Barsbüttel. Elf Hektar Gewerbefläche in Barsbüttel binnen drei Jahren verkauft. Gebiet soll nochmal wachsen. Wer darüber entscheidet.

Es herrscht Hochbetrieb im erweiterten Barsbütteler Gewerbegebiet. Auf der linken Seite der Straße in Fahrtrichtung Norden ist ein großer Kran platziert. Dutzende Bauarbeiter und Handwerker, die Fenster einbauen oder Elektroleitungen verlegen, verteilen sich über das Areal. An mehreren Stellen werden derzeit Gebäude hochgezogen. Vor drei Jahren hatte die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) das erste Grundstück verkauft, vier nahezu auf einen Schlag. Nun ist die sogenannte Vermarktungsphase beendet. Mit der Erschließung hatte man Mitte 2020 begonnen. „Im Juni oder Juli sind auch die restlichen drei Flächen veräußert. Die Beurkundungstermine stehen noch aus. Das ging alles sehr flott“, sagt Geschäftsführer Ulf Hahn. Anderenorts verläuft die Vergabe langsamer.

Diese Erfahrung macht auch Stormarns oberster Wirtschaftsförderer. „Allgemein verkaufen wir nicht mehr in dem Tempo wie vor drei oder vier Jahren.“ Insbesondere bei energieintensiven Branchen wie dem Transportgewerbe und exportorientierten Firmen mit dem Schwerpunkt China herrsche Zurückhaltung. „Die Belastungen sind in unserem Land zu groß. Der Strom ist teuer, es gibt zu viel Bürokratie und lange Verwaltungsprozesse“, kritisiert Hahn. Logistiker müssten zum Beispiel seit Beginn dieses Jahres das Doppelte an Maut zahlen.

Barsbüttels Gewerbegebiet ist auf 143 Hektar gewachsen

Dass Barsbüttel so schnell ausgelastet ist, begründet der 52-Jährige so: „Es ist ein Premiumstandort mit exzellenter Infrastruktur. Außerdem haben sich Betriebe aus dem Ort hier vergrößert.“ Die Autobahn 1 ist nur wenige Meter entfernt. Das Gewerbegebiet hat sich um 15 auf 143 Hektar ausgedehnt. 40.000 Quadratmeter der hinzugekommenen Fläche gehören Möbel Höffner. Für die Erweiterung tauschten das Einrichtungshaus und die Gemeinde ein Grundstück. Die Politik hatte die Vergrößerung bewilligt, um vor allem heimischen Firmen Wachstum zu ermöglichen. Davon machten einige Gebrauch. Zum Beispiel Sinus Nachrichtentechnik. Die Firma entwickelt Kommunikationssysteme für Rettungsdienstleitstellen, Flughäfen und große Unternehmen. Ihr Gebäude hat 3000 Quadratmeter Büro- und Lagerfläche. Investitionsvolumen: 5,5 Millionen Euro.

Auch das im Ort ansässige Unternehmen Hermann Stitz mit seinen mehr als 500 Mitarbeitern, einer der größten Gewerbesteuerzahler, hat sich Grund von der WAS gesichert. Der Spezialist für Haustechnik will auch eine Ackerfläche nutzen, die noch nicht Bestandteil des Gewerbegebiets ist. Bürgermeister Thomas Schreitmüller hat deshalb beim Land ein Zielabweichungsverfahren beantragt. Die Entscheidung steht noch aus.

In Stapelfeld kostet der Quadratmeter 20 Prozent mehr

Der Minervapark in Stapelfeld hat ebenfalls eine Autobahnanbindung. Hier hat die WAS die Erschließung vor rund einem Jahr mit Ausnahme der Fahrbahndecke abgeschlossen. Die oberste Asphaltschicht wird erst aufgetragen, wenn die Gebäude errichtet sind. Bislang hat Hahn 1,6 Hektar an Christopher Jebens sowie dessen Partnerunternehmen abgegeben. 5,5 Hektar will er an Betriebe vor allem aus den Bereichen IT, Life-Science, Maschinenbau und Elektronik verkaufen. Zusagen? Fehlanzeige. Hahn: „Wir haben zwei sehr konkrete Interessenten, die Gespräche sind vielversprechend. Wenn es klappt, ist mehr als die Hälfte der Fläche weg.“ Trotz dieser optimistischen Äußerung: Im Vergleich zu Barsbüttel hinkt man hinterher.

