Ahrensburg. Land identifiziert mögliche Standorte für Betriebe, die dafür eigentlich nicht vorgesehen sind. Eine Gemeinde hat besondere Bedeutung.

Für den Kreis Stormarn ergeben sich mit der aktuell laufenden Überarbeitung der Regionalpläne völlig neue Perspektiven. Das schleswig-holsteinische Innenministerium hat etliche potenzielle Gewerbeflächen identifiziert, die von den Kommunen bisher nicht dafür vorgesehen sind. Insgesamt handelt es sich um 155 Hektar auf Gebieten der Städte Ahrensburg, Bargteheide und Reinbek sowie der Gemeinden Hammoor, Siek, Barsbüttel, Oststeinbek, Trittau, Stapelfeld und Tremsbüttel. Darauf weist der Ahrensburger Landtagsabgeordnete Bernd Buchholz (FDP) hin, der in seinem Heimatort auch Stadtverordneter ist.

„Das ist eine komplette Korrektur des bisherigen Kurses, denn bislang hat die Landesplanung fast alles verhindert“, sagt Buchholz, der von 2017 bis 2022 selbst Wirtschaftsminister in Kiel war. Die Stormarner FDP fordert die Kommunen auf, diese Möglichkeiten der Gewerbeflächenausweisung im eigenen Interesse, aber auch im Interesse des Kreises und des Landes Schleswig-Holstein zu nutzen. Einen entsprechenden Antrag von Buchholz hat der Kreisparteitag beschlossen.

155 Hektar Gewerbegebiete: Das sind die Standorte in Stormarn

„Die Flächennutzungspläne sollten nun entsprechend geändert werden“, sagt Buchholz. Im Einzelnen geht es um folgende Areale: Hammoor 25 Hektar als überregionaler Standort an Entwicklungsachse, Bargteheide 15 Hektar als baulich zusammenhängendes Siedlungsgebiet, Bargteheide/Hammoor 20 Hektar durch Änderung der Siedlungsachse, Siek zehn Hektar durch Änderung der Siedlungsachse, Barsbüttel 13 Hektar als besonderer Siedlungsraum, Trittau elf Hektar als baulich zusammenhängendes Siedlungsgebiet, Oststeinbek acht Hektar als baulich zusammenhängendes Siedlungsgebiet, Stapelfeld 13 Hektar als Gebiet mit besonderer Gewerbefunktion, Tremsbüttel sechs Hektar durch Änderung der Siedlungsachse, Ahrensburg 25 Hektar durch Änderung der Siedlungsachse, Reinbek neun Hektar als baulich zusammenhängendes Siedlungsgebiet.

Bernd Buchholz, FDP-Landtagsabgeordneter aus Ahrensburg: „Zukunftschancen der Fehmarnbeltanbindung nicht ungenutzt lassen.“
Bernd Buchholz, FDP-Landtagsabgeordneter aus Ahrensburg: „Zukunftschancen der Fehmarnbeltanbindung nicht ungenutzt lassen.“ © picture alliance/dpa | Jonas Walzberg

Stormarn habe mit seiner Lage in der Region Hansebelt, in der Metropolregion Hamburg und auf der Achse der Hinterlandanbindung der festen Fehmarnbeltquerung ganz besondere wirtschaftliche Chancen. Gewerbebetriebe aus ganz Europa mit hochqualitativen Arbeitsplätzen könnten angesiedelt und die Wirtschaftskraft erheblich gesteigert werden, wenn die Kommunen genügend Flächen für diese Gewerbeansiedlungen zur Verfügung stellen.

FDP-Landtagsabgeordneter Buchholz: „Zukunftschancen nicht ungenutzt lassen“

„Es würden jetzt Zukunftschancen vertan, wenn wir im Gegensatz zu unseren dänischen Nachbarn die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Fehmarnbeltanbindung ungenutzt lassen würden“, sagt Bernd Buchholz. Der 18 Kilometer lange Eisenbahn- und Straßentunnel unter der Ostsee verbindet Deutschland (Puttgarden auf der Insel Fehmarn) und Dänemark (Rødbyhavn auf der Insel Lolland) miteinander. 2029 soll er fertig sein. „In Dänemark sind bis nach Kopenhagen bereits 300 Hektar weitere Gewerbeflächen fertig erschlossen und noch einmal 100 Hektar in Vorbereitung“, so der Abgeordnete.

Als ehrenamtlicher Stadtverordneter kennt Buchholz durchaus auch die Bedenken vieler Kommunalpolitiker vor Ort. „In Ahrensburg wurde beispielsweise eine Erweiterung des Gewerbegebiets Beimoor in östlicher Richtung schon mal ins Visier genommen“, sagt er. Mit der „klaren Ansage aus dem Ministerium“ sehe er durchaus Mehrheiten für das Vorhaben.

Landesplanung befördert Transformation der Wirtschaft zur Klimaneutralität

Tatsächlich sind die Signale aus Kiel deutlich. „Die Landesregierung begrüßt grundsätzlich die Ansiedlung von neuem Gewerbe, insbesondere sofern es die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität befördert“, sagt Jana Hämmer, Sprecherin im Innenministerium. Die Entwürfe der Regionalpläne waren im vergangenen Jahr im gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren. „Derzeit wertet die Landesplanung die eingegangenen Stellungnahmen, Hinweise und Vorschläge aus“, so Hämmer. „Danach werden die Planunterlagen überarbeitet und die neuen Planentwürfe abgestimmt.“

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Grundlage für größere Gewerbestandorte in den Entwürfen seien in der Regel regionale Gewerbeflächenentwicklungskonzepte. Dazu gehört auch der Gewerbeflächenleitfaden der Kooperation Hansebelt, zu der Stormarn gehört. Als überregionaler Standort für Gewerbegebiete an den Landesentwicklungsachsen ist im Kreis Hammoor besonders hervorgehoben.

Stormarns Wirtschaftsförderer vergeben Grundstücke an Bewerber nach Bewertungsmatrix

Den „Rückenwind vom Land“ registriert auch die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS). „Die Fehmarnbeltquerung eröffnet uns Chancen, diese Freiheiten bei der Entwicklung gilt es zu nutzen“, sagt WAS-Geschäftsführer Ulf Hahn. Da die Planungsprozesse erfahrungsgemäß immer länger dauerten, sollte man vorausschauend agieren.

Dabei gehe es auch um den von Schleswig-Holstein eingeschlagenen Weg zu Deutschlands erstem klimaneutralen Industrieland. „Schon jetzt entscheiden wir nach einer klaren Bewertungsmatrix, ob wir Unternehmen ansiedeln oder nicht“, sagt Hahn. Dabei spielten neben Nachhaltigkeit unter anderem qualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze eine Rolle.

Die Nachfrage von Seiten der Betriebe ist unverändert groß. „Bei uns melden sich täglich Interessenten“, sagt Ulf Hahn. Circa 30 Hektar stehen noch zur Verfügung, von Reinfeld/Stubbendorf über Bad Oldesloe, Bargteheide und Ahrensburg bis zum Minerva Park Stapelfeld, Barsbüttel und Trittau. Da ist die Perspektive von weiteren 155 Hektar durchaus willkommen. Zum Vergleich: Die Batteriefabrik von Northvolt bei Heide benötigt allein 110 Hektar Land.