Ahrensburg. Prozess gegen 47-Jährigen wegen Brandstiftung hat in Ahrensburg begonnen. Angeklagter äußert seine eigene Sicht, was im Mai 2023 geschah.

Die Flammen schlugen bereits aus dem Dach, als die Ahrensburger Feuerwehr in der Nacht von Montag auf Dienstag, 8. und 9. Mai 2023, an der Hagener Allee eintraf. Die Löscharbeiten auf dem dicht zugewachsenen Grundstück direkt am Waldrand, gegenüber der Einmündung der Straße Forsthof Hagen, gestalteten sich schwierig. Erst nach mehr als drei Stunden konnten die rund 80 Einsatzkräfte wieder abrücken. Ein Schaden in sechsstelliger Höhe entstand.

Nun hat am Donnerstag, 21. März, vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Ahrensburg der Prozess gegen einen 47-Jährigen begonnen. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass der Vater einer Tochter das Feuer an dem seit mehreren Jahren leer stehenden Einfamilienhaus vorsätzlich gelegt hat. Der Dachstuhl und große Teile des Gebäudes wurden zerstört.

47-Jähriger soll Haus in Ahrensburg angezündet haben – weil er sich von ihm bedroht fühlte

Laut Anklage soll der 47-Jährige zunächst zwischen der Eingangstür und einem Schuppen großflächig eine brennbare Flüssigkeit verteilt haben. Diese habe er anschließend, mutmaßlich mithilfe eines Blattes Papier, entzündet. Die Flammen setzten zuerst den Schuppen in Brand. Dann erfasste das Feuer auch die rückwärtige Fassade und den Dachstuhl des Hauses. Nachbarn entdeckten den Brand und wählten um 0.37 Uhr den Notruf.

Die Wehren aus Ahrensburg und Großhansdorf rückten mit einem Großaufgebot an. Um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, wurde eine Drohne gestartet, die Bilder aus der Luft lieferte. Während ein Teil der Feuerwehrleute mit Atemschutzgeräten am Boden gegen die Flammen vorging, löschten andere auf der ausgefahrenen Drehleiter von oben.

Der Angeklagte wohnt in der Nachbarschaft des Brandortes

Um kurz nach 4 Uhr gelang es den Einsatzkräften, den Brand unter Kontrolle zu bekommen. Erst am frühen Morgen konnte die Feuerwehr wieder abrücken, da noch einzelne Glutnester gelöscht werden mussten.

Vor Gericht zeigte sich der 47-Jährige, der nach eigener Auskunft unter Depressionen und Alkoholabhängigkeit leidet, kooperativ. Der geschiedene Familienvater, der in der Nachbarschaft des Brandortes lebt, gab zu, in der Nacht auf dem Grundstück gewesen zu sein, bestritt aber, das Feuer gelegt zu haben.

Der 47-Jährige hatte nach eigenen Angaben Angst vor dem „Hexenhaus“

„Ich bin spazieren gegangen“, sagte er. Das mache er häufig, wenn er nicht einschlafen könne. „Auf dem Weg zum Wald befindet sich dieses Haus, und irgendetwas, das ich mir nicht erklären kann, hat mich dazu bewogen, auf das Grundstück zu gehen.“ Er habe über die Jahre eine Angst vor dem Gebäude entwickelt, das in dem Viertel als „Messie-Haus“ und „Hexenhaus“ bekannt sei, weil Haus und Grundstück voll mit Müll und Unrat seien.

Das leer stehende Haus an der Hagener Allee in Ahrensburg wurde durch den Brand stark beschädigt.
Das leer stehende Haus an der Hagener Allee in Ahrensburg wurde durch den Brand stark beschädigt. © Leimig, Christoph | Leimig, Christoph

„Ich dachte, wenn ich dort hingehe, nimmt mir das vielleicht die Angst“, so der 47-Jährige. Nach einigen Minuten sei er weiter in den Wald gegangen. „Auf dem Rückweg habe ich dann gesehen, dass dort Polizei vor dem Haus stand und dass da ein Feuer war.“ Er habe als einer von mehreren Schaulustigen die Löscharbeiten verfolgt, so der Angeklagte, der nach eigenen Angaben an dem Abend getrunken hatte, allerdings nur eine geringe Menge.

