Glinde. Vorschlag eines Planungsbüros stößt in Politik auf Widerstand. Wie Investoren an zentraler Stelle dennoch Wohnungen bauen könnten.

Die Umsetzung des Glinder Innenstadtkonzepts in seiner ganzen Bandbreite bleibt Wunschdenken. Große Teile der Flächen gehören nämlich nicht der Kommune. Deren Eigentümer wollen mit einer Ausnahme in keine neuen Gebäude investieren. Die Politik möchte aber endlich vorankommen. Ihr Plan: Zumindest soll jener Abschnitt novelliert werden, auf dem man autark schalten und walten kann. Es ist der Parkplatz am Markt, der rund 10.000 Quadratmeter umfasst. Interessenten für einen Erwerb gibt es schon seit Längerem. Derartige Ambitionen können sie sich jetzt abschminken. Denn verkaufen und damit für immer hergeben wollen Parteienvertreter das Gelände nicht.

Das Thema ist auf die politische Agenda gerückt, nachdem das Büro „Architektur + Stadtplanung“ einen möglichen Zeitablaufplan skizziert hatte – von Vermessungen über die Aktualisierung des Einzelhandelsgutachtens bis hin zur Ausarbeitung des Entwurfs für den Bebauungsplan. Das geschah am 15. Februar im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz. Die Präsentation ist mit zahlreichen Daten gespickt und tabellarisch skizziert, was wann zu erledigen wäre. Für Oktober und November 2024 steht dort: Vorbereitung des Grundstückskaufvertrages. Und in der Spalte darüber mit der Zeitangabe bis Oktober: Ermittlung des Grundstückspreises. Maßgeblich soll die Einschätzung des Gutachterauschusses des Kreises sein, der alle zwei Jahre Bodenrichtwerte aktualisiert.

FDP schlägt Treffen mit interessierten Investoren vor

Bei der SPD schrillten nach den Ausführungen des Referenten die Alarmglocken. „Wenn wir ins Detail gehen, müssen Grundsatzfragen geklärt sein“, sagt Peter Michael Geierhaas. Bevor der Prozess gestartet wird, will seine Partei Klarheit, wie man mit dem Parkplatz umgeht. Die Sozialdemokraten lehnen einen Verkauf ab, haben für die nächste Sitzung des Gremiums an diesem Donnerstag (19 Uhr, Bürgerhaus, Markt 2) einen entsprechenden Antrag gestellt. Sie würden das Gebiet einem Investor höchstens per Erbpachtregelung überlassen, also zeitlich befristet und nicht in seiner ganzen Ausdehnung. „Weil die Stadt einen Abschnitt selbst benötigt für zu schaffende Mobilitätsinfrastruktur wie Carsharing, Radverkehrsanlagen, einen kleinen Busbahnhof und kostenfreie Parkplätze in welcher Form auch immer. Man muss zudem überlegen, ob Glinde das Grundstück selbst entwickelt“, so Geierhaas. Das impliziere auch Wohnungsbau.

Mehr zum Thema

FDP und Grüne sind ebenfalls dafür, dass die Fläche im Eigentum der Stadt bleibt. „Ich schlage vor, dass wir uns mit möglichen Investoren an einen Tisch setzen“, sagt Thomas Kopsch, Fraktionsvorsitzender der Liberalen. Auf diesem Weg will er Unternehmen von einer Erbpacht überzeugen. Für Martina von Bargen, Fraktionschefin der Grünen, ist das Erbbaurecht nicht die einzige Option trotz Absage an den klassischen Verkauf: „Ich habe Kontakt zu Fachleuten aufgenommen, die uns über verschiedene Modelle informieren werden.“ Claus Peters, Ortsvorsitzender der CDU, verweist auf die Fraktionssitzung an diesem Mittwoch, wo man sich mit dem SPD-Antrag befasst. Seine persönliche Meinung: „Wenn ein Investor all unsere Wünsche erfüllt, sollte eine Veräußerung nicht ausgeschlossen werden.“ Er betont, wie wichtig es ist, eine Attraktivitätssteigerung der City hinzubekommen.

2021 präsentierte Architekturbüro spektakulären City-Entwurf

Diese Visualisierung präsentierte das Architekturbüro „SKAI“ der Kommunalpolitik 2021.
Diese Visualisierung präsentierte das Architekturbüro „SKAI“ der Kommunalpolitik 2021. © Siemer Kramer Architekten Ing | Siemer Kramer Architekten Ing

Genau das ist das Ziel des sogenannten Rahmenplans für die Ortsmitte, der im August 2020 von der Politik beschlossen wurde. Zentraler Bestandteil sind neue 300 Wohnungen, 100 davon öffentlich gefördert, sowie 4000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche. Nicht zu vergessen eine zentrale Busumsteigestation, die drei Haltepunkte in unterschiedliche Fahrtrichtungen ersetzt. Für den wegfallenden Marktparkplatz kommen als Kompensation Parkhaus oder Tiefgarage in Betracht. Es handelt sich dabei wohlgemerkt um Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung.

An diesen orientierte sich das Architekturbüro „SKAI“ und präsentierte 2021 die Visualisierung eines lebendigen Cityquartiers mit einem Mix aus Wohnen, Einzelhandel und Dienstleistungen. Auftraggeber war ein Hamburger Investor. Rund 30.000 Quadratmeter wurden überplant. Nur das Rathaus, Bürgerhaus und ein Komplex im Norden bleiben demnach bestehen. Das neue Zentrum ist architektonisch geprägt durch viele Gebäude mit Giebeldächern. Die Hansestädte Lübeck und Wismar dienten als Vorbild für den Entwurf, den Bürgermeister Rainhard Zug in höchsten Tönen lobte. Das Ergebnis seiner Gespräche mit Grundeignern rund um den Marktplatz: Der große Wurf ist nicht zu machen.

Nur Sparkasse Holstein will bei Umsetzung des Rahmenplans mitmachen

Es gab keine Bereitschaft, eigene Immobilien an Investoren zu verkaufen oder diese abzureißen und zu ersetzen. Lediglich die Sparkasse Holstein will bei der Verwirklichung des Rahmenplans mitmachen. Das ist natürlich ernüchternd. Aus dem fehlenden Bekenntnis zum Gestaltungswillen entwickelte sich schließlich der Ansatz, den Parkplatz in den Fokus zu nehmen, um überhaupt in das Projekt einzusteigen. Für diesen gibt es laut Zug mehrere Interessenten. „Bei den Unterredungen haben alle ein Pachtmodell abgelehnt“, sagt der Verwaltungschef.

Das Büro „Architektur + Stadtplanung“ hat Glinde ein sogenanntes Konzeptvergabeverfahren nahegelegt. Der Investor, der das Grundstück erwirbt, muss es nach strikten Vorgaben der Kommune entwickeln. Ein Merkmal des Prozesses: Unternehmen treten mit ihren Entwürfen vor ein Preisgericht. Klingt charmant, weil man so zum Beispiel die Kosten für ein Parkhaus dem Gewinner des Wettbewerbs aufs Auge drücken könnte. Das überzeugt SPD, FDP und Grüne jedoch nicht. Ihnen geht es ums Prinzip. Für das Parteien-Trio sind städtische Grundstücke Tafelsilber und müssen in eigener Hand bleiben.