Aurich/Glinde. Prozess gegen 46-Jährige vor dem Landgericht Aurich gestartet. Anklageschrift schildert die unfassbaren Qualen der drei Mädchen.

Vor dem Landgericht Aurich (Niedersachsen) hat am Montag, 5. Februar, der Prozess gegen eine 46 Jahre alte Frau aus Glinde begonnen. Gemeinsam mit dem 44 Jahre alten Vater der Kinder, der ebenfalls auf der Anklagebank sitzt, soll sie die drei gemeinsamen Töchter über Jahre schwer misshandelt haben.

Die Auricher Staatsanwaltschaft wirft der Mutter sexuellen Missbrauch, Freiheitsberaubung, vorsätzliche Körperverletzung und versuchte Zwangsprostitution in 195 Fällen vor (Az. 11 KLs 35/21). Der Vater soll in zwei Fällen gegenüber den Mädchen handgreiflich geworden sein. Die Taten sollen sich zwischen 2011 und 2016 in der niedersächsischen Stadt Emden ereignet haben, in der die Familie damals lebte. Die jüngste Tochter soll zum Zeitpunkt des ersten Übergriffs neun Jahre alt gewesen sei, die älteste elf.

Prozess gestartet: Glinderin soll Töchter jahrelang schwer misshandelt haben

Inzwischen sind die Eltern getrennt. Die Frau ist nach Glinde gezogen und neu verheiratet. Der Vater lebt weiterhin in Emden. An zahlreichen Taten soll auch eine weitere Verwandte beteiligt gewesen sein, die ebenfalls angeklagt ist, aber aus Krankheitsgründen am Montag nicht vor Gericht erscheinen konnte. Gegen die 44-Jährige aus Hinte im Landkreis Aurich soll nun in einem separaten Verfahren verhandelt werden.

Die Anklageschrift lässt erahnen, welches Martyrium die Mädchen über Jahre erlebten: Hunderte Male soll die Mutter die Kinder geschlagen, dazu teilweise einen Holzhammer und einen Feger genutzt haben. Außerdem soll sie ihren Töchtern wiederholt Schnittverletzungen an den Unterarmen zugefügt haben. In 181 Fällen soll die 46-Jährige die Mädchen mit Kabelbindern an den Handgelenken gefesselt und in einen Keller gesperrt haben.

Mutter und Verwandte wollten 15-Jährige an Bordell vermitteln

In einem Fall soll die Frau die Mädchen laut einer Gerichtssprecherin gezwungen haben, mit einer ätzenden Flüssigkeit Steine zu polieren, wobei sich die Kinder die Unterarme verletzt haben sollen. Gemeinsam mit der 44 Jahre alten Verwandten habe die Glinderin zudem eines der Mädchen mit einem Holzfeger vergewaltigt.

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Auch sollen die beiden Frauen versucht haben, eine Tochter im Alter von 15 Jahren als Prostituierte an ein Bordell in Emden zu vermitteln. Als sie das Mädchen dort hingebracht hätten, sei es aufgrund seines offensichtlich viel zu jungen Alters jedoch abgelehnt worden. Der jahrelange Missbrauch flog nach Angaben der Gerichtssprecherin erst auf, als eines der inzwischen volljährigen Mädchen sich deutlich später der Polizei anvertraute.

Da die Familie im Tatzeitraum in Emden lebte, wird das Verfahren vor dem Landgericht Aurich verhandelt.
Da die Familie im Tatzeitraum in Emden lebte, wird das Verfahren vor dem Landgericht Aurich verhandelt. © dpa | Mohssen Assanimoghaddam

Die 46-Jährige äußert sich vor Gericht hinter verschlossenen Türen

Das Landgericht Aurich hat für das Verfahren fünf Verhandlungstage angesetzt und mehrere Zeugen sowie einen Sachverständigen geladen. Letzterer soll eine Einschätzung dazu abgeben, inwieweit die Mutter schuldfähig ist. Sie leidet möglicherweise unter einer psychischen Erkrankung.

Die 46-Jährige äußerte sich am Montag hinter verschlossenen Türen zu den Vorwürfen. „Die Öffentlichkeit wurde für die Dauer der Einlassung auf Antrag der Verteidigung ausgeschlossen, weil sie unter anderem die psychiatrische Krankengeschichte der Angeklagten zum Gegenstand hatte“, so die Gerichtssprecherin.

Vater räumt die ihm zur last gelegten Körperverletungen ein

Der Vater räumte die beiden ihm zur Last gelegten Körperverletzungen ein. Anschließend hörte das Gericht auch zwei der drei Töchter. Die beiden jungen Frauen sagten zum Schutz ihrer Intimsphäre ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Der Prozess soll am Donnerstag, 15. Februar, fortgesetzt werden. Mit den Urteilen wird für den 5. März gerechnet.