Bad Oldesloe. Laut einer aktuellen Bedarfsprognose muss der Kreis Stormarn bis 2030 insgesamt 152 Hektar ausweisen. Das sind 213 Fußballfelder.

Der Kreis Stormarn gilt seit Jahrzehnten als attraktives Terrain für Gewerbegebiete. Das Gros hat dabei Bedeutung über die Grenzen der jeweiligen Kommune hinaus. Der noch vorhandene Platz reicht jedoch laut einer Gewerbeflächenbedarfsprognose der Lübecker Beratungsfirma Cima bei Weitem nicht aus, um sich im Rennen um Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen zu behaupten. Demnach sollte Stormarn bis 2030 insgesamt 152 Hektar neu ausweisen. Das ist eine Fläche von 213 Fußballfeldern.

„Das ist eine gewaltige Herausforderung und wird ein langer Weg“, sagt Detlev Hinselmann, Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS). Immerhin sei ein Drittel der 152 Hektar bereits lokalisiert. Es gelte aber, nachhaltig zu agieren. „Damit Stormarn lebenswert bleibt, bedarf es einer sinnvollen und ausgewogenen Balance zwischen Arbeiten, Wohnen, Freizeit und Erholung“, so Hinselmann. Die Gewerbeflächen würden zur Entwicklung des Kreises und der Kommunen aber auf jeden Fall benötigt.

Fehmarnbelttunnel lässt die Nachfrage weiter steigen

Das sehen die Grünen anders. „Ob dieser Riesenschluck aus der Pulle wirklich notwendig ist, muss kritisch hinterfragt werden“, sagt die stellvertretende Vorsitzende der Kreistagsfraktion, Klaudia Rahmann. Schon jetzt sei der Flächenverbrauch beträchtlich. „Da es kein grenzenloses Wachstum gibt, müssen Flächenpotenziale auch über eine siedlungsräumliche Verdichtung und die Reaktivierung von Brachen erschlossen werden“, sagt Klaudia Rahmann.

Der Kreis Stormarn ist seit 2017 zusammen mit den Kreisen Ostholstein, Herzogtum Lauenburg, Segeberg und der Stadt Lübeck, den jeweiligen Wirtschaftsfördergesellschaften, der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck und dem Verein HanseBelt Träger des „Regionalmanagements im HanseBelt“. Besondere Bedeutung kommt, gerade vor dem Hintergrund des geplanten Fehmarnbelttunnels, dem Themenfeld „Raum für Wirtschaft“ und der Gewerbeflächenentwicklung zu.

Im südlichen Barsbüttel trifft die A 24 auf die A 1

„Es ist einfach wichtig, mit dem raren Raum für neue Ansiedlungen vernünftig umzugehen“, sagt Detlev Hinselmann (links), Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn.
„Es ist einfach wichtig, mit dem raren Raum für neue Ansiedlungen vernünftig umzugehen“, sagt Detlev Hinselmann (links), Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn. © Harald Klix | Harald Klix

Stormarn spielt hierbei eine tragende Rolle. Der schleswig-holsteinische Abschnitt der Autobahn 1 durchquert Stormarn in gesamter Länge von Hamburg bis nach Lübeck. Die sechs im Kreisgebiet liegenden Anschlussstellen sind wichtige Verkehrsknotenpunkte. Überdies liegt am Autobahnkreuz Bargteheide der Endpunkt der A 21 aus Richtung Kiel, in Hamberge ist die A 20 angebunden. Und am Kreuz Hamburg-Ost, im südlichen Barsbüttel, trifft die A 24 auf die A 1. Sie hat damit eine herausragende Funktion für die Fernverkehre gen Norden, Süden und Osten.

So wundert es nicht, dass die bedeutendsten Stormarner Gewerbegebiete in den vergangenen zehn Jahren auf insgesamt 81 Hektar vor allem links und rechts der so genannten Vogelfluglinie angesiedelt wurden.

Westlich der A 1 liegen die Gewerbegebiete von Reinfeld, Bad Oldesloe, Bargteheide, Ahrensburg, Stapelfeld und Barsbüttel, östlich die von Siek und Braak sowie südlich der A 24 jene von Oststeinbek, Glinde und Reinbek. Allein Reinfeld ist bereits jetzt von fünf Gewerbegebieten mit einer Gesamtfläche von 64 Hektar umgeben.

Fokus auf Neuentwicklung von Gewerbegebieten legen

Hinselmann geht davon aus, dass auch die Mehrzahl der in den nächsten Jahren zu entwickelnden Gewerbegebiete im näheren Umfeld der A 1 sein werden: „Die Orientierung zur Hansestadt Hamburg ist ein Grund, die Nähe zur Autobahn ein anderer.“

Tatsächlich werde das Hauptaugenmerk fortan weniger auf der Vermarktung bereits bestehender als vielmehr auf der Entwicklung neuer Gewerbeflächen gerichtet sein. Gleichzeitig seien Bestandsareale durch Verdichtung und Revitalisierung zu optimieren.

„Der Flächendruck nimmt stetig zu. Deshalb müssen alle Aspekte der Bodennutzung berücksichtigt werden“, sagt auch Landrat Henning Görtz. Dabei stünden Gewerbeflächen mehr denn je in Konkurrenz zu Flächen für den Wohnungsbau, der ebenfalls vorangetrieben werden müsse.

An der A 1 fehlen Autohöfe und Lkw-Parkplätze

„Es ist einfach wichtig, mit dem raren Raum für neue Ansiedlungen vernünftig umzugehen“, sagt Hinselmann. Weshalb neben der schieren Verfügbarkeit immer auch das „kommunale Einvernehmen“ wichtig sei.

Dabei ist schon jetzt absehbar, dass die Kommunen, bei denen die Planungshoheit liegt, Gewerbeflächen regional statt lokal denken müssen. Wegen der prädestinierten Lage des Kreises entlang der Landesentwicklungsachse im HanseBelt werden 82 Prozent der auszuweisenden Areale überörtliche Bedeutung haben.

Laut Prognose beläuft sich der örtliche Bedarf, etwa für Handwerks- und Gewerbebetriebe, auf nur 27 Hektar. Das entspricht in etwa der Fläche von 38 Fußballfeldern.

Die meisten Nachfragen aus Großhandel, Verkehr und Logistik

Dabei ist laut Cima-Prognose schon jetzt absehbar, auf welchen Branchenmix sich die Gewerbeflächenentwickler einstellen müssen. Danach dürften die meisten Nachfragen aus dem Großhandel (25,4 Prozent), aus den Bereichen Verkehr und Logistik (24,8 Prozent) und dem verarbeitenden Gewerbe (18 Prozent) kommen. Mit deutlichem Abstand folgen Unternehmen für wissenschaftliche und technische Dienstleistungen (7,2 Prozent) sowie Firmen aus dem Segment Kfz-Handel und -Reparatur (5,6 Prozent).

Wegen der engen siedlungsstrukturellen Verflechtung mit Hamburg, der bestehenden Infrastruktur und des vorhandenen Arbeitskräftepotenzials prognostizieren die Gutachter deutlich zunehmende Verkehre. Bereits heute gebe es eine hohe Nachfrage nach neuen Autohöfen und weiteren Lkw-Parkplätzen entlang des Stormarner A-1-Abschnitts. Das belegt die permanente Überlastung des Rastplatzes Buddikate sowie von kleineren Parkplätzen wie Ohlendiek und Ellerbrook.