Großhansdorf. Kirchengemeinde wollte Personalie erst später publik machen. Wechsel wirft Fragen zur künftigen Stellenverteilung in der Region auf.

Auf der Homepage der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Großhansdorf-Schmalenbeck ist auch am vergangenen Wochenende kein Hinweis darauf zu finden, dass Pastor Matti Schindehütte bereits zum 1. Februar seinen Dienst in der Waldgemeinde quittiert. Auf Nachfrage unserer Redaktion, warum die Gemeinde mit der Information so lang hinterm Berg hält, sprechen sowohl Schindehütte als auch die Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Bettina Wache-Möhle, von einer „Null-Nachricht“. Also eine, die keinerlei relevanten Inhalt hat? Der Weggang des Pastors und vertrauten Seelsorgers dürfte zumindest in den Augen der Gläubigen nicht in diese Kategorie fallen.

Schindehütte sagt: „Für uns ist das ein sensibles Thema. Mit einer öffentlichen Bekanntgabe wäre zum jetzigen Zeitpunkt nichts gewonnen.“ Wache-Möhle erläutert das Vorgehen so: „Wir möchten Irritationen vermeiden. Wir verabschieden Herrn Schindehütte ja erst im März. Das ist der Zeitpunkt, zu dem wir eine Berichterstattung im Zuge der Verabschiedung bevorzugen.“ Diese Verfahrensweise wirft zumindest die Frage auf, wo die Prioritäten liegen: In der Pflege einer offenen Kommunikationskultur oder an anderer Stelle. Denn im Februar steht das Rohbaufest für das Gemeindehaus an. Damit dürfte das Prestigeobjekt in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Vorausgesetzt, es gibt keine anderen Nachrichten, die weniger positiv für die Gemeinde sind. Der Abschiedsgottesdienst mit Propst Tobias Woydack ist auf Sonntag, 10. März (17 Uhr), terminiert.

Pastor Schindehütte hat gute Gründe, Großhansdorf zu verlassen

Es ist ohnehin fraglich, warum „Irritationen“ aufkommen sollten, wenn es für Pastor Matti Schindehütte gute Gründe gibt, den Job zu wechseln. „Die Motivation für einen Wechsel in die Kirchengemeinde Bugenhagen-Groß Flottbek ist die Nähe zu meinen Eltern, die dort in der Nachbarschaft wohnen und im Alter weniger mobil sind. Wir freuen uns als Familie, mehr Nähe zu erleben.“ Schindehüttes Frau Katrin gehört zum Pfarrteam der Hamburger Hauptkirche St. Nikolai, die beiden haben vier Kinder. Durch seine Eltern habe er auch eine besondere Beziehung zur Flottbeker Kirche, so Matti Schindehütte. „Meine Mutter webte die liturgischen Antependien für den Kirchenraum.“ Später wurde sein Vater dort Gemeindepastor. Somit folgt sein Sohn, wenn auch nicht direkt, seinem Vater nach. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Matti Schindehütte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lässt.

„Am 30. November war das Verfahren abgeschlossen, in dem die neue Gemeinde der Besetzung zustimmen musste und auch die einzuhaltenden Fristen beendet waren, sodass Pastor Schindehütte wechseln konnte“, sagt Wache-Möhle. „In der Gemeindeversammlung haben wir am 3. Dezember umgehend darüber berichtet.“ Sie könne seine Beweggründe nachvollziehen. „Wir bedauern natürlich, dass er uns verlässt, verstehen ihn aber persönlich.“ Und weiter: „Er konfirmiert noch den laufenden Jahrgang. Das zeigt, dass er in gut abgestimmter Form geht.“ Außerdem bleibe er dem Projekt Gemeindehaus verbunden. „Insofern ist es kein vollkommener Abschied und hat auch gar nichts mit Disharmonie zu tun.“

Vertretungspastor ist bereits in der Kirchengemeinde tätig

Doch wie geht es für die Kirchengemeinde Großhansdorf nach seinem Weggang weiter? Immerhin hatte Schindehütte eine Vollzeitstelle, die – zumindest für eine Übergangszeit – nicht im vollen Umfang ausgefüllt werden kann. Denn Vertretungspastor Andreas Meyer-Träger hat bereits den Dienst für Pastorin Anna Cornelius übernommen, die sich derzeit in Elternzeit befindet. Wache-Möhle sagt: „Für Frau Cornelius haben wir eine vollumfängliche Vertretung bekommen von 50 Prozent.“ Somit hat Meyer-Träger nur noch Kapazitäten für eine halbe Stelle. Für Wache-Möhle trotzdem eine gute Nachricht, dass „wir in beiden Fällen dieselbe Person bekommen haben“. „Insofern können wir jetzt mal sagen, das ist ein Glück.“ Der Vorteil liegt auf der Hand: Meyer-Träger kann sich voll und ganz auf seine Aufgaben in Großhansdorf konzentrieren und muss nicht zwischen verschiedenen Gemeinden hin- und herwechseln.

