Barsbüttel. Bauern demonstrieren am Montag friedlich gegen geplante Kürzungen. Wo Traktorkolonnen starten und welche Orte sie im Kreis passieren.
„Das war nicht in Ordnung. Der Mann hat keinen leichten Job, außerdem ist er auf einer Privatreise unterwegs gewesen“, sagt Heiko Soltau (53), Bezirksvorsitzender des Bauernverbands für den Bereich Südstormarn, über die Blockade einer Fähre mit Wirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstagabend im schleswig-holsteinischen Schlüttsiel. Rund 100 Landwirte hatten den Grünen-Politiker am Verlassen des Schiffs gehindert. Sie sind empört über die geplante Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel bis 2026. In diesem Jahr soll sie zunächst um 40 Prozent gekürzt werden. Das halten auch Stormarner Landwirte für unverantwortlich, üben jedoch anderen Protest. Sie kritisieren ebenfalls den Umgang mit dem Vizekanzler.
„Die Aktion symbolisiert, wie viel Druck auf dem Kessel ist. Dass es so ausgeufert ist, finde ich bedauerlich. Das wirft ein schlechtes Licht auf unseren Berufsstand. Ich vertrete den Standpunkt, dass die Prosteste im gesetzlichen Rahmen bleiben müssen“, sagt der Oststeinbeker Landwirt Timo Posewang. Durch höhere Ausgaben für den Kraftstoff habe er am Jahresende mehrere Tausend Euro weniger in der Kasse. Bislang bekamen Bauern eine Erstattung von 21,48 Cent pro Liter. Die fällt demnächst komplett weg. „Ich weiß nicht, wie ich das kompensieren soll. Wir zahlen höhere Löhne an Mitarbeiter, zudem haben sich die Preise für Düngemittel binnen drei Jahren verdoppelt“, so der 44-Jährige.
Landwirt Timo Ahlers verbraucht mehr als 25.000 Liter Diesel pro Jahr
Der Oststeinbeker hatte jüngst einen neuen Hühnerstall gebaut für artgerechte Tierhaltung. Kosten: rund eine Million Euro. Er hat dafür einen Kredit aufgenommen. Das Streichen von Subventionen ist für ihn auch deswegen ein Schlag ins Kontor. Posewang beteiligt sich in der kommenden Woche an einer Trecker-Demo in der Region gegen die Sparpläne der Bundesregierung. Der Bauernverband hat deutschlandweit zu einer Aktionswoche ab dem 8. Januar aufgerufen. Sie soll am 15. Januar in einer Großdemonstration in Berlin gipfeln.
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Besonders betroffen von den Plänen der Ampel-Koalition sind Ackerbaubetriebe, die für die Bewirtschaftung ihrer Flächen viel Kraftstoff einsetzen müssen. Aber auch in einem Milchviehbetrieb wird einiges an Diesel verbraucht, beispielsweise für die Futtergewinnung oder den Futtermischwagen. Timo Ahlers aus Hammoor betreibt Ackerbau und Schweinemast, ist auf 260 Hektar aktiv. „Ich benötige pro Jahr etwas mehr als 25.000 Liter Diesel“, sagt der 54-Jährige. Auch er habe dementsprechend Verluste von mehreren Tausend Euro. Ahlers wird sich ebenfalls einer Kolonne anschließen. Den Vorfall mit Habeck kommentiert er so: „Das kann nicht die Form sein, wie man miteinander umgeht.“
„Ampel ruiniert Landwirtschaft! Nicht mit uns!“ lautet ein Slogan
Diese Meinung vertreten auch fünf Landwirte, die am Freitagmorgen auf dem Hof von Heiko Soltau im Barsbütteler Ortsteil Willinghusen zusammengekommen sind. Sie haben ihre Traktoren mit Bannern versehen und auch einen Anhäger. „Ampel ruiniert Landwirtschaft! Nicht mit uns!“ lautet einer der Slogans. Die jüngsten abgeänderten Pläne, ursprünglich sollte auch die Begünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft gestrichen werden, sind für die Männer nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie verweisen unter anderem auf bereits erfolgte zusätzliche Belastungen wie Maut-Erhöhung, Kohlendioxid-Steuer und Mindestlohn.
