Glinde. Politiker stimmen Rahmenplan zu, der Entwicklung festlegt. Bürgermeister Rainhard Zug will zeitnah Gespräche mit Investoren aufnehmen.
Sie waren langatmig, zuweilen sogar ermüdend: die Diskussionen im jüngsten Bauausschuss um den Rahmenplan für das Glinder Ortsmittekonzept. In ihm sind die Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung festgelegt. Diesem zuzustimmen, bedeutet aber nicht, dass gleich alles in Stein gemeißelt ist. Vielmehr ist es ein Startschuss mit dem Signal an Investoren, Projekte in der City verwirklichen zu können. Das wollen alle Parteien. Trotzdem benötigten sie rund 90 Minuten, um sich zu einem Grundsatzbeschluss durchzuringen – einstimmig. Aber es gibt noch viel Redebedarf. Klar ist: Das Zentrum um den Marktplatz soll grüner werden und mit Wohnungen bebaut werden, die Aufenthaltsqualität durch mehr Einzelhandel und Gastronomie steigen. Auch in Sachen Verkehr sind weitreichende Neuerungen vorgesehen.
Politiker bewilligten 100.000 Euro für das Konzept
Das alles wird jedoch kein Spaziergang und vor allem nicht in kurzer Zeit machbar sein. Bürgermeister Rainhard Zug rechnet mit einem Prozess von fünf bis sieben Jahren. „Ich gehe von drei bis fünf Jahren für die ersten Umsetzungsschritte aus“, sagt der Verwaltungschef. Er hatte Druck gemacht und auf die Dringlichkeit eines positiven Votums hingewiesen. Zug will zeitnah Gespräche mit Investoren führen und ausloten, ob Immobilienbesitzer zum Beispiel ihre Häuser zwecks Schaffung von Wohnungen aufstocken möchten oder womöglich auf ihrem Areal neue Gebäude beabsichtigen. Bekannt ist bisher, dass die am Markt liegende Sparkasse Holstein Interesse zeigt an einer Umgestaltung.
Für das Ortsmittekonzept hatten die Politiker 100.000 Euro bewilligt. Sie möchten die Innenstadt attraktiver machen. Menschen sollen sich dort wohl fühlen. Das beinhaltet auch mehr Freizeitgestaltung – zum Beispiel beim Verweilen in Grünanlagen oder der Möglichkeit, vielfältige gastronomische Angebote zu nutzen. Insbesondere darauf zielte auch ein Schreiben der Gewerbevereinigung Glinde an die Entscheidungsträger vor einigen Monaten. Unter anderem heißt es darin, es fehlten ansprechende Treffpunkte, die auch am Abend und an den Wochenenden noch geöffnet seien.
Engelspark als Erholungs- und Freizeitfläche
Der Rahmenplan wurde binnen eines Jahres erstellt. Eine Lenkungsgruppe mit Mitgliedern der Parteien, Verwaltungsmitarbeitern und Planern machte sich Gedanken. Bürger brachten in mehreren Workshops Ideen ein. Hinzu kamen Kennzahlen des Beratungsunternehmens Cima. Zentraler Bestandteil der Neugestaltung ist die Schaffung von 300 Wohnungen, 100 davon öffentlich gefördert, sowie 4000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche. Denkbar sind unter anderem zwei sechs- und ein siebengeschossiges Gebäude. Der Parkplatz am Markt könnte wegfallen. Als Ersatz sind dort ein Parkhaus samt Tiefgarage inklusive Carsharing sowie Immobilien mit Wohnungen und Büros skizziert.
Der Engelspark beim Rathaus soll als Erholungs- und Freizeitfläche erschlossen werden, eine Begegnungsstätte für Jung und Alt auf dem Areal entstehen. Zudem sind neue Radwege angedacht und eine zentrale Busumsteigestation, die drei Haltepunkte in unterschiedliche Fahrtrichtungen ersetzt. Viele Grünflächen sollen aufgewertet werden.
SPD geht sogar noch einen Schritt weiter
Die Parteien hatten Stellungnahmen zum Rahmenplan abgegeben. Bei den meisten Punkten besteht Konsens. Die CDU wehrt sich allerdings dagegen, Marktplatzfläche für die Neugestaltung zu opfern. Unterschiedliche Meinungen gibt es zum Beispiel bei den Parkplätzen und der Anzahl der Wohnungen. Spezielle Wünsche haben auch die Grünen. „Wir befürworten höchstens eine vier- bis fünfgeschossige Bauweise“, sagt Jan Schwartz. „Mindestens 30 Prozent der Wohnungen sollen öffentlich gefördert sein.“ Seine Partei präferiert größere Einheiten für Familien mit Kindern. Die CDU nennt diesbezüglich keine Ziffern in ihrem Schreiben, bezeichnet die Verdichtung der Ortsmitte mit Wohnangeboten für alle Generationen als wichtig.
Die SPD geht sogar noch einen Schritt weiter. „Wir fordern 50 Prozent geförderten Wohnraum“, so Fraktionschef Frank Lauterbach. Die Grünen beharren zudem darauf, dass Dachbegrünung und Fotovoltaikanlagen zur Pflicht gemacht werden. Über Details wurde im Bauausschuss wenig diskutiert, es ging vielmehr um das große Ganze.
Grüne fordern Solaranlage bei Neubauten als Pflicht
Die Sozialdemokraten waren zu Beginn zögerlich in Sachen Zustimmung, weil Glinde auch in ein regionales Siedlungsstruktur- und Verkehrsentwicklungskonzept für den Bezirk Bergedorf, Südstormarn und den Süden des Kreises Herzogtum Lauenburg eingebunden ist. Sie fürchteten, dass das eine mit dem anderen nicht in Einklang zu bringen ist. Das sei jedoch nicht der Fall, versicherte Bürgermeister Zug. Beide Konzepte werden in der Glinder Verwaltung von einer Person betreut, die ein gegenseitiges Ausbremsen verhindert.
Auch hatten einige Politiker Angst, durch einen Beschluss die Möglichkeit zu verlieren, den Rahmenplan nochmals zu ändern. Auch hier gab Rainhard Zug Entwarnung: „Er kann jederzeit angefasst werden, allerdings darf nicht allzu viel nachjustiert werden.“ Grund: Der Bürgermeister will beim Land Städtebauförderung beantragen. Bedingung für eine finanzielle Unterstützung ist, dass die Politiker nicht alles wieder auf den Kopf stellen.
Wie geht es nun weiter? Nachdem der Bauausschuss dem Rahmenplan zugestimmt hat, soll der Beschluss am Donnerstag, 27. August, von der Stadtvertretung bestätigt werden. Danach wird Glindes Bürgermeister Investoren kontaktieren und sich um Unterstützung des Landes kümmern.