Glinde. Die Stadt kommt beim Umbau der Innenstadt nicht voran. FDP fordert jetzt einen Experten. Der Bürgermeister ist anderer Meinung.
Leerstände sind das eine Ärgernis. Die Commerzbank am Glinder Marktplatz sowie ein Reisebüro in der Passage existieren nicht mehr. Demnächst schließt nun auch die VR-Bank ihre Filiale. Viel schlimmer aber wiegt die Tatsache, dass es mit der Neugestaltung der Innenstadt kein Stück voran geht. Die Umsetzung des sogenannten Rahmenplans wäre der große Wurf. Dieser wurde von der Politik vor rund zweieinhalb Jahren beschlossen.
Das Architekturbüro „SKAI“ hatte daraufhin einen imposanten Entwurf präsentiert, wie das Zentrum aussehen könnte. Das Problem: Grund- und Immobilieneigner müssen mitmachen, Geld für Bauprojekte ausgeben – oder ihren Besitz an Investoren veräußern, die dann klotzen. Sie haben derzeit allerdings kein Interesse, Dinge zu verändern. Deshalb gibt es Stimmen aus der Politik, die einen City-Manager fordern.
Glinde: Bislang nimmt der Bürgermeister Kontakt zu Geschäftsleuten auf
Thomas Kopsch, Fraktionsvorsitzender der FDP sagt: „Man muss unterschiedliche Interessen unter einen Hut bringen. Das ist ein 40-Stunden-Job in der Woche. Die Innenstadtentwicklung kann meiner Ansicht nach erst Fahrt aufnehmen, wenn der Experte da ist. Er soll alle Akteure ansprechen.“ Der Liberale drängt auf eine zeitige Einstellung und will den Bürgermeister damit entlasten. Rainhard Zug habe andere Themen zu beackern. Bislang führt der Verwaltungschef Unterredungen mit den Geschäftsleuten und versucht, sie für Investitionen zu begeistern.
Bestärkt sieht sich Kopsch durch Michael Solscher von der Bergedorf Projekt GmbH, die Aufgabenträger des BID Sachsentor ist. Dabei handelt es sich um einen Grundeigentümer-Zusammenschluss. Es ist zugleich eine Partnerschaft zwischen Unternehmen und Behörde. Man kümmert sich um Quartierspflege, will die Aufenthaltsqualität steigern. Solscher sagt, er sei zuständig für ein kleines Stadtmanagement. Im jüngsten Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz in Glinde hielt er einen langen Vortrag, schilderte Probleme in Bergedorf. Sein Rat an die Entscheidungsträger war eindeutig: „Es braucht eine Galionsfigur, die alles zusammenführt. Glinde sollte versuchen, den Rahmenplan mit einem Stadtmanager umzusetzen.“
Bürgermeister sieht keine Dringlichkeit bei Personalie
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann fand die Ausführungen Solschers sehr allgemein gehalten. An dessen Kernaussage hat der Christdemokrat jedoch keinen Zweifel: „Wenn wir das Ortsmittenkonzept durchsetzen wollen, brauchen wir sicherlich einen City-Manager. Nur bin ich unsicher bezüglich des Zeitpunkts.“ Neumann ist ohnehin skeptisch, dass die Möglichkeiten, die der Rahmenplan bietet, ausgeschöpft werden. Er sagt: „Ich fürchte, dass es nicht viele Investoren gibt, die bereit sind, große Beträge in die Innenstadt zu stecken.“
Zuletzt hatten Vertreter verschiedener Parteien eine Überarbeitung des Konzepts ins Spiel gebracht. Neben dem CDU-Ortsvorsitzenden Claus Peters kann sich auch Peter Michael Geierhaas, umweltpolitischer Sprecher der SPD, damit anfreunden. Womöglich sei alles eine Nummer so groß, meint der Sozialdemokrat. „Über einen City-Manager sollten wir uns erst Gedanken machen, wenn am Rahmenplan nichts mehr zu rütteln ist. Generell könnte so ein Experte Sinn machen.“
Der Bürgermeister sagt, man benötige diesen jedenfalls nicht, um Probleme mit Leerständen zu lösen. Soll heißen: Erst wenn eine gewisse Zahl an Grundeigentümern Interesse signalisiert, beim Umbau mitzuwirken, ist so ein Bindeglied effektiv. Zug: „Wir sollten uns 2024 oder 2025 intensiver mit der Personalie beschäftigen.“ Mehr als zwei Dutzend institutionellen Anlegern wie Glunz Immobilien, Stiftungen oder Einzelpersonen gehören weitläufig um den Marktplatz Gebäude und Flächen.
Beratungsfirma für Stadtplanung wird in Ausschuss geladen
Der Architekt Jan Siemer und sein Team hatten auf Grundlage des Rahmenplans die Innenstadt neu skizziert und aufgezeigt, wie die Attraktivität gesteigert werden kann. Über den Entwurf haben die Politiker seit Mai 2021 Kenntnis. Das überplante Gebiet umfasst rund 30.000 Quadratmeter. Allein die Baukosten beliefen sich seinerzeit grob geschätzt auf 120 Millionen Euro. Demnach bleiben nur Rathaus, Bürgerhaus und ein Komplex im Norden bestehen. „SKAI“ plant 415 neuen Wohnungen, wobei die vorhandenen ersetzt werden. Mehr als 300 gewinnt man dazu. Außerdem entstehen auf 4000 Quadratmetern weitere Flächen für den Einzelhandel.
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Das höchste Gebäude ist auf dem jetzigen Parkplatz an der Ecke Möllner Landstraße/Oher Weg verortet. Es hat bis zu neun Geschosse, eine goldfarbene Fassade mit hohen Fenstern. Vom Marktplatz führen Treppen, die mit Bäumen bestückt sind, in eine Zone mit Wohnungen, wo es auch Holzhäuser gibt. Viele Immobilien haben Giebeldächer. Vorbild für den Entwurf sind die Hansestädte Wismar und Lübeck. Es kommt alles sehr urban daher. Unter dem Marktplatz ist eine Tiefgarage vorgesehen. 680 Parkmöglichkeiten sind es insgesamt auf dem Areal, 75 Prozent davon liegen unter der Erde. Busse fahren auf Höhe der Avenue St. Sebastien ins Quartier zu einem zentralen Haltepunkt.
Dieses Konzept ist wohl nicht mehr als eine Illusion. Der Bürgermeister und Parteienvertreter haben sich zum Beispiel gedanklich von einer Tiefgarage verabschiedet. Zu teuer, heißt es. Die Rede war von mindestens elf Millionen Euro. Die Hälfte davon sollte die Stadt zahlen.
Wie geht es nun weiter? Rainhard Zug wird die Beratungsfirma Cima zu einer Ausschusssitzung einladen. Sie ist Spezialist für Stadt- und Regionalplanung. Über diesen Weg erhofft sich der Bürgermeister mehr Handlungsempfehlungen für den City-Umbau.