Reinbek. Nach 33 Jahren im Berufsleben verabschiedet er sich in den Ruhestand. Der Energieversorger ist heute einer der Größten im Norden.

Als Thomas Kanitz vor 38 Jahren in das Berufsleben einstieg, war die Welt noch eine andere: Der heutige Geschäftsführer des E-Werks Sachsenwald hatte nach dem Abitur Elektriker gelernt und danach in Hannover ein Studium zum Elektroingenieur absolviert. Doch zu Beginn seines Arbeitslebens hat er im Berchtesgadener Land noch mit Steigeisen die Holz-Strommasten erklommen. Als er 1991 beim E-Werk Reinbek-Wentorf an der Schlossstraße begann, gab es dort noch nicht einmal ein Faxgerät, geschweige denn einen Computer. „Die Damen haben an großen Reißbrettern mit Tusche die Pläne gezeichnet“, erinnert er sich lächelnd.

Fünf Jahre war der heute 66-Jährige der Technische Leiter des noch recht übersichtlichen Stromversorgers für das nördliche Wentorf, für Alt-Reinbek und Schönningstedt. 1996 wurde er Geschäftsführer des E-Werks und konnte das kommunale Unternehmen beständig weiterentwickeln und ausbauen zum heutigen Stromversorger für Gesamt-Reinbek und -Wentorf, für Glinde, Oststeinbek, Barsbüttel und Wohltorf sowie zum Gasversorger für Reinbek, Wentorf, Oststeinbek, Barsbüttel, Wohltorf und Aumühle. Ende Februar verabschiedet Thomas Kanitz sich in den Ruhestand.

E-Werk Sachsenwald: Geschäftsführer Thomas Kanitz sagt Tschüs

In seinen ersten fünf Jahren war Thomas Kanitz vorwiegend damit beschäftigt, die Digitalisierung des E-Werks voranzutreiben. „Damals brach eine neue Zeit an“, erzählt der Geschäftsführer. „Es ging nicht allein um die Umstellung der Arbeitsabläufe auf den PC. Die Zeichnungen mussten auf ein geografischen Informationssystem umgerüstet und eine moderne Netzleittechnik eingerichtet werden. Die gesamte Steuerung, die Überwachung und der Schutz des Stromnetzes wird seitdem zentral und digital gesteuert.“

Thomas Kanitz‘ Nachfolger wird Moritz Manthey (r.). Seit 1. Januar ist er ebenfalls Geschäftsführer, am 1. März übernimmt er Kanitz‘ Amt.
Thomas Kanitz‘ Nachfolger wird Moritz Manthey (r.). Seit 1. Januar ist er ebenfalls Geschäftsführer, am 1. März übernimmt er Kanitz‘ Amt. © E-Werk Sachsenwald | Christian Geisler/Meerfreiheit

1996, Kanitz hatte gerade das Amt der Geschäftsführung übernommen, kam das südliche Wentorf als Versorgungsgebiet des E-Werks hinzu. Das Netz, damals von der Schleswag, musste in das des E-Werks eingebunden, also getrennt und wieder angeschlossen werden. Damals stand noch nicht fest, dass sich das Versorgungsgebiet beständig weiter vergrößern würde: 2000 kam das nördliche Reinbek mit Neuschönningstedt, Ohe und Krabbenkamp hinzu, der Kundenstamm wurde auf einen Schlag um 3900 Kunden erweitert.

E-Werk verkaufte seinen Stammsitz am Reinbeker Schloss

Pünktlich zum 100-jährigen Bestehen des kommunalen Versorgers 1999 bahnte sich ein großer Wandel in der Stromversorgung an: Unter Wirtschaftsminister Günther Rexroth (FDP) wurde der deutsche Energiemarkt liberalisiert. Die Verbraucherinnen und Verbraucher durften ihre Energieversorger frei wählen. „Wir hatten zuvor unsere Kundschaft befragt“, berichtet Kanitz. „Gut die Hälfte wusste überhaupt nicht, von wem sie ihren Strom bezogen hatte.“ In diese Zeit fiel auch die Gründung der Vertriebsabteilung und die der neuen Kundenzeitschrift.

Mit der Jahrtausendwende verkaufte das E-Werk seinen Stammsitz am Schloss sowie ein weiteres Grundstück am Schlosspark und zog mit der Verwaltung an die Hermann-Körner-Straße 61. Wie das Versorgungsgebiet wurde auch der Unternehmenssitz beständig erweitert: Der Bau des Verwaltungstraktes, die Anlaufstelle für die Kunden sowie die Kundenparkplätze konnten durch die Verkäufe am Schloss ohne Schwierigkeiten gegenfinanziert werden. Mit den Jahren kamen noch zwei Fahrzeughallen hinzu, und der Verwaltungstrakt wurde aufgestockt.