„Die Agrardiesel-Erstattung bleibt für ein Mindestmaß an gleichen Wettbewerbsbedingungen in Europa notwendig. Wir setzen den Kraftstoff kaum im Straßenverkehr, aber immer für betriebliche Arbeiten ein – vergleichbar mit Maschinen in Industrie und Gewerbe“, sagt Soltau. Die Ernte könne derzeit nur durch den Einsatz von Dieselmotoren erledigt werden, weil es keine Maschinen mit Elektroantrieb gebe. Insofern laufe das Vorhaben der Ampel auf ein schlichtes Abkassieren von Landwirten und Verbrauchern hinaus.
Spediteure für Tiertransporte haben Preise erhöht
Soltau ist gegenüber Anschaffungen zugunsten des Klimaschutzes aufgeschlossen. Auf seinem Hallendach ist eine Solaranlage montiert. Er betreibt den Hof in 13. Generation, bewirtschaftet 180 Hektar samt Rinderhaltung. Seine Frau, Sohn, Tochter und der 84 Jahre alte Vater unterstützen ihn dabei. „Der Spediteur, der Rinder und Getreide transportiert, nimmt jetzt schon fünf Euro mehr pro Tier bei jeder Fahrt. Wir sind am Ende der Kette, können die Kosten nicht weitergeben.“
Dass Betriebe Mitarbeiter entlassen wegen der gestrichenen Steuererstattung, glaubt der Barsbütteler nicht. „Die Arbeit ist ja da und muss verrichtet werden. Es wird darauf hinauslaufen, dass wir weniger investieren etwa in neue Geräte für Pflanzenschutztechnik.“ Andreas Volbert ist Betriebsleiter auf dem Bernekehof in Barsbüttel mit seinen Erdbeerfeldern. Er beschäftigt im Sommer rund 40 Saisonkräfte und sagt: „Es trifft vor allem die kleinen Familienbetriebe.“ Volker Westphal aus Stapelfeld merkt an, dass der Beruf des Landwirts durch höhere finanzielle Belastungen und Bürokratie an Attraktivität verliere. Der 44-Jährige, der auf 120 Hektar Getreide anbaut und 70 Kühe hat, sagt: „Wir haben viel Zuspruch, weil es allgemein eine Unzufriedenheit mit der Politik gibt.“
Traktorenkolonnen werden den Verkehrsfluss beeinträchtigen
Ihrer Forderung, den Status quo beizubehalten, werden die Landwirte am kommenden Montag an mehreren Orten im Kreis Stormarn Nachdruck verleihen. Eine Traktorenkolonnenfahrt startet um 8 Uhr in Großensee. Sie führt über die Hamburger Straße nach Braak und weiter nach Stapelfeld. Wendepunkt ist an der Victoriaallee an der Landesgrenze. Von dort geht es zurück über Trittau, Rausdorfer und Gadebuscher Straße nach Großensee. Bei einer Tour mit Startpunkt in Dassendorf (Kreis Herzogtum Lauenburg) ist die Abfahrt bereits um 6 Uhr. Über die Bundesstraße 207 gelangen die Bauern nach Wentorf und am Reinbeker Schloss vorbei. Weitere Stellen, die passiert werden: Hermann-Körner-Straße und Gutenbergstraße im Gewerbegebiet sowie die Sachsenwaldstraße in Stormarns zweitgrößter Kommune. Zurück nach Dassendorf geht es über Aumühle.
Laut dem schleswig-holsteinischen Bauernverband wird es zu Beeinträchtigungen im Verkehrsfluss kommen. Die Aktionen seien mit den Behörden abgestimmt und Blockaden gleich welcher Art nicht geplant. Landwirte aus Stormarn und Herzogtum Lauenburg ist ein Schreiben zugegangen mit den Streckenverläufen. Darin heißt es unter anderem: „Radikales oder ungesetzliches Verhalten wird nicht geduldet und die Verursacher werden aus der Kolonne und von der Demonstration ausgeschlossen.“