Reinbek/Glinde. Mehr Ladesäulen, sinkende Preise: Das Unternehmen bringt die Mobilitätswende voran. Doch Händler bleiben auf ihren Autos sitzen.
Das E-Werk Sachsenwald macht Tempo bei der Mobilitätswende und installiert aktuell zwei neue Schnelllader mit 150 Kilowatt: einen direkt am Glinder Markt, den anderen am Ostkreuz-Center in Oststeinbek. „Hier in der Nähe der Autobahn 1 ist die Nachfrage besonders hoch“, sagt E-Werk Geschäftsführer Thomas Kanitz.
Damit baut der lokale Energieversorger seine Vorreiterrolle als Betreiber von Ladesäulen in der Region aus. „Wir betreiben aktuell 84 Ladesäulen in unserem Versorgungsgebiet“, sagt Kanitz. Im neuen Jahr soll die Zahl auf über 100 Säulen ansteigen, 22 weitere mit insgesamt 44 Ladepunkten kommen dazu. Zwei der 22 sind Schnelllader. Die werden dort installiert, wo sich viele Menschen für eine gewisse Zeit aufhalten: am Täbyplatz und bei Edeka Kratzmann an der Sachsenwaldstraße in Reinbek.
Bessere Ladeinfrastruktur als in Hamburg: E-Werk baut 22 neue Ladesäulen
Schon jetzt ist die Versorgung mit Ladepunkten in Reinbek, Glinde, Oststeinbek, Wentorf, Barsbüttel und Wohltorf und Aumühle statistisch gesehen besser als in Hamburg. Auf etwa 400 Einwohner kommt ein Ladepunkt. Das klingt erst einmal nicht viel, ist es aber. „Denn nur etwa 20 bis 30 Prozent der Energie der E-Mobilität wird im öffentlichen Raum getankt, die Mehrzahl zieht den Strom an der Wallbox des Arbeitgebers oder in der eigenen Garage“, sagt Moritz Manthey, Mitarbeiter beim E-Werk.
Doch längst nicht alle haben die Möglichkeit, eine eigene Wallbox installieren zu können und wollen trotzdem auf ein E-Auto umsteigen. „Uns erreichen immer wieder Kundenwünsche nach neuen Ladestationen“, sagt Kanitz. Wie die von Anwohnern der Mehrfamilienhäuser in der Straße Sandhöhe in Neuschönningstedt. Sie bekommen im neuen Jahr eine Ladestation. Zusätzlich werden fünf weitere im Reinbeker Stadtgebiet am Senefelder Ring, an der Schönningstedter Straße, an der Hermann Körner Straße, am Krabbenkamp und in der Siemensstraße installiert.
Jeweils vier weitere Säulen werden in Barsbüttel (Kielende, Buchenstraße, Zum Dicken Busch, Falkenstraße) und in Glinde (An der Au, In der Trift, Oher Weg, Biedenkamp), drei in Wentorf (Lange Asper, Schulstraße, Zwischen den Toren), zwei in Oststeinbek (Hamburger Kamp, Eichredder) und eine in Wohltorf (Alter Knick) installiert.
Noch verdient das E-Werk mit Ladestrom kein Geld
Rund 380.000 Euro investiert das E-Werk im neuen Jahr in den Ausbau der Ladeinfrastruktur und hofft auf eine Förderung von 85.000 Euro von der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein. Ob die kommt, ist noch unsicher. „Doch davon machen wir den Bau der Ladesäulen nicht abhängig“, sagt Geschäftsführer Kanitz, der die Förderung der Mobilitätswende als öffentlichen Auftrag wahrnimmt und froh ist, seine Gesellschafter hinter sich zu wissen.
Denn Geld verdient das E-Werk damit noch nicht. „Wir sind froh, wenn wir eine schwarze Null am Ende des Jahres schreiben – trotz steigender Abnahmemengen“, sagt Kanitz.
Keine Angst vor Überlastung der Stromnetze
Der Zuwachs in den vergangenen Jahren war enorm und hat sich von 2021 auf 2022 von 320.000 betankten Kilowattstunden auf 620.000 Kilowattstunden nahezu verdoppelt. Angst vor einer Überlastung der Stromnetze hat Kanitz nicht. Auch dann nicht, wenn weitere Stationen und Wallboxen hinzukommen. „Wir haben in den vergangenen 20 Jahren viel in den Ausbau unseres Stromnetzes investiert“, sagt er.
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Für dieses Jahr erwartet er nur einen kleinen Anstieg bei der abgenommenen Ladestrommenge. Das liegt sicher auch daran, dass der Verkauf von Stromern, insbesondere nach dem Auslaufen der Förderung für gewerbliche E-Autos Ende August, eingebrochen ist. Ein Viertel weniger E-Autos wurden bundesweit im November im Vergleich zum Vormonat zugelassen.
Der Anteil der Stromer an den gesamten Neuzulassungen betrug damit 18 Prozent, vermeldet der ADAC. Der Anteil an reinen Stromern auf deutschen Straßen ist mit 2,1 Prozent noch gering. „E-Autos werden bei uns aktuell kaum nachgefragt“, bestätigt Nihat Kocyigit, Geschäftsführer vom Autohaus Richard Schaumann in Reinbek.
Rahmenbedingungen sind aktuell alles andere als optimal
Ein Satz, den Jan-Nikolas Sontag, Geschäftsführer des Verbands fürs Kfz-Gewerbe in Schleswig-Holstein, gerade öfter hört. „Nach dem Boom ist nun eine gewisse Ernüchterung eingetreten“, sagt Sontag – sowohl bei den Händlern als auch bei deren Kunden. Ladeinfrastruktur, die teilweise hinterherhinkt, die gekürzte Förderung, hohe Anschaffungs- und Ladekosten: „Die Rahmenbedingungen sind aktuell alles andere als optimal, um die Mobilitätswende voranzubringen“, sagt Sontag, der davon berichtet, wie er am Vormittag länger nach einer freien Ladestation in der Hamburger Innenstadt suchen musste.
Bei einigen sei die Ernüchterung so groß, dass sie wieder zum Benziner wechseln. Diejenigen, die nun hoffen, dass die mangelnde Nachfrage zu Preisnachlässen führen könnte, muss Sontag enttäuschen. „Signale von den Herstellern gibt es dazu noch nicht.“ Stattdessen aber erhofft er sich neuen Schwung von den neuen E-Modellen im unteren Preissegment, die die Hersteller für das neue Jahr angekündigt haben.
Das Argument „hohe Ladekosten“ dürfte zumindest in der Region bald keines mehr sein: Ab 1. Januar sinkt der Preis pro Kilowattstunde an den E-Werk-Ladesäulen (mit E-Werk-Ladekarte) um neun auf dann 40 Cent.