Bad Oldesloe. Zahl der Wohnungseinbrüche ist in Lauenburg und Stormarn massiv gestiegen. Warum Ralf Lorenzen dennoch mit der Bilanz zufrieden ist.

Im Kreis Herzogtum Lauenburg und in Stormarn hat die Zahl der Wohnungseinbrüche im vergangenen Jahr drastisch zugenommen – das ist eine der wesentlichen Erkenntnisse aus der am Dienstag veröffentlichten Kriminalstatistik 2023 der Polizeidirektion Ratzeburg für die beiden Kreise. Im Lauenburgischen verzeichneten die Beamten 249 Taten, 67,1 Prozent mehr als Vorjahr. In Stormarn (415 Einbrüche) fällt das Plus mit 79,7 Prozent sogar noch deutlicher aus.

Grund zu großer Beunruhigung sei die Entwicklung aber nicht, sagt Ralf Lorenzen, kommissarischer Leiter der Kriminalinspektion Bad Oldesloe, und relativiert die Aussagekraft der Zahlen im Jahresvergleich. „Wir haben zwar einen deutlichen Zuwachs bei den Einbrüchen gegenüber 2022, aber liegen noch immer unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019“, so der Kriminaloberrat.

Deutlich mehr Einbrüche im Kreis Herzogtum Lauenburg und Stormarn: Das sagt der Kripo-Chef

Das Einbruchsgeschehen habe in den beiden vergangenen Jahren nach und nach wieder Fahrt aufgenommen, nachdem die Menschen wieder seltener zu Hause seien. „Wir sehen auch eine Rückkehr reisender Täter“, sagt Lorenzen.

Einbruchshauptstadt bleibt wie bereits in den vergangenen Jahren Ahrensburg. 136 Taten zählte die Polizei in der Schlossstadt, mehr als doppelt so viele wie 2022 (61). „In der Täterschaft genießt Ahrensburg weiterhin den Ruf als wohlhabender Wohnort, an dem es lohnende Einbruchsziele gibt“, sagt der stellvertretende Kripo-Chef.

Den Beamten gelang ein Ermittlungserfolg gegen die „Balkonkletterer-Bande“

Ein weiterer Faktor sei die gute Infrastruktur mit der engen ÖPNV-Anbindung an die große Nachbarstadt Hamburg. „Täter können die Ziele schnell aufsuchen und wieder verlassen. Das macht Ahrensburg für sie attraktiv“, so Lorenzen. „Wir beobachten, dass sich viele von ihnen temporär oder dauerhaft in Hamburg aufhalten.“

Für mehrere Taten sei dieselbe Tätergruppe verantwortlich gewesen, die der stellvertretende Kripo-Chef als „Balkonkletterer-Bande“ bezeichnet, weil die Einbrecher meist auf diese Weise in die Gebäude, vornehmlich Mehrfamilienhäuser, gelangten. Hier gelang den Beamten inzwischen ein Ermittlungserfolg.

Aufklärungsquote ist bei Einbrüchen verglichen mit anderen Delikten gering

„Daraus resultiert die beeindruckend hohe Aufklärungsquote bei Einbruchsdelikten in Ahrensburg“, sagt Lorenzen. 30,9 Prozent der Taten in der Schlossstadt konnten die Ermittler aufklären. Im Durchschnitt des gesamten Gebietes der Ratzeburger Direktion waren es nur 14,3 Prozent.

Damit liegt die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen deutlich niedriger als in anderen Deliktsfeldern. Bei Sexualstraftaten werden etwa 87,1 Prozent der Fälle aufgeklärt, bei Betrugsdelikten (50,9 Prozent) immerhin die Hälfte. Dennoch wertet Lorenzen die Quote von 14,3 Prozent als Erfolg.

Einbrecher schlagen oft spontan zu, was es schwierig macht, sie zu fassen

„Bei Wohnungseinbrüchen zeigen die Täter in der Regel kein Vor- und Nachtatverhalten, was die Aufklärung schwierig macht“, sagt er. „In den allermeisten Fällen kommen die Täter spontan, nutzen die Gelegenheit, wenn sie sehen, dass Bewohner nicht zu Hause sind“, so Lorenzen.

Noch vor zehn Jahren habe die Aufklärungsquote bei Einbrüchen unter zehn Prozent gelegen. Seitdem habe die Polizei insbesondere die Spurensicherung an den Tatorten intensiviert, was Ermittlungserfolge wahrscheinlicher gemacht habe. Gleichzeitig ergriffen immer mehr Bürger Schutzmaßnahmen.

Bewegungsmelder und Kameras erleichtern der Polizei die Arbeit

„Inzwischen bleibt es bei der Hälfte der Taten beim Versuch, weil die Täter nicht in das Gebäude gelangen“, sagt Lorenzen. Je länger der Einbrecher benötige, um hineinzukommen, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass er aufgebe und sich ein anderes Ziel aussuche. Schwachstellen blieben Fenster und Türen, auf die Hauseigentümer bei der Sicherung deshalb besonderes Augenmerk legen sollten.