Doch bevor die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin für Schindehütte überhaupt losgehen kann, muss geklärt werden, in welchem Umfang die Vakanz wieder besetzt werden soll. „Wir haben sehr darum gebeten, dass wir wieder eine volle Stelle ausschreiben dürfen“, sagt Wache-Möhle. Es sei ganz wichtig, dass sie voll nachbesetzt werde. Schindehütte sagt: „Der Wunsch der Großhansdorfer Kirchengemeinde ist klar, die Stelle wieder ganz zu besetzen.“

Stellen werden nicht pro Gemeinde, sondern regionsbezogen bemessen

Denn die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde in Trittau mit ihren aktuell knapp 3700 Mitgliedern wird von einer einzelnen Pastorin betreut, obwohl nach den Mitgliederzahlen eigentlich Anspruch auf 1,34 Stellen bestünde. In der Großhansdorfer Kirchengemeinde fallen die Mitgliederzahlen mit 3172 (Stand 4/2020) deutlich geringer aus, bei den Pfarrstellen besteht also ein Überhang. Die Stellenverteilung wirft Fragen auf: Warum hat beispielsweise der Sieker Pastor Christian Schack die Konfirmandenbetreuung für Trittau mit übernommen und warum nicht einer der beiden Pastoren in Großhansdorf? Müssten nicht diejenigen, die Kapazitäten über haben, die anderen, die unterbesetzt sind, unterstützen? Zumindest wenn sie wie Trittau, Siek, Lütjensee und Großhansdorf zu einer Region zusammengefasst sind. Sechs solcher Regionen gibt es in der Propstei Rahlstedt-Ahrensburg, die zum Kirchenkreis Hamburg-Ost zählt.

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Die Frage, ob der Kirchenkreis plane, die Vakanz in Großhansdorf durch eine Teilzeitstelle zu ersetzen oder die Pfarrstellen von Großhansdorf und Trittau der Zahl ihrer jeweiligen Gemeindemitglieder anzupassen, beantwortet Kirchenkreis-Sprecher Remmer Koch so: „Natürlich müssen und werden Gemeindegliederzahlen und Pfarrstellen einander angepasst.“ Im Kirchenkreis würden die Pfarrstellen aber nicht pro Gemeinde bemessen, sondern in den jeweiligen Regionen. „Die Planung geschieht mit allen beteiligten Kirchengemeinderäten in der Region, mit denen der Kirchenkreis sich in intensivem Gespräch befindet, um die Pfarrstellenplanung für die Zukunft gemeinsam zu gestalten.“ Wann der Prozess abgeschlossen sein werden, sei im Moment nicht abzusehen. „Aber sobald es dazu Entscheidungen gibt, werden die Gemeinden natürlich informiert werden.“

Kirchengemeinden gehen über Grenzen hinweg

„Es ist sinnvoll, dass wir uns als Region kollegial und kooperativ aufstellen“, findet auch Pastor Christian Schack. „Klein-klein geht nicht mehr, wir müssen jetzt zusammenarbeiten. Eine Gemeinde geht über Grenzen hinweg, in Zukunft müssen wir größer denken.“ Stefanie Günther teilt seine Sicht: „Die Mitgliederzahlen gehen immer mehr zurück.“ Miniprozente wie bei einer anteiligen Stellenbesetzung von 0,34 würden nicht mehr ausgeschrieben. „Das muss innerhalb in der Region geschehen.“ Mit der Schlussfolgerung, dass bei einer Zusammenlegung von Teilzeitstellen diese auch woanders als in Großhansdorf – beispielsweise in Trittau – angesiedelt sein könnten.

Stefanie Günther meint: „Gegenseitige Unterstützung ist wichtig.“ Möglichkeit zur Entlastung sieht Schack in einer übergeordneten Diakonstelle. 25 Prozent der Kosten würde der Kirchenkreis tragen, den Rest müssten die Gemeinden unter sich aufteilen. Ob das ein Modell für Großhansdorf ist, wird sich zeigen. Dem Vernehmen nach gibt Diakonin Jutta Holst ihr Amt zum Herbst auf.

Günther sieht die Entwicklung realistisch. „Man muss sich nichts vormachen, nach den Prognosen wird es in weiteren zehn Jahren in der gesamten Region vermutlich gerade noch 2,5 Pfarrstellen geben.“ Momentan werde diskutiert, mit wie viel Prozent die Stelle in Großhansdorf ausgeschrieben und wie die Verteilung der Aufgaben aussehen könne. „Ist ja logisch“, meint Günther. „Nirgendwo wird eine Pfarrstelle neu besetzt, ohne das genau überlegt wird, wie und in welcher Form die Zuständigkeiten in der Region geregelt werden.“ Es bleibt abzuwarten, ob dabei eine Einigung erzielt werden kann, die von allen mitgetragen wird. Sicher ist
jedenfalls: Die Gemeinden rücken künftig enger zusammen. Einzelkämpfer sind dabei fehl am Platz, vielmehr ist Teamgeist gefragt.