Henstedt-Ulzburg. Wiedervernässung des Naturschutzgebiets in Henstedt-Ulzburg beginnt. Was alles geplant ist – und welche Pfade verschwinden.

Es sieht brachial aus, was sich derzeit im Naturschutzgebiet Henstedter Moor in Henstedt-Ulzburg abspielt. Wenige Meter abseits des Wanderweges rotiert ein tonnenschwerer Bagger auf einer zunehmend lichter werdenden Freifläche, pickt nach und nach die Birken, diese werden dann gestapelt. Doch das muss so sein, und es ist vielmehr sehr wichtig, dass diese Arbeiten im Hochmoor stattfinden. Denn es sind die allerersten Schritte für die Wiedervernässung der so wertvollen Flächen, die jetzt endlich begonnen hat. Es soll Henstedt-Ulzburgs großer Beitrag werden für den globalen Klimaschutz.

Und das nach jahrelanger Wartezeit. „Für unser Moor gibt es schon seit 2015 eine Umsetzungsplanung, aber aufgrund der schwierigen Eigentumsverhältnisse sind bislang keine weiteren Schritte unternommen worden“, so Bürgermeisterin Ulrike Schmidt beim Ortstermin, der inmitten des Sturmtiefs „Jitka“ stattfand. Sie dankte ausdrücklich Katja Rihm, einer Biologin, die im Rathaus für das Sachgebiet Grünplanung/Umwelt tätig ist, und die sich des Thema angenommen hat. „Sie hatte die Idee, ein Konzept für eine Teilumsetzung zu erstellen.“ Dieses wurde Ende 2021 politisch bewilligt.

Henstedt-Ulzburg: Wiedervernässung im Henstedter Moor – warum das Projekt so wichtig ist

Insgesamt ist das Gebiet 19 Hektar groß, aber nicht überall kann gearbeitet werden. Rihm: „Die Eigentümer-Nachforschung ist schwierig.“ Dort, wo es jetzt losgeht, ist es unproblematisch, Inhaberin ist die Stiftung Naturschutz, die das Projekt zudem mit 31.237,50 Euro fördert. „Unser Ziel ist der Aufbau einer grünen Infrastruktur, wir wollen Lebensräume und Korridore für Tiere und Pflanzen entwickeln. Unsere Kernaufgaben sind der Biodiversitäts-Schutz und der Moorschutz“, so Ute Ojowski, geschäftsführender Vorstand der Stiftung, die 1978 vom Land Schleswig-Holstein gegründet worden ist.

Landesweit habe man sich bereits 37.000 Hektar gesichert, davon sind 21.000 Hektar Moore, die für bestimmte Flora und Fauna teilweise die letzten intakten Rückzugsgebiete sind. Und: „Sie sind der größte terrestrische Kohlenstoffspeicher. Moore speichern doppelt so viel wie Wälder.“ Und das bei weniger Flächenbedarf. Aber: „Sie können die Rolle nur ausfüllen, wenn sie nass sind. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen.“

Schleswig-Holstein: Der Torfabbau hat viele Moorböden austrocknen lassen

Das wurde früher nicht bedacht, da stand der Abbau vom Torf im Vordergrund, es wurden Entwässerungsgräben gezogen, das hatte gravierende Folgen. „In Schleswig-Holstein kommen 18 Prozent der Treibhausgas-Emissionen aus trockengelegten Moorböden“, so Ojowski. „Daher freuen wir uns sehr, wenn Gemeinden die Moore in ihrem Umkreis neu entdecken und die Chancen für den Klima- und Naturschutz nutzen.“

Das Henstedter Moor ist seit Anfang 2017 ein Naturschutzgebiet.
Das Henstedter Moor ist seit Anfang 2017 ein Naturschutzgebiet. © Christopher Mey | Christopher Mey

Das Henstedter Moor ist erst seit 2017 ein Naturschutzgebiet, vorher sprach man vom Lütt Wittmoor, das hierin aufgegangen ist. Das Planungsbüro Mordhorst-Bretschneider aus Nortorf ist seit fast neun Jahren mit dem Projekt Wiedervernässung betreut. Angelika Bretschneider, zweite Geschäftsführerin, erklärt, was nun passieren wird. „Bei natürlichen Mooren hat man einen Wassergehalt von 90 bis 95 Prozent, der Torf ist wie ein Schwamm. Das haben wir hier nicht mehr.“

Torfdämme sollen dazu führen, dass sich das Regenwasser aufstaut

Alles soll möglichst naturbelassen ablaufen. Das bedeutet: „Wir bauen Torfdämme.“ Alternativen wären, wenn Torf fehlt, Spundwände oder Dichtfolien. Den natürlichen Rohstoff herbeiliefern zu lassen, sei „Quatsch“, so die Diplom-Ingenieurin, schließlich würde dieser dann woanders fehlen. Sorgen aus der Nachbarschaft vom Rhen, es könnte Überschwemmungen geben, sind unbegründet. Zwischen Wohngebiet und Moor gibt es einen Höhenunterschied von vier Metern.

Wo das Wasser herkommt? Keinesfalls wird hier wie bei einem Gartenteich einfach der Schlauch aufgedreht. „Das ist alles Regenwasser“, so Bretschneider. „Hochmoore haben ihren eigenen Wasserhaushalt, sie ernähren sich von nährstoffarmem Regenwasser. Deswegen haben sie auch eine andere Vegetation.“ So wie Torfmoose und Heidekräuter. Die im Henstedter Moor omnipräsenten Birken sind eigentlich eher ein Indiz für einen nicht optimalen Zustand.

Es ist verboten, sich im Naturschutzgebiet abseits der offiziellen Wege zu bewegen. Hunde müssen angeleint bleiben.
Es ist verboten, sich im Naturschutzgebiet abseits der offiziellen Wege zu bewegen. Hunde müssen angeleint bleiben. © Christopher Mey | Christopher Mey

Henstedter Moor: „Es ist eine extrem wirksame Maßnahme“

Für die geplanten Dämme müssen Trassen freigeschlagen werden, das übernimmt der Bagger. Durchgeführt werden kann das nur jetzt im Winter, also außerhalb der Brutzeit. Begonnen wird beim Regenrückhaltenbecken nahe des Immbargs. Im Sommer, vermutlich Mitte August bis Anfang September, folgen die Bodenarbeiten. Doch was ist, wenn es wenig Niederschlag gibt? „Wir müssen den Wasserstand durch die Dämme so hochhalten, dass ein Puffer entsteht.“

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Der Effekt, also, dass CO₂ gespeichert wird, sei dann sofort da, so Bretschneider. „Es ist eine extrem wirksame Maßnahme, und wirtschaftlich eine der günstigsten.“ Für die Menschen im Ort und aus der Region wichtig: Die Wanderwege bleiben wasserfrei. Dafür werden einige Pfade wohl verschwinden, die verbotenerweise genutzt werden.

Henstedt-Ulzburg: Bürgermeisterin ruft Flächeneigentümer zur Kooperation auf

Die Gemeinde hofft, sukzessive alle offenen Eigentumsfragen zu klären. Und, so die Bürgermeister, „dass alle für diese gute Sache mit uns kooperieren, damit die Wiedervernässung in anderen Bereichen weitergehen kann.“

Ansonsten gilt, was Ute Ojowski den Henstedt-Ulzburgern mit auf den Weg gibt: „Ich wünsche dem Moor eine nasse Zukunft mit viel Artenreichtum. Ich hoffe, das Projekt wird eine Blaupause für andere Kommunen, um die Klimaschutzziele zu erreichen, die wir als Gesellschaft haben.“