Glinde. Mirco Tensfeldt macht nächsten Schritt auf der Karriereleiter. Warum der 46-Jährige schon zu früher Stunde im Büro aufschlägt.
Er ist hart im Nehmen: die Schulter dauerhaft geschädigt, dazu mehrere ausgeheilte Rippen- sowie andere Knochenbrüche. Wenn Mirco Tensfeldt von den Verletzungen erzählt, die er während seiner Berufslaufbahn erlitten hat, klingt das nicht so, als wolle er um Mitleid betteln. Es ist halt passiert, Mund abwischen und weitermachen. Nach diesem Motto ist der Stormarner verfahren. Die Blessuren hat sich der Polizist nicht bei Auseinandersetzungen mit Randalierern zugezogen, sondern in der Funktion als Einsatztrainer. Es waren Übungen mit jungen und alteingesessenen Kollegen, die für ihn schmerzhaft verliefen. Der 46-Jährige hat stets das große Ganze im Blick. In jener Rolle zum Beispiel, dass andere Beamte bestmöglich auf bestimmte Situationen vorbereitet sind. Das hat ihm Anerkennung gebracht. Sein bisheriges Wirken ist nun wieder mit einem Aufstieg belohnt worden. Tensfeldt hat den Chefposten auf der Glinder Polizeistation übernommen.
Dort ist er Vorgesetzter von 22 Kräften. Vorgänger Axel Schindler war zum Polizeiautobahn- und Bezirksrevier Bad Oldesloe gewechselt, leitet den sogenannten Fachdienst Bezirk. Vor drei Wochen hat der Neue sein Büro in der Wache am Oher Weg im Glinder Stadtzentrum bezogen. Die Wände sind kahl, und daran wird sich auch nichts ändern. Er mag es schlicht, sagt über sich mit einer Portion Selbstironie: „Ich bin ein fürchterlich langweiliger Beamter.“ Lediglich neben dem Fenster sind sechs kleine Polizeiabzeichen angebracht, eines davon stammt aus Schottland. Hinter seinem Stuhl hängen zwei Medaillen an der Pinnwand. Tensfeldt hat es vor vielen Jahren bei der Polizei-Landesmeisterschaft im Schießen als Zweiter aufs Treppchen geschafft. Wenn er etwas macht, dann gibt es keine halben Sachen. Diese Einstellung dürfte auch die Kommission in Kiel überzeugt haben, die ihn unter mehreren Bewerbern für die Leitungsstelle auswählte.
Mirco Tensfeldt ist mit vielfältigen Aufgaben betraut
„Ich möchte den Job merkbar ausüben und bestmögliche Ergebnisse erzielen“, sagt Tensfeldt. Derzeit befinde er sich noch in der Einarbeitungsphase. Viele Mitarbeiter kennt er bereits von Fortbildungen, auf denen er sein Wissen weitergegeben hat. Der Hauptkommissar betont, er habe nie einen Karriereplan gehabt. Die Dinge hätten sich so ergeben. Auf Streifenfahrt ist er am neuen Dienstort noch nicht gewesen. „Das wird aber kommen, wenn sich Personalengpässe ergeben etwa durch Krankheitsfälle.“
Tensfeldt ist jetzt als Organisator gefragt. Alle Berichte, die von den Mitarbeitern verfasst werden, gegen über seinen Tisch und werden gegengecheckt. Er kümmert sich um die Ausrüstung. Auf Streife tragen die Polizisten immer eine Schutzweste, inklusive Waffen und anderer Utensilien schleppen sie zehn bis zwölf Kilo zusätzliches Gewicht mit sich. Auch plant Tensfeldt Fortbildungen für Kollegen und muss, wie er sagt, das Gebäude im Blick haben. Ist zum Beispiel die Toilettenspülung kaputt oder ein Fenster undicht, regelt er die Sache. Wichtig sei ihm vor allem die Nachbereitung von Einsätzen, um Traumata im Kollegenkreis zu vermeiden. Es sind vielfältige Aufgaben, mit denen der Wachenchef betraut ist.
