Großhansdorf. In Großhansdorf entsteht ein neues Gemeindehaus. Für die Kirche ist das Projekt auch ein Ausdruck ihrer Rolle in der Gesellschaft.

Die Konturen des 130 Quadratmeter großen Saals, in dem künftig Chor und Kantorei proben sowie Veranstaltungen stattfinden sollen, sind bereits deutlich zu erkennen: Am Sonntag hat die Ev.-Luth. Kirchengemeinde Großhansdorf mit einem Rohbaufest den bisherigen Baufortschritt des neuen Gemeindehauses gefeiert. Ende des Jahres soll der 2,5 Millionen teure Neubau fertig sein.

„Nach Jahren der Planung und Vorarbeit, die hinter uns liegen, ist es ein besonderer Moment, erstmals in unserem künftigen Gemeindehaus zusammenzukommen“, sagte die Vorsitzende des Großhansdorfer Kirchengemeinderates, Bettina Wache-Möhle, vor rund 50 Gästen.

Kirche Großhansdorf: Alle müssen sparen, aber eine Gemeinde expandiert

Unter ihnen waren neben Mitgliedern der Kirchengemeinde auch Vertreter der Volkshochschule (VHS), der Rosenhof-Seniorenwohnanlagen, der benachbarten Kita Bei den Rauhen Bergen und der Lokalpolitik. Diese und weitere Organisationen, Vereine und Verbände sollen die neuen Räumlichkeiten gemeinsam mit den Gruppen der Kirche nutzen.

Zudem soll die Akademie Großhansdorf in das Gebäude ziehen. Unter ihrem Dach bietet die Kirchengemeinde seit Mai 2022 Lesungen und Diskussionsabende zu verschiedenen, gesellschaftlich relevanten Themen an. Dabei kommen kirchliche und theologische Experten mit Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ins Gespräch. Bislang ist Veranstaltungsort die überdimensionierte Auferstehungskirche.

Expansion trotz sinkender Mitgliederzahl ist für Gemeinde kein Widerspruch

Das neue Gemeindehaus wird etwa 200 Quadratmeter größer als das alte Gebäude. Räumliche Expansion trotz Mitgliederrückgang und sinkender Einnahmen – für Wache-Möhle ist das kein Widerspruch. „Die Rolle der Kirche wird immer wieder angefragt“, sagt die Gemeinderatsvorsitzende. „Wir sind ein Akteur, der etwas zu sagen hat und der der Gesellschaft zur Verfügung stehen will.“

Das Gemeindehaus-Projekt sei Ausdruck des Anspruchs, als Kirche vor Ort die Funktion einer demokratiebildenden, gesellschaftspolitischen Kraft einzunehmen. „Unser Ziel war es von Anfang an, einen Ort der Begegnung zu schaffen, an dem wir ganz verschiedene Menschen und Gruppen miteinander in Kontakt bringen“, sagt Wache-Möhle.

Altes Gebäude aus dem Jahr 1977 war baufällig, verwinkelt und zu klein

In der Region fehle es derzeit an kleineren Veranstaltungsräumen für Tagungen, Lesungen und Seminare. „Dieses Gemeindehaus soll kein Ort ausschließlich für die Kirche sein“, betont sie. Deshalb habe die Gemeinde das Projekt bewusst unter das Motto „Raum für Großhansdorf“ gestellt.

Die Planungen für einen Neubau laufen bereits seit 2019. Das alte Gebäude aus dem Jahr 1977 war baufällig, verwinkelt und zu klein. Die Gemeinde verfügt über eine große Kantorei mit etwa 90 Mitgliedern. Selbst der große Saal bot nicht mehr ausreichend Platz für die Proben. Dem Nachwuchs – rund 40 Kinder und Jugendliche sind in der Evangelischen Jugend Großhansdorf aktiv – fehlt es an Gruppen- und Rückzugsräumen.

