Glinde. Ordnungsamt verteilte im vergangenen Jahr 4301 Strafzettel an zentraler Stelle. Bislang dürfen Fahrzeuge dort nur zwei Stunden stehen.
Mehr als 150.000 Euro hat die Stadt Glinde im vergangenen Jahr von Parksündern eingenommen. Exakt 7676 Knöllchen verteilten die Mitarbeiter des Ordnungsamtes, davon 4301 auf dem großen Platz am Markt mit seinen rund 300 Abstellmöglichkeiten für Autos. In 660 Fällen wurde dabei die Zeit überschritten, bei den anderen war keine Parkscheibe im Fahrzeug sichtbar. Die Nutzung der Stellflächen ist kostenfrei, tagsüber von montags bis freitags aber auf zwei Stunden begrenzt. Wer die Zeit überschreitet und erwischt wird, muss 20 Euro blechen. Jetzt gibt es einen Vorstoß aus der Politik, die Regel zu ändern.
Die CDU möchte auf einen Drei-Stunden-Takt umstellen. Das muss natürlich mit anderen Fraktionen abgestimmt werden. Gibt es eine Mehrheit für den Vorschlag, wird dieser umgesetzt. Und genauso wird es kommen. Die Stadt ist Eigentümer der Fläche, eine Entscheidung obliegt allein den Parteien. Früher konnte man dort ohne zeitliche Beschränkung den Pkw abstellen. 2004 wurde dann der Zwei-Stunden-Rhythmus ohne Ausnahme eingeführt und mit entsprechenden Schildern kenntlich gemacht. Bei Missachtungen gab es allerdings in der Regel keine Konsequenzen, weil es kaum zu Überprüfungen kam. „Die Polizei hat nur sporadisch kontrolliert“, sagt Andrea Köhler, Sachgebietsleiterin im Ordnungsamt und zuständig für Verkehrsangelegenheiten. „2019 hat die Stadt dann den ruhenden Verkehr vom Kreis übernommen.“
Parken mit Zeitbegrenzung gilt unter der Woche bis 18 Uhr
Seitdem überwachen Kräfte ihrer Abteilung mit Argusaugen das Geschehen und verteilen Strafzettel. Der 120-Minuten-Grundsatz gilt unter der Woche von 7 bis 18 sowie sonnabends von 7 bis 14 Uhr. „Damit begann auch der Ärger“, sagt Köhler. Unternehmer forderten zum Beispiel Langzeitstellplätze für Mitarbeiter und wären auch bereit gewesen, eine Pacht zu zahlen an die Stadt. Auf so einen Deal lässt sich die Kommune aber nicht ein. „Ziel ist es, den Einzelhandel zu unterstützen durch mehr Frequenz“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Demnach soll durch relativ zügige Wechsel auf den Abstellflächen ein erhöhtes Kundenaufkommen in den Geschäften erreicht werden. Früher nutzten Pendler aus abgelegenen Ecken der Stadt sowie anderen Kommunen den Parkplatz, um dann mit Bus und Bahn weiter nach Hamburg zum Arbeitsplatz zu gelangen. Solche Dauerparker will Glinde dort nicht.
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Laut Christdemokraten haben Besucher des Zentrums Kritik an der jetzigen Regel geübt. Zwei Stunden reichen ihnen nicht immer aus für den Friseur- oder Arzttermin. Für den Bauausschuss an diesem Donnerstag hat die Partei einen Antrag verfasst, eine Ausweitung auf 180 Minuten zu vollziehen. Die Sitzung im Bürgerhaus (Markt 2) beginnt um 19 Uhr. Nach einem Jahr Testphase will die CDU evaluieren, also schauen, was die Sache gebracht hat. Das ist aber noch nicht alles: Der Bürgermeister soll prüfen, wie ausreichend Parkplätze für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung in der Ortsmitte angeboten werden können. Dazu sagt der zweite stellvertretende Fraktionsvorsitzende Matthias Sacher: „Hinter dem Rathaus am Oher Weg belegen sie Kundenparkplätze. Das ist ein Problem.“ Er habe sich vor Kurzem einen Überblick verschafft, von zwölf Zonen seien neun durch Autos der städtischen Kräfte besetzt gewesen.
Unternehmer dreht an der Parkscheibe, um Strafe zu vermeiden
Sacher meint, es sei angesichts der Lage am Arbeitsmarkt wichtig, dem Personal Parkraum zur Verfügung zu stellen. Bei der Stadt sind mehrere Stellen vakant. Und das nicht erst seit heute. Der Politiker: „Wir haben Mitarbeiter mit langen Anfahrtswegen, wollen sie nicht verlieren.“ Um seine Angestellten sorgt sich auch Ricardo Spiegel, der am Marktplatz einen Friseursalon betreibt. Er und sein Team hatten Fahrzeuge lange auf einem öffentlich zugänglichen Gelände des Vermieters auf der Hinterseite des Gebäudes Richtung Hauptstraße kostenlos abgestellt. Das ist seit mehreren Monaten jedoch gesperrt. Also parken die Haarspezialisten wie viele andere Beschäftige von Firmen auf der städtischen Großfäche – und zahlen für Knöllchen.
Spiegel kassierte allein vom 14. bis 26. September vier Knöllchen wegen Überschreitung der Maximalverweildauer, lag 2023 bei den Strafzetteln im zweistelligen Bereich. Das machte ihn wütend. Seinen Unmut kommunizierte der Selbstständige zum Beispiel in der Einwohnerfragestunde einer politischen Gremiumssitzung. Er habe sich nach Alternativen in umliegenden Straßen ohne Parkzeitbegrenzung umgeschaut. Das Problem: Dort sei um 7.30 Uhr alles besetzt. „Ich drehe also weiter an der Scheibe“, sagt Spiegel. Das ist nicht erlaubt und wird ebenfalls sanktioniert. In diesem Jahr wurde dem Friseurmeister bislang einmal ein sogenanntes Verwarngeld auferlegt, weil zwei Stunden abgelaufen waren. Er schafft es nicht immer, die Parkscheibe zeitig nachzujustieren. „Wenn man es realistisch betrachtet, bringt mir die Streckung um 60 Minuten auch nichts.“ Die Personaldecke sei dünn und er könne nicht dauernd rauslaufen.
Menschen, die einen Arztbesuch machen ohne Terminvereinbarung sowie entsprechender Wartezeit, danach einkaufen und auch noch in ein Restaurant gehen, dürften das anders sehen. Sie hat die CDU im Blick. Die FDP wird nicht mitmachen. „Eine Dauerwelle mit Föhnen braucht manchmal mehr als zwei Stunden, aber dafür ändert man keine Regel“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Barbara Bednarz. Die SPD hält sich zwecks Abstimmungsverhalten noch zurück. Fraktionsvizin Marlies Kröpke: „Die Parkplätze sollen kostenlos bleiben. Ansonsten werden wir die Beratungen im Ausschuss abwarten und das Für und Wider abwägen.“ Bei Addition der Sitze kommen Christdemokraten und Grüne auf eine Mehrheit. Letztere sind laut Fraktionschefin Martina von Bargen mit den drei Stunden einverstanden.