Hammoor. Trasse für Umgehungsstraße steht fest. Bald haben Bürger die Möglichkeit, die Pläne einzusehen. Millionen-Entschädigung für Landwirte.

Nach Jahren des Stillstands kommt Bewegung in die Ortsumgehung für das 1300-Einwohner-Dorf Hammoor. Das Planfeststellungsverfahren für die neue Trasse der Landesstraße 89 soll jetzt beginnen. Wie das Verkehrsministerium in Kiel bekannt gab, werden die Pläne für das Vorhaben ab Montag, 19. Februar, öffentlich ausgelegt.

Bis Montag, 18. März, besteht einen Monat lang die Möglichkeit, die Unterlagen einzusehen. Noch zwei Wochen länger, bis einschließlich Dienstag, 2. April, haben Bürger, Vereine und Interessengruppen Zeit, Kritik und Anregungen in Form von Einwendungen beim zuständigen Amt geltend zu machen. Alle Anmerkungen werden im Anschluss von der Behörde geprüft und vor der Genehmigung des Projektes gegeneinander abgewogen.

Ortsumgehung Hammoor nimmt nach jahrelangem Streit Form an

Über die Ortsumgehung wird in Hammoor bereits seit Jahrzehnten diskutiert. Die Gemeinde liegt zwischen der Stadt Bargteheide und dem Autobahnkreuz A1/A21. Das hat zur Folge, dass täglich nicht nur Tausende Pendler, sondern auch viele schwere Lastwagen auf dem Weg zwischen dem Bargteheider Gewerbegebiet und der Autobahn durch den Ort rollen. Anwohner klagen seit Jahrzehnten über Lärm und rücksichtslose Raser.

„Die L89 ist im Abschnitt zwischen der A21 und Bargteheide eine der am höchsten belasteten Landesstraßen in Schleswig-Holstein, unter der die Anwohner in Hammoor besonders leiden“, sagt Harald Haase, Sprecher des Kieler Verkehrsministeriums. Das Land hat die Umgehungsstraße zwar schon vor langer Zeit zugesagt, umgesetzt wurde das Vorhaben aber bis heute nicht.

Forderungen nach einer Umgehungsstraße gibt es seit 1986

Bereits 1986 forderte die Bürgerinitiative „Sichere Straße Hammoor“ die Ortsumgehung. 1987 begannen die ersten Planungen. Doch seitdem gab es immer wieder Verzögerungen. Die aktuellen Planungen laufen seit 2015,

Hammoors Bürgermeister Andreas Jendrejewski (Wählergemeinschaft AWH) ist deshalb froh, dass es nun vorangeht. „Der Durchgangsverkehr hat in den vergangenen Jahren noch zugenommen, die Belastung ist ungebrochen hoch“, sagt er. So sei etwa das Gewerbegebiet in Bargteheide weiter gewachsen, was auch zu einem höheren Verkehrsaufkommen geführt habe. „Insofern ist die Ortsumgehung für die Gemeinde weiterhin das zentrale Thema“, sagt der Bürgermeister.

Gemeinde stritt jahrelang zwischen eine nördlichen und einer südlichen Trasse

Einer Prognose für das Jahr 2030 zufolge würden ohne die Tangente voraussichtlich mehr als 15.000 Fahrzeuge täglich durch das Dorf fahren. Mit Ortsumgehung würden der Schätzung zufolge nur noch 1500 bis 1700 Autofahrer den Weg durch Hammoor wählen.

Doch das Projekt hat in Hammoor auch Gegner. Die finden sich vor allem in den Reihen der Landwirte, deren Ackerflächen die neue Straße zerschneiden wird. In der Vergangenheit gab es deshalb erbitterten Streit. Jahrelang waren Landwirte aus verschiedenen Teilen des Orts uneins, ob die Umgehungsstraße im Norden oder im Süden an der Gemeinde vorbeiführen soll.

Bereits 2007 hatte die Gemeindevertretung den Bau der Straße beschlossen

Keine der beiden Seiten wollte ihre Felder für das Vorhaben hergeben. Einige Landwirte drohten mit einer Sammelklage. Immer wieder gab es neue Ideen, immer wieder stießen die Planer auf neue Widerstände.

„Im Grundsatz sind sich alle einig, dass wir die Umgehungsstraße brauchen, nur einige wollen sie lieber auf der einen Seite der Gemeinde und andere auf der anderen“, fasst Andreas Jendrejewski den Konflikt zusammen. Anfang 2007 beschloss die Gemeindevertretung schließlich den Bau der Ortsumgehung. Ein „historischer Tag“, hieß es damals.

2015 wurden die Planungen noch einmal von vorn begonnen

Doch nichts passierte, bis 2012 eine Trasse im Süden festgelegt wurde. Die Entscheidung hielt nur drei Jahre: 2015 wurde das Planfeststellungsverfahren eingestellt, weil das Land erhebliche juristische Risiken sah. Die Planungen wurden neu aufgerollt. Schließlich fiel 2018 beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) die endgültige Entscheidung zugunsten einer Nordumgehung.