Eine Sanierung des Altbaus wäre deutlich teurer geworden

Der Kirchengemeinderat hatte verschiedene Varianten diskutiert, darunter eine Sanierung des Altbaus. Diese wäre laut Wache-Möhle aber deutlich teurer und unter energetischen Gesichtspunkten unwirtschaftlich gewesen. Zudem wäre das Platzproblem ungelöst geblieben. Stattdessen entschied sich das Gremium für einen Teilabriss und Erweiterungsbau. Der Entwurf stammt vom Hamburger Büro Wacker Zeiger Architekten.

Der nördliche, der Auferstehungskirche parallel gegenüber angeordnete Gebäudeflügel muss weichen. An seiner Stelle entsteht ein 220 Quadratmeter großer, teilweise zweigeschossiger Anbau. Dieser wird nach Norden und Westen hin größer als das bisherige Gebäude und im Erdgeschoss einen großen Saal für die Kantorei, den Chor und Veranstaltungen aufnehmen. 120 bis 130 Personen finden darin laut Architektin Laura Geldschläger künftig Platz.

Evangelische Jugend bekommt im Obergeschoss einen eigenen Bereich

Der Saal soll im vorderen Teil des Gebäudes entstehen und mit einer breiten, bodentiefen Fensterfront zum Kirchplatz ausgerichtet sein. Im hinteren Bereich ist ein kleinerer Gruppenraum vorgesehen, der durch einen separaten Eingang betreten werden und für private Veranstaltungen wie Trauerfeiern genutzt werden kann. Beide Räume sind durch eine Faltwand getrennt und können bei Bedarf verbunden werden.

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Im Obergeschoss ist ein Bereich für die Jugend angesiedelt. Die Jugendlichen erhalten eine Küche und eine Dusche, damit auch Übernachtungen im Gemeindehaus möglich sind. Nach Westen hin verfügt das Gebäude über eine große Dachterrasse, die über eine Freitreppe an der westlichen Seite erreichbar ist.

Ein großer Teil der Baukosten soll durch Spenden finanziert werden

Der Verbindungstrakt zwischen Kirche und Anbau bleibt erhalten, wird aber komplett entkernt. Er erhält eine Wohnküche, außerdem werden dort Sanitäranlagen und Büros angesiedelt. Das neue Gemeindehaus ist vollständig barrierefrei.

Finanziert werden soll der Neubau zu einem großen Teil durch Spenden. 30 Prozent der Kosten möchte die Gemeinde durch Fundraising eintreiben, weitere zehn Prozent durch Fördergeld. Unter anderem gibt es 500.000 Euro aus EU-Mitteln. Außerdem hat die Gemeinde einen Kredit über 1,5 Millionen Euro aufgenommen.

Bislang sind bereits rund 100.000 Euro an Spenden zusammengekommen

Für Bettina Wache-Möhle ist der Neubau ein Beispiel dafür, was durch ehrenamtliches Engagement erreicht werden kann. Bislang seien bereits rund 100.000 Euro an Spenden zusammengekommen, sagt die Kirchengemeinderatsvorsitzende. Gesammelt wird bei diversen Veranstaltungen. Unter anderem hat die Evangelische Jugend mehrere Galaabende mit Musik in der Auferstehungskirche organisiert.

Gemeinderatsvorsitzende ist zuversichtlich, dass der Zeitplan eingehalten wird

Die Gemeinde hoffe, zusätzlich noch Großspender für das Projekt zu gewinnen, sagt Wache-Möhle. Ziel sei es, dieselbe Summe an Spenden einzusammeln wie 2015 für die neue Orgel der Auferstehungskirche. Damals waren mehr als 850.000 Euro gespendet worden.

Nachdem der Rohbau nun steht, sollen als Nächstes die Fenster eingesetzt sowie die Decke des neuen Saals eingezogen werden. Der Zeitplan sei zwar ehrgeizig, sagt Wache-Möhle, doch sie sei zuversichtlich, dass die Kirchengemeinde ihre neue Heimstätte wie geplant zum Jahresende beziehen kann.