik“. Er heuert als Violinist beim Phantom der Oper an und gibt Privatunterricht. Weitere Stationen sind das Göttinger Symphonieorchester und das Opernhaus Kiel. Hier lernt er seine Frau kennen, die im Chor singt. Mardon gründet das Kammermusikensemble Hamburg Chamber Players, das inzwischen nicht mehr existiert, setzt 2005 vermehrt auf Soloauftritte. „Die Idee eines Konzerts ist, den Menschen ein Geschenk mitzugeben für eine ganze Woche“, sagt der Meisterfiedler.

Musikschule soll in die Sönke-Nissen-Park-Stiftung integriert werden

In Glinde ist Mardon kein Unbekannter. Seit 2010 gibt er Unterricht an der Musikschule als Honorarkraft, momentan dienstags und donnerstags jeweils von 13 bis 20 Uhr. 24 Schüler sind es aktuell. Damit hört er auf, ein Ersatz ist gefunden. Die Leitung der Gutshaus-Konzerte obliegt ihm seit 2012. Solche Events organisiert der Geiger auch in Kiel und Stade. Er ist ein vielbeschäftigter Mann, der Klavier und Gitarre nach eigenen Angaben nur für den Hausgebrauch spielt. Sein Sohn (16) und die Tochter (zwölf) haben übrigens kein Interesse an der Violine.

In diesem Sommer wird Mardon rund vier Wochen in Kanada verweilen, seine Mutter in Halifax besuchen sowie Freunde in der Provinz British Columbia. In Victoria ist ein Konzert geplant. Danach tritt er in Glinde in große Fußstapfen: Gründungsmitglied Dieter Teske leitet die seit 1984 existierende Musikschule von Beginn an, ist der Vater des Erfolgs. Der Personalwechsel wird wahrscheinlich nicht die einzige Änderung sein. Wie berichtet, überaltert die ehrenamtlich geführte Körperschaft. Der Verein will sich zum 31. Dezember auflösen, der aktuelle Vorstand schlägt einen Übergang der Musikschule in die Sönke-Nissen-Park-Stiftung vor. Entscheiden muss die Politik. Sie befürwortet das Ansinnen im Grundsatz. Bevor die Parteienvertreter zustimmen, muss jedoch ein Vertrag ausgearbeitet werden zwischen Stadt und Stiftung. Beide sind eng verzahnt, Bürgermeister Rainhard Zug ist Stiftungsvorsitzender. Die Kommune zahlt Zuschüsse.