Besonders hilfreich für die Ermittlungen der Polizei sei es, dass immer mehr Menschen Bewegungsmelder und Kameras in ihren Wohnungen installierten. „Die Aufnahmen werden häufig direkt auf das Smartphone übertragen, das ist für uns sehr, sehr effizient“, sagt der stellvertretende Kripo-Chef. Nicht selten komme es vor, dass ein Hauseigentümer die Beamten aus dem Urlaub anrufe, während der Täter noch im Haus sei, und diese ihn so direkt festnehmen könnten.

Sprunghafter Anstieg der Einbrüche in Geesthacht stellt Ermittler vor ein Rätsel

Vor ein Rätsel stellt die Ermittler der sprunghafte Anstieg der Einbruchskriminalität in Geesthacht. 69 Taten hat die Direktion 2023 in der Stadt an der Elbe gezählt. Im Jahr zuvor waren es nur 16. Die Anzahl hat sich damit mehr als vervierfacht. „Es handelt sich um den höchsten Zuwachs im Bereich der Direktion“, sagt Lorenzen und spricht von einer „auffälligen Entwicklung“.

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Die Ursache, ob etwa eine Bande in Geesthacht operiert, sei bislang unklar. „Wir befinden uns noch in der Analyse“, so der Kriminaloberrat. „Wir haben als Reaktion die polizeiliche Präsenz deutlich erhöht und setzen auch verstärkt Zivilstreifen ein“, sagt Lorenzen.

Mehr Ladendiebstähle: Sind Täter durch Corona auf den Geschmack gekommen?

Ebenfalls bislang nicht zu erklären ist für den Kriminaloberrat der enorme Anstieg der Ladendiebstähle auf 1478 Taten im vergangenen Jahr (plus 50,1 Prozent). „Wir beobachten, dass dieses Deliktfeld bei Kriminellen offenbar deutlich an Attraktivität gewonnen hat“, sagt Lorenzen. Möglicherweise hätten einige Kriminelle das Tätigkeitsfeld während der Corona-Pandemie für sich entdeckt. „In dieser Zeit gehörten Laden- und Taschendiebstähle zu den wenigen Delikten, die möglich waren, während Einbrüche dadurch erschwert wurden, dass fast alle Menschen überwiegend zu Hause waren“, sagt Lorenzen.

In den vergangenen Tagen machte die enorm gestiegene Jugendkriminalität in Schleswig-Holstein Schlagzeilen. Mehr als jede fünfte Straftat im Norden wurde 2023 von Menschen verübt, die jünger sind als 21 Jahre. In der Gruppe der Kinder unter 14 Jahren verzeichnete das Kieler Innenministerium gar ein Zehn-Jahres-Hoch. Ministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) zeigte sich alarmiert.

Auch in Lauenburg und Stormarn hat die Jugendkriminalität zugenommen

Auch im Herzogtum Lauenburg und in Stormarn sei der Trend erkennbar, sagt Lorenzen. Laut Statistik begingen Jugendliche in der Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen (plus 17 Prozent) und Kinder unter 14 Jahren (plus 27,1 Prozent) 2023 deutlich mehr Straftaten.

„Die Entwicklung ist noch nicht besorgniserregend, es handelt sich aber eindeutig um eine überproportionale Zunahme“, sagt der Kriminaloberrat. Der Anstieg sei ein bundesweites Phänomen, wie erste Ergebnisse einer noch laufenden Studie des Bundeskriminalamtes nahelegten. Bei den meisten von jungen Straftätern begangenen Delikten handele es sich um Körperverletzungen, Nötigung, Bedrohung oder Ladendiebstähle.

Polizeidirektion will Zusammenarbeit mit den Jugendämtern intensivieren

Abschließend erklären lasse sich die Entwicklung bislang nicht. „Es gibt Überlegungen, ob es einen Zusammenhang mit der Rückkehr der Jugendlichen ins öffentliche Leben nach der Corona-Zeit gibt, möglicherweise eine Art Nachholeffekt“, sagt Lorenzen. Unabhängig von der Ursache widme sich die Polizeidirektion dem Thema intensiv.

„Wir schauen sehr genau hin, damit wir im Anfangsstadium dieser Entwicklung die richtigen Weichenstellungen setzen.“ Unter anderem habe man mehrere Hauptsachbearbeiterstellen eingerichtet, die sich explizit mit Jugendkriminalität befassen und die Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und anderen Trägern von Einrichtungen der Jugendarbeit intensiviert.

Lorenzen zieht mit Blick auf die Statistik insgesamt ein positives Fazit

Im Gesamtfazit zeigt sich Lorenzen mit den Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung zufrieden. Mit 22.915 erfassten Delikten in beiden Kreisen sei die Zahl der Taten mit einem Minus von 0,2 Prozent gegenüber 2022 fast unverändert geblieben. „Wenn wir die Corona-Jahre ausklammern, stehen wir noch immer besser da als vor der Pandemie.“