Bei einer Gefährdungslage rückt der Leiter mit aus
In der Regel arbeitet er montags bis freitags und ist vom Schichtdienst befreit. Zwischen 6 und 7 Uhr schlägt der Leiter im Büro auf und kann sich noch mit Kollegen austauschen, die in der Nacht gearbeitet haben und anschließend nach Hause gehen. Bei einer Gefährdungslage rückt Tensfeldt natürlich mit aus, ist auch an Wochenenden in solchen Momenten abrufbar.
Der gebürtige Bad Oldesloer hatte schon als Kind ein Faible für die Polizei, sagt: „Allgemein helfe ich gern Menschen, kann in meinem Job Missstände gezielt angehen.“ Nach der Fachholschulreife schlägt er die Beamtenlaufbahn ein im gehobenen Dienst als Kommissaranwärter. Drei Jahre dauert die Ausbildung an der Fachhochschule in Altenholz, in dieser Zeit macht er Praktika auf Wachen in Bargteheide und Trittau. Eine weitere Station ist die Polizeidirektion Eutin. An diesen Standorten lernt er das Handwerk eines Ordnungshüters „Zum Beispiel, wo die polizeilichen Eingriffsbefugnisse liegen“, sagt Tensfeldt und fügt hinzu: „Während der Ausbildung wird man mit einer neuen Welt konfrontiert. Die romantische Vorstellung vom Dorfsheriff wird in die richtige Bahn gelenkt.“
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1998 fängt er bei der Autobahnpolizei in Bad Oldesloe an, macht unter anderem Verkehrskontrollen und wird stellvertretender Dienstgruppenleiter. Tensfeldt absolviert die Fortbildung zum Einsatztrainer. „Das hat mich weitergebracht als Beamter auf der Straße.“ Es geht stetig aufwärts: 2007 Wechsel zu einer spezialisierten Einheit der Polizeidirektion Ratzeburg, dann zurück zur Autobahnpolizei als Dienstgruppenleiter und ab 2021 die selbige Funktion auf dem Revier in Bad Oldesloe. Im März 2023 übernimmt Tensfeldt den Sachgebietsleiterposten Verkehr in Ratzeburg. Und nun also Glinde. „Ich mache meinen Beruf niemals halbherzig, sondern mit vollem Engagement“, sagt der Wachenchef, ohne das Wort Erfolgsrezept in den Mund zu nehmen. Schlussendlich ist es aber diese Einstellung, die ihn vorangebracht hat.
Der leidenschaftliche Motorradfahrer besitzt eine KTM 800
Tensfeldt ist fest verwurzelt in Stormarn, lebt mit seiner Familie im Kreisgebiet. Er und seine Frau haben eine Tochter, die noch zur Schule geht. Seinen Wohnort verschweigt der Beamte, in sozialen Netzwerken wie Facebook ist er nicht aktiv. Er möchte das Risiko minimieren, im Internet angefeindet zu werden. Einigen Kollegen sei genau das passiert. „Man gerät in den Fokus der Öffentlichkeit. Kleinste Fehler werden teilweise kritisiert. Die Polizei ist oft der böse Bube.“ Ein bisschen Privates verrät die Führungskraft dann doch. Er unternehme viele Ausflüge mit der Familie und sei ein leidenschaftlicher Motorradfahrer. Seine Maschine: eine KTM 800.
Glindes neuer Wachenleiter hat viel erlebt bei der Polizei. Einiges bleibt hängen, vor allem Situationen, die einem nahegehen. Er erinnert sich an einen schweren Unfall auf der Autobahn zu Beginn seiner Laufbahn. Das Fahrzeug kam von der Fahrbahn ab, geriet in Brand. Drei Kinder starben. „Wir möchten Dinge regeln, in diesem Fall konnte man das nicht mehr.“ Er sei auch regelmäßig in Einsätzen gewesen gegen Bewaffnete. Verletzt wurde Tensfeldt dabei übrigens nie.