Der Angeklagte meldete sich am Tag darauf selbst bei der Polizei

Wie es zu dem Feuer kam, konnte sich der 47-Jährige nicht erklären. Bei der Polizei hatte er am Tag nach dem Brand angegeben, vor der Eingangstür des Hauses eine Zigarette geraucht zu haben. Zuvor hatte der Familienvater selbst das Revier aufgesucht.

„Er hat sich selbst angezeigt, weil er die Sorge hatte, dass die achtlos weggeworfene Zigarette das Feuer verursacht haben könnte“, sagte der Ermittlungsleiter der Ahrensburger Kripo. An die Zigarette wollte sich der 47-Jährige vor Gericht nicht mehr erinnern, könne aber nicht ausschließen, auf dem Grundstück geraucht zu haben. „Aufgrund meiner Erkrankung fehlen mir häufiger Erinnerungen“, sagte er.

Ermittler gehen aufgrund der Umstände von vorsätzlicher Brandstiftung aus

War alles also nur ein Unfall? Aus Sicht der Ermittler sprechen mehrere Umstände dagegen. So hatte etwa ein Brandmittelspürhund am Tag nach dem Feuer an insgesamt vier Stellen vor dem Schuppen und im Eingangsbereich des Hauses angeschlagen. „Der Hund hat direkt nach ein oder zwei Metern angezeigt“, sagte der Diensthundeführer der Ratzeburger Polizei vor Gericht.

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Eine Auswertung von Bodenproben durch das Landeskriminalamt (LKA) ergab, dass zwischen Schuppen und Eingangstür Benzin ausgebracht wurde. An einer weiteren Stelle am Gebäude wurden einem Chemiker des LKA zufolge Spuren eines Terpentinersatzes nachgewiesen. Einer der Feuerwehrleute, der zu den ersten Einsatzkräften gehörte, die am Brandort eintrafen, berichtete von einer „Brandschneise“, die geradlinig von dem Schuppen bis zur Eingangstür verlaufen sei.

Gegenüber Mutter und Tochter soll der 47-Jährige die Tat eingeräumt haben

Er wisse nicht, wie das Benzin dorthin gelangt sei, habe in der Nacht keine solchen Substanzen mit sich geführt, sagte der Angeklagte. Am Morgen nach dem Feuer soll er die Tat jedoch in einem Gespräch gegenüber seiner Mutter und in einem Telefonat mit seiner Tochter eingeräumt haben, ehe er auf das Revier fuhr. Als Grund soll er angegeben haben, dass er sich von dem Haus verfolgt gefühlt habe. Das sagten die beiden Frauen demnach bei der Polizei aus.

Vor Gericht bestritt der 47-Jährige, dass es die Gespräche gab. Die Tochter konnte nicht erneut befragt werden, weil sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht, das ihr als naher Verwandter zusteht. Die Mutter des Angeklagten und die Partnerin der Tochter, die das Gespräch ebenfalls mitgehört haben soll, sind erst zum nächsten Verhandlungstermin als Zeugen geladen. Die Tochter soll auch ihrer Mutter, der Ex-Frau des Angeklagten, von dem Gespräch erzählt haben, die wiederum die Polizei darüber informierte.

Experte des LKA hält Zigarette als Brandauslöser für unwahrscheinlich

Ungeachtet dessen hält der LKA-Gutachter es für unwahrscheinlich, dass eine weggeworfene Zigarette den Brand ausgelöst hat, auch wenn eine unbekannte Person zuvor absichtlich oder unabsichtlich Brandbeschleuniger an dem Haus verteilt hat. Benzin entzünde sich erst ab einer Temperatur von etwa 500 Grad Celsius. „Eine glimmende Zigarette ist nicht so heiß“, so der Chemiker. Es bedürfe schon einer offenen Flamme.

Somit komme eine Zigarette nur über einen Umweg als Brandauslöser infrage. „Zum Beispiel, wenn sie durch einen Zufall zu einer Entflammung herumliegenden Laubs geführt hätte.“ Andere Brandursachen wie etwa einen elektrischen Defekt konnten die Kriminaltechniker des LKA ausschließen. Das Gebäude war demnach nicht an die Stromversorgung angeschlossen. Der Prozess soll am Donnerstag, 4. April, fortgesetzt werden.