Reinbek. Aminata Touré nennt Unterbringung Geflüchteter eine „Riesenherausforderung“. Reinbeks Bürgermeister sieht noch eine weitere.

Das Geld hat Reinbek längst ausgegeben, benötigt es jedoch dringend: Etwa eine Million Euro hat Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) am Mittwoch, 24. April, der Stadt Reinbek als Förderzusage überreicht und bei der Gelegenheit gleich das Ziel des Geldsegens besichtigt – die Campusunterkunft für Flüchtlinge hinter dem Freizeitbad. Bürgermeister Björn Warmer bedankte sich für die Förderung des Landes und sagte: „Wir brauchen jede Unterstützung.“

164 Geflüchtete leben zurzeit in dieser Unterkunft, die meisten von ihnen sind Frauen mit ihren Kindern aus der Ukraine, einige kommen aus Afghanistan. Das Ziel ist, sie in dauerhaften Wohnungen unterzubringen. „Doch das ist für die Kommunen eine Riesenherausforderung“, weiß die Ministerin. Denn bezahlbarer Wohnraum ist, wie überall am Hamburger Rand, knapp. Deshalb beteiligt sich das Land mit dem Geld an den Kosten für den Betrieb und das Personal. Es ist die erste bewilligte Förderung des Landes im Rahmen einer neuen Richtlinie zur Beteiligung am Betrieb kommunaler Unterkünfte. Im Fördertopf stecken insgesamt 24 Millionen Euro. Bisher haben 14 weitere Kommunen Geld daraus beantragt.

Eine Million Euro für Reinbek, um Unterkunft zu finanzieren

Die Ministerin ließ sich von Einrichtungsleiterin Susanne Martensen die Campusunterkunft zeigen, die noch vor zwei Jahren eine Übergangsschule für das Schulzentrum Mühlenredder war: Unterrichtsraum, Gemeinschaftsräume, Küche, Waschraum und Büro. Auch das Schulmobiliar wird teilweise noch weiter genutzt. „Hier im Unterrichtsraum treffen wir uns bestimmt viermal in der Woche beispielsweise für Integrationskurse, aber auch für psychische Gruppenberatungen“, erläuterte Martensen. „Oft sind wir zwei- bis dreisprachig.“ Sie selbst spricht Russisch, ihre Kolleginnen, zwei Sprachmittlerinnen, beherrschen Russisch und Ukrainisch sowie Farsi und Dari.

Marion Schiefer, (von links) Landtagsabgeordnete der CDU, Einrichtungsleiterin Susanne Martensen, Sozialamtsleiter Torsten Christ, und Bürgermeister Björn Warmer haben Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne, 2. v. rechts) in der Reinbeker Campusunterkunft empfangen.
Marion Schiefer, (von links) Landtagsabgeordnete der CDU, Einrichtungsleiterin Susanne Martensen, Sozialamtsleiter Torsten Christ, und Bürgermeister Björn Warmer haben Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne, 2. v. rechts) in der Reinbeker Campusunterkunft empfangen. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Herausfordernd: Unterkünfte sind voll, Wohnungen sind knapp

„Wie sieht es denn bei Ihnen mit ehrenamtlicher Mitarbeit aus?“, wollte Aminata Touré wissen. Martensen sagte: „Die Ehrenamtlichen sind uns sehr wichtig, wir sind im ständigen Austausch mit ihnen.“ Sie unterstützten vor allem die Senioren, damit diese in ihrem Tempo lernen könnten, und helfen dabei, die Alltagssprache zu verstehen. Bürgermeister Warmer betonte: „Ohne die Ehrenamtlichen ginge es nicht. Unsere Integrationsarbeit wird von ihnen getragen.“

Allein dieses Jahr kommen 150 neue Geflüchtete in die Stadt, von denen bisher 35 untergebracht sind. Neu beschlossen sind Unterkünfte für Geflüchtete auf dem Mehrzweckplatz in Schönningstedt und an der Schulstraße. „Unsere Unterkünfte sind schon ziemlich voll“, sagte Amtsleiter Torsten Christ. Etwa 580 Geflüchtete gebe es insgesamt in Reinbek.

Im Juni will Touré ihre Integrationsstrategie präsentieren

Auch für Reinbek ein Problem: „Das sind natürlich Kapazitäten, die wir binnen kürzester Zeit schaffen müssen“, sagte Bürgermeister Björn Warmer. „Neben unserem ständigen Bemühen, die Menschen bestmöglich unterzubringen, ist eine weitere Herausforderung, den Zuzug in Einklang mit unseren Bürgerinnen und Bürgern zu bringen.“ Es gebe eine „Schnittstellenproblematik“.

Die Zuwendung war an Auflagen gebunden: So musste die Stadt Reinbek ein Schutzkonzept für verwundbare Gruppen vorweisen, einen Stellenschlüssel von 1:60 erfüllen und auch einen Sicherheitsdienst nachweisen – darauf, die Schutzmechanismen der Erstaufnahmen auf Landesebene auch in den kommunalen Unterkünften zu etablieren, legt Touré besonderen Wert. Auch mit den beiden Mitarbeitern Azad Temo und Lazhar Agran kam die Integrationsministerin ins Gespräch und bedankte sich bei ihnen für ihre Arbeit. In der Campusunterkunft sei es gewöhnlich ruhig, sagte ihr Lazhar Agran: „Die Polizei müssen wir höchstens einmal im Jahr rufen.“

115 Geflüchtete muss Reinbek dieses Jahr noch aufnehmen

Trotz aller Zufriedenheit mit Reinbeks vorübergehender Gemeinschaftsunterkunft bekräftigt die Ministerin: „Das Ziel ist immer ein zügiger Übergang in eigenständiges Wohnen und damit in eine selbstbestimmte Lebensführung.“ Auf die Frage, ob nicht besser ein soziales Wohnungsbauprogramm aufgelegt werden müsse, anstatt den Betrieb von kommunalen Gemeinschaftsunterkünften zu fördern, sagt Aminata Touré: „Ein Fördertopf für den sozialen Wohnungsbau ist ein wichtiger Punkt.“ Zuständig dafür sei Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack. Touré arbeite parallel an einer Integrationsstrategie, die sie als Ergebnis des Migrationsgipfels im Juni präsentieren will.

Auch interessant

Schleswig-Holstein hat im Jahr 2023 insgesamt 16.500 Geflüchtete aufgenommen. Rund 6000 der Schutzsuchenden stammten aus der Ukraine. Rund 10.500 waren Asylsuchende aus anderen Ländern. In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 kamen rund 2500 Geflüchtete nach Schleswig-Holstein, rund 1000 davon aus der Ukraine.