Diesmal sei die Planung rechtssicher, heißt es aus Kiel. Die neue Trasse soll an der Hauptstraße östlich des Katastrophenschutzzentrums beginnen und in Richtung Nordwesten um den Ort herumführen, um westlich des Gerkenfelder Wegs wieder in die Hauptstraße nach Bargteheide zu münden. Acht Meter Fahrbahnbreite soll sie bieten, zuzüglich 1,50 Meter Bankette an der Seite.

Ahrensburger Straße wird auf 500 Metern Länge nach Osten verlegt

Für eine bessere Anbindung soll außerdem die Ahrensburger Straße (K106) samt Einmündung in die L89 auf einem Abschnitt von 500 Metern nach Osten verschwenkt werden. Dadurch entsteht ein gemeinsamer Knoten zwischen K106, der neuen L89 und der Hauptstraße.

Zur Querung des Tremsbütteler Wegs ist eine Brücke vorgesehen, sodass die landwirtschaftlichen Fahrzeuge auf dem Feldweg unter der Umgehungsstraße hindurchfahren können. Ursprünglich war angedacht, den Tremsbütteler Weg auf einer Brücke über die L89 zu führen, doch diese Variante war in Hammoor auf entschiedenen Widerstand gestoßen, sodass der LBV noch einmal umplante.

Ministerium rechnet mit täglich rund 16.000 Fahrzeugen auf der Trasse

Der Gerkenfelder Weg, der derzeit als Feldweg weiter nach Norden in Richtung Tremsbüttel verläuft, wird künftig zur Sackgasse. Für Fußgänger und Radfahrer soll es eine Querungshilfe über die neue Umgehungsstraße geben. Entlang der Ortsumgehung sind außerdem Lärmschutzwände und Kollisionsschutzzäune für Fledermäuse vorgesehen.

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Das Verkehrsministerium rechnet damit, dass täglich rund 16.000 Fahrzeuge die Umgehungsstraße nutzen werden. Die Gesamtkosten liegen aktuellen Schätzungen zufolge bei rund 17 Millionen Euro. Da es sich bei der L89 um eine Landesstraße handelt, trägt Kiel die gesamte Summe.

1,5 Millionen Euro Entschädigung für Flächeneigentümer vorgesehen

1,5 Millionen Euro sind für die Entschädigung betroffener Flächeneigentümer vorgesehen. Wie viel das Land ihnen letztlich zahlt, ist noch offen. „Entschädigungsfragen werden im Zuge der Grunderwerbsverhandlungen geregelt, die derzeit noch nicht abgeschlossen sind“, sagt Ministeriumssprecher Haase.

Noch vollkommen offen ist der weitere Zeitplan. Sowohl die Gemeinde als auch das Ministerium wollen sich auf keinen Termin für den Baubeginn festlegen. Das hänge unter anderem davon ab, wie viele Einwendungen es im Planfeststellungsverfahren gebe und wie schnell die Vergabe der baulichen Leistungen gelinge, so Haase.

Klagen von Grundeigentümern könnten die Umsetzung verzögern

Grundeigentümer könnten die Umsetzung zudem mit Klagen verzögern. Derartige Absichten seien ihm derzeit nicht bekannt, ausschließen könne er das nicht, sagt Hammoors Bürgermeister Jendrejewski. „Ich rechne aber nicht damit, dass es dadurch zu erheblichen Verzögerungen kommen wird“, sagt er. Im Verkehrsministerium möchte man etwaige Klagen ebenfalls nicht ausschließen.

Jendrejewski setzt vor allem auf Transparenz und Kommunikation, um Akzeptanz auch bei den direkt betroffenen Anwohnern der geplanten Trasse zu erreichen. „Wir werden als Gemeinde einen Infobrief zu dem Planfeststellungsverfahren an alle Bürger verteilen“, sagt der Bürgermeister. Außerdem wolle er den LBV in den Ort einladen, damit die Hammoorer die Möglichkeit bekommen, Fragen zu stellen und Kritik anzusprechen.

Hammoors Bürgermeister spricht von „nächstem wichtigen Schritt“

„Wie viel Widerstand es am Ende gibt, müssen wir schauen“, sagt Jendrejewski. Auf jeden Fall sei der Beginn des Planfeststellungsverfahrens „der nächste wichtige Schritt“ auf dem Weg zur so lange gewünschten Ortsumgehung.

Die Planunterlagen können ab dem 19. Februar zu den gewohnten Öffnungszeiten im Ahrensburger Rathaus (Manfred-Samusch-Straße 5), im Bargteheider Rathaus (Rathausstraße 24-26), im Amt Bargteheide-Land (Eckhorst 34) sowie im Internet unter planfeststellung.bob-sh.de/plan/l89-ou-hammoor eingesehen werden.