Ahrensburg. Auf städtischen Grundstück sollen knapp 130 Einheiten entstehen, ein Großteil gefördert. Wie beide Projekte miteinander zusammenhängen.
Die Grünfläche zwischen der Kastanienallee und der Bahntrasse in Ahrensburg: Seit Jahren gibt es die Idee, auf dem städtischen Grundstück in zentraler Lagebezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Passiert ist bislang nichts. Nun steht fest: Bis mindestens 2030 wird sich daran nichts ändern. Grund ist der Bau der geplanten S4.
„Die Bahntrasse wird während der Bauphase für die S-Bahn als Umleitungsstrecke benötigt“, sagt Ahrensburgs Bürgermeister Eckart Boege. Im Gebiet der Schlossstadt müssen zahlreiche Brücken und Unterführungen erneuert und verbreitert werden, wenn die zusätzlichen Gleise für die S4 verlegt werden.
Wegen S4: Bau von Sozialwohnungen in Ahrensburg nicht möglich
Die Bauarbeiten für den Ahrensburger Abschnitt der neuen Linie, die ab Ende 2029 Hamburg-Altona über den Hauptbahnhof mit Bad Oldesloe verbinden soll, sollen Ende 2027 starten und zwei Jahre dauern. In dieser Zeit wird es in der Schlossstadt zahlreiche Straßensperrungen und Verkehrsbehinderungen geben.
Gleichzeitig hat ein Verkehrsgutachten ergeben, dass die Einmündung der Kastanienallee in die Bahntrasse umgestaltet werden müsste, um die neuen Wohnungen anzubinden. Bei einer Bebauung des rund 5900 Quadratmeter großen Grundstücks an der Ecke Kastanienallee/Bahntrasse würde der Verkehr dort der Prognose zufolge von jetzt 15 Fahrzeugen/Stunde in Spitzenzeiten auf 80 Fahrzeuge steigen.
Wenn sich Projekte überschneiden, wäre Verkehrschaos die Folge
Um Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu erreichen, sei ein Ausbau der Einmündung mit vier Meter breitem Geh- und Radweg, kleiner Linksabbiegespur von der Bahntrasse und Ampel sinnvoll. Während des Umbaus wäre eine Vollsperrung der Bahntrasse, die von der Innenstadt ins Gewerbegebiet Beimoor führt, erforderlich.
Würden sich dieser mit dem Bau der S4 zeitlich überschneiden, wäre ein Verkehrschaos die Folge, so Boege. Das Wohnungsbauprojekt noch vor Beginn der Arbeiten für die S-Bahn abzuschließen, sei unrealistisch. „Aufgrund von Personalknappheit im zuständigen Fachdienst Straßenwesen können wir das Projekt als Verwaltung kurzfristig weder umsetzen noch begleiten“, sagt der Bürgermeister.
Laut Bürgermeister warten mehr als 200 Antragsteller auf Sozialwohnung
„Im Ergebnis ist eine Wohnbebauung an der Kastanienallee erst nach dem Abschluss der S4-Bauarbeiten umsetzbar“, sagt Boege. Für Ahrensburg sei das „katastrophal“, so der Bürgermeister, der die Schaffung bezahlbaren Wohnraums bei seinem Amtsantritt im Mai 2021 als eine zentrale Aufgabe der kommenden Jahre bezeichnet hatte. „Wir haben derzeit mehr als 200 Bewerbungen auf geförderten Wohnraum, hinter einigen davon stehen bis zu fünfköpfige Haushalte“, sagt der Verwaltungschef.
Allerdings ist die S4 nicht der einzige Grund, der eine Bebauung des städtischen Grundstücks bislang verhindert hat. Die Pläne gibt es bereits seit 2015, eine entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans ist 2017 bereits erfolgt. Ursprünglich wollte der Ahrensburger Verein Heimat mit der Baufirma Otto Wulff an der Kastanienallee 127 Sozialwohnungen errichten, es gab bereits konkrete Entwürfe für die viergeschossigen Gebäude.
Erster Anlauf für das Projekt scheiterte 2019 an hohen Kosten
2019 dann das Aus: Der Gutachterausschuss des Kreises hatte für das Grundstück einen Marktwert von 375 Euro pro Quadratmeter festgestellt. Gleichzeitig darf die Stadt das Areal nicht zu einem günstigeren Preis abgeben, weil es sich dann um eine verbotene Quersubventionierung handeln würde.
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Hinzu seien wegen der nahen Bahngleise dann noch hohe Kosten für den Lärmschutz gekommen, wie Axel Bärendorf vom Verein Heimat damals erläuterte. „Das Projekt ließ sich dadurch nicht finanzieren.“ Die Verwaltung führte Gespräche mit anderen Interessenten, die das Projekt umsetzen wollten, allerdings nur mit maximal 70 Prozent öffentlich geförderten Wohnungen. Doch zu einer Übereinkunft kam es nicht.
Ahrensburger Politiker zeigen sich frustriert von dem Aus
Ahrensburger Politiker zeigen sich fraktionsübergreifend frustriert von dem vorläufigen Aus. „Die Situation ist mehr als ärgerlich, weil eine Wohnbebauung an der Stelle sehr gut umsetzbar wäre“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfdietrich Siller. „Die S4-Planung trifft uns leider mit voller Wucht“, sagt sein SPD-Pendant Béla Randschau.
Sowohl für Randschau als auch für die Grünen-Fraktionschefin Nadine Levenhagen hat das Projekt Kastanienallee trotz allem eine Zukunft. „Es ist weiterhin unser Ziel, an dem Standort so viel geförderten Wohnraum zu schaffen wie möglich“, so Levenhagen. Dazu sind beide Fraktionen auch bereit, das Grundstück an eine zu gründende kommunale Wohnungsbaugesellschaft des Kreises abzugeben, wie sie in Stormarn derzeit diskutiert wird.
FDP und Wählergemeinschaft bezweifeln Umsetzbarkeit des Vorhabens
FDP und WAB dagegen bezweifeln, dass das Projekt in der geplanten Form noch umsetzbar ist. „Der Verein Heimat hat uns klar gesagt, dass mit den zusätzlichen Vorgaben beim Lärmschutz und den Kosten für das Grundstück kein bezahlbarer Wohnraum realisierbar ist“, sagt FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi. Der Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft, Peter Egan, sieht in den derzeit hohen Baupreisen ein weiteres Problem. „Ich weiß nicht, welcher Investor aktuell noch Wohnungen für unter sieben Euro vermietet.“