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Wenn es sein musste, zog Kanitz wieder den Blaumann an

2000 bis 2001 kam die Zeit, als Thomas Kanitz in einigen Nächten wieder den Blaumann angezogen hatte, um seine Mitarbeiter zu unterstützen. Während der Konversion des Kasernengeländes in Wentorf zum Wohngebiet hatte das Team des E-Werks eine besondere Herausforderung zu meistern: „So viele Kabelrollen, Trafo-Häuser und Verteilerkästen wie damals habe ich sonst nie auf unserem Hof gesehen“, erinnert sich der Geschäftsführer. „Das war ein Riesenaufwand. Und ich habe noch heute Respekt vor meinen Mitarbeitern, dass sie das geschafft haben.“

Sechs Jahre später erhielt das E-Werk Sachsenwald einen komplett neuen Geschäftszweig hinzu: 2006 startete das Unternehmen mit dem Gasgeschäft durch. Denn damals hatte es die Konzession für die Gasversorgung Reinbeks gewonnen. Alle 20 Jahre laufen die Verträge der Versorger mit den Kommunen aus. Auf einen Schlag 5500 neue Kunden – wobei an jedem Zähler auch schon mal 50 Haushalte hängen können, wenn es sich um ein Mehrfamilienhaus handelt.

Das war ein Schritt, der gründlicher Vorbereitung bedurfte, an Personal, Material und Ansprechpartner für die Bürger. „Aber wir haben uns diesen Schritt gut überlegt“, erklärt Thomas Kanitz. „Wir haben immer nach der Überzeugung gehandelt, dass Energieversorgung in kommunale Hand gehört. Deshalb haben wir uns damals für die Gassparte beworben.“

E-Werk Sachsenwald verdoppelt auf ein Schlag Stromnetz

Ende 2010 liefen auch die Nutzungsverträge für Glinde, Oststeinbek und Barsbüttel aus. Das E-Werk Sachsenwald hat auch diese Konzessionen gewonnen. Das Stromnetz des E-Werkes hatte sich 2011 bis 2012 verdoppelt, die drei Kommunen traten als neue Gesellschafter mit ein. „Wir gehörten mit einem Schlag zu den großen Stadtwerken im Norden – das war die Geburtsstunde des E-Werkes Sachsenwald“, erklärt Kanitz.

Es sei eine große Herausforderung gewesen, die drei Stromnetze zu integrieren und zu modernisieren. 2015 kamen noch Oststeinbeks und Barsbüttels Gasnetze hinzu. Die Bewerbung um Glindes Gaskonzession läuft aktuell gerade. Seit 2010 zählen auch Wohltorf und Aumühle zum Versorgungsgebiet. Allein die Stromversorgung für Aumühle fehlt noch, diese Konzession läuft 2027 aus.

Thomas Kanitz präsentiert eine der 73 Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, die das E-Werk Sachsenwald errichtet hat – hier auf dem Parkplatz des Freizeitbades Reinbek.
Thomas Kanitz präsentiert eine der 73 Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, die das E-Werk Sachsenwald errichtet hat – hier auf dem Parkplatz des Freizeitbades Reinbek. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Ein Ausblick in die Zukunft des E-Werks Sachsenwald

Zum Blick in die Zukunft gehören neben der Wärmeversorgung zwei neue Sparten: die Elektromobilität und die Photovoltaik. Im E-Werk hat man im Norden Reinbeks und eventuell in Barsbüttel Gebiete für eigene Photovoltaikflächen im Blick. Der Fuhrpark des Unternehmens ist mittlerweile – bis auf die größeren Transporter – fast vollständig auf Elektrofahrzeuge umgerüstet. 73 Ladesäulen hat das E-Werk im Versorgungsgebiet errichtet, 22 sollen dieses Jahr noch gebaut werden. „Das ist immer noch eine Investition in die Zukunft“, sagt der Reinbeker. „Wir machen damit keinen Gewinn, aber mittlerweile erreichen wir die schwarze Null.“

Thomas Kanitz hat gutes Gefühl dabei, sein Amt in die Hände seines Nachfolgers Moritz Manthey (43) zu übergeben. „Das E-Werk Sachsenwald ist für künftige Projekte gut gerüstet“, sagt er. „Es hat eine ausgezeichnete Bonität und eine hohe Eigenkapitalquote. Es hat Spaß gemacht, das überschaubare Werk weiterzuentwickeln zu einem attraktiven Stadtwerk mit einer vernünftigen Größe.“ Er sei dankbar, so lange so partnerschaftlich mit den Kommunen zusammengearbeitet zu haben. „Es gab niemals Ärger“, stellt Thomas Kanitz fest.

Mehr Zeit für das Motorrad, die Aktivregion und das Haus

Die Wärmewende und die Weiterentwicklung der Stromnetze für Wärmepumpen, Elektromobilität und die vielen Einspeisungen durch die Photovoltaik werden die Herausforderungen der Zukunft werden – allerdings ohne Thomas Kanitz. Er will sich weiter seinem Ehrenamt als Vorsitzender der Aktivregion Sachsenwald, aber auch dem Sanierungsstau seines Hauses und seinem Motorrad, einer 1200er-Triumph, widmen. Zum 29. Februar will er sein Amt als Geschäftsführer niederlegen.

78,6 Prozent des E-Werks sind in kommunaler Hand. Genaugenommen gehören 43,2 Prozent den Reinbekerinnen und Reinbekern, 19,5 Prozent den Wentorferinnen und Wentorfer, 8,1 Prozent gehören den Glinderinnen und Glindern, 4,9 Prozent den Oststeinbekerinnen und Oststeinbekern sowie 2,3 Prozent den Barsbüttelerinnen und Barsbüttelern. Im Aufsichtsrat sind sowohl alle Bürgermeister der Kommunen als auch Politikerinnen und Politiker aller Kommunen vertreten. Die übrigen 21,5 Prozent gehören der Thüga-Gruppe.