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„In Stapelfeld sind die baulichen Anforderungen allerdings höher, und der Quadratmeter kostet 20 Prozent mehr“, sagt Hahn. In Barsbüttel hatte die WAS 185 Euro verlangt. Wer in Stapelfeld zum Zug kommen will, muss ein Konzept für das Gebäude vorlegen. Gründächer und Solaranlagen sind Pflicht. Hahn hat das Gewerbeprojekt von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen mit dem „Gold Standard“ zertifizieren lassen. Der Minervapark ist Teil des ersten grenzübergreifenden Gewerbegebiets der Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg. 7,3 Hektar von ihm gehören Christopher Jebens, der diese in zwei Segmente unterteilt hat. Im kleineren baut die Projektgesellschaft PE Minerva Park Süd GmbH einen Komplex mit drei Gebäuden über jeweils zwei Ebenen. Die 17.000 Quadratmeter Lager- und Produktionsfläche sowie 3000 für Büros werden Unternehmen zur Miete angeboten.

Gewerbehof im Minervapark kostet rund 40 Millionen Euro

Rund 40 Millionen Euro kostet dieses Vorhaben. Der Gewerbehof entsteht in Massivbauweise, hat den KfW-40-Standard. „Ziel ist es, in diesem Jahr anzufangen, weil ein Ankermieter Ende 2025 einziehen will“, sagt Jebens. Der hat allerdings auch noch nicht unterschrieben. 4,1 Hektar verkauft der Immobilienökonom, ist diesbezüglich in Gesprächen mit zwei Interessenten. „Die Nachfrage ist gehemmt im Vergleich zu der Zeit vor Corona.“ Jebens nennt in diesem Zusammenhang steigende Baukosten und Zinsen als Grund.

Der Minervapark ist angedockt an den Merkurpark aus den 90er-Jahren sowie den 34 Hektar großen Victoriapark, wo seit Ende 2019 Baurecht besteht. Beide befinden sich auf Hamburger Gebiet. In Rahlstedt regelte Klaus-Peter Jebens die Erschließung. In seiner Firmengruppe ist Sohn Christopher ebenfalls Geschäftsführer. Laut dem Junior sind im Victoriapark 54 Prozent der Grundstücke vergeben.

19 Meter hohes Bürogebäude in Oststeinbek auf unbestimmte Zeit zurückgestellt

WAS-Geschäftsführer Hahn hat keine Bedenken, dass er auf Parzellen in Stapelfeld sitzen bleibt. Dazu sei die Lage einfach zu gut. In Trittau erschließt die Gesellschaft sieben Hektar südlich des Bestandsgebiets Großenseer Straße, ist damit jedoch noch nicht fertig. 15 Grundstücke werden angeboten, Hahn führt seit sechs Monaten Verkaufsgespräche. Er sagt: „Es wird fünf bis sechs Jahre dauern, bis alle vergriffen sind.“

In Oststeinbek wurde das Gewerbegebiet ebenfalls erweitert. Auf dem 3,8-Hektar-Acker gegenüber dem Sportplatz und der Walter-Ruckert-Halle tut sich jedoch nichts. Und nebenan im gemischten Quartier mit dem Namen Willipark, wo 56 Sozial- und 30 Eigentumswohnungen entstehen, hat ein Investor seinen 19 Meter hohen Bürokomplex auf unbestimmte Zeit zurückgestellt. Begründung: zu hohe Baukosten. Bis zu 20 Millionen Euro waren einkalkuliert.