Bad Oldesloe. Immer häufiger werden die Einsatzkräfte wegen Lappalien gerufen, beklagt Kreisbrandmeister Olaf Klaus. Oft ist die Dreistigkeit grenzenlos.
Es sind Momente, in denen Olaf Klaus nur den Kopf schütteln kann. Als Stormarns Kreisbrandmeister und Bad Oldesloes Gemeindewehrführer hat der langjährige Feuerwehrmann schon so einige Feuerwehreinsätze miterlebt: verheerende Brände, schwere Verkehrsunfälle, Naturkatastrophen.
Doch das ist nur die eine Seite der Medaille: „Es kommt immer häufiger vor, dass wir zu absolut unnötigen Einsätzen ausrücken“, so Klaus. Dass die Einsatzzahlen der Stormarner Feuerwehren seit Jahren ansteigen und sich auf einem Rekordhoch bewegen, habe zum Großteil mit dem Missbrauch des Notrufs zu tun.
Die Feuerwehr wird oft zu unnötigen Einsätzen gerufen
Klaus: „Einmal wurden wir gerufen, weil angeblich der Keller unter Wasser stand. Als wir dort waren, war das kaum mehr als eine Pfütze.“ Die Bewohner seien jung gewesen, nicht etwa alt und gebrechlich. „Wenn ältere Menschen unsere Hilfe brauchen, helfen wir selbstverständlich, das ist gar keine Frage. Aber die standen mit Händen in den Hosentaschen neben uns und haben erwartet, dass wir aufwischen.“
Diese „Dreistigkeit“ vieler Bürgerinnen und Bürger nehme immer weiter zu, beklagt der Kreisbrandmeister. Die Feuerwehr Bad Oldesloe ist 2023 bislang zu rund 370 Einsätzen ausgerückt. Klaus: „Etwa 30 davon waren unnötig.“ Vor etwa zehn Jahren noch wurde die Wehr der Kreisstadt im Schnitt 80 Mal im Jahr gerufen. Die immense Zunahme liege nicht nur an vermehrten Einsätzen wegen extremer Wetterphänomene, sondern auch daran, dass immer leichtfertiger die 112 gewählt werde.
Vielen Menschen ist nicht klar, dass die Feuerwehrleute ehrenamtlich helfen
Warum das so ist? „Viele Menschen haben eine völlig falsche Vorstellung von der Feuerwehr“, so Klaus. Das beobachte er vor allem bei Hamburgerinnen und Hamburgern, die in den Landkreis Stormarn ziehen. „Sie kennen aus der Stadt nur die Berufsfeuerwehr. Ihnen ist nicht klar, dass die Feuerwehren im Kreis ehrenamtlich tätig sind.“ Doch genauso ist es: Wenn die Kameradinnen und Kameraden alarmiert werden, lassen sie alles stehen und liegen, verlassen ihren Arbeitsplatz, die Familienfeier, das Bett.
So etwas wie der Klassiker unter den unnötigen Feuerwehreinsätzen sei der angeblich umgestürzte Baum, der die Straße versperrt. Klaus: „Vor Ort erweist er sich dann oft als winziger Ast, den der Anrufer selbst kurz hätte wegräumen können.“ Bei Sturm und Starkregen werden die Wehren gerne auch gerufen, wenn sich Pfützen auf Straßen bilden. Für Olaf Klaus ist das absurd: „Das Wasser fließt von selbst wieder ab. Wenn wir kommen, ist meistens schon nichts mehr da“, so der Kreiswehrführer.
Bürger wollen Holz kamingerecht geschnitten haben
Wenn im eigenen Garten Bäume umstürzen oder Äste abknicken, sei das ebenso wenig ein Fall für die Feuerwehr. „Dafür gibt es Gärtner und Gartenfachbetriebe. Wir sind für die Gefahrenabwehr zuständig. Wenn ein Baum auf ein Dach stürzt, leisten wir natürlich Hilfe“, so Klaus. „Aber wir schneiden Holz nicht kamingerecht und räumen nicht auf. Dass Leute uns nach solche Sachen fragen, ist alles schon vorgekommen. Dafür gibt es Gärtner.“
Vollgelaufene Keller können durchaus ein Fall für die Feuerwehr sein. „Aber nicht, wenn die Anrufer am Telefon behaupten, sie hätten 50 Zentimeter Wasser im Keller, wir kommen an und es sind nur fünf“, sagt Klaus. „Wir stellen uns da nicht zum Wischen hin.“ Gerade, wenn es wetterbedingt zu Flächenlagen komme, sei es besonders ärgerlich, wenn die Feuerwehrleute unnötig ausrücken. Klaus: „Sie fehlen dann dort, wo wirklich Notfälle sind.“ Im schlimmsten Fall kommen sie zu lebensbedrohlichen Einsätzen zu spät.
Menschen flunkern, um schneller aus einem Aufzug befreit zu werden
Auch wenn eine Person im Aufzug stecken bleibt, erfordert die Lage in den wenigsten Fällen, dass die Feuerwehr kommt. Das ist den Betroffenen aber oft egal. „Dafür gibt es normalerweise eine Notrufzentrale“, so Klaus. Die ist dafür zuständig, die Menschen aus dem Aufzug zu befreien. „Wir haben es schon erlebt, dass wir Leute aus dem Aufzug geholt haben und die uns gesagt haben: Mensch, das ging ja schnell. Die Notrufzentrale hat uns gesagt, ein Techniker komme erst in 45 Minuten. Wenn wir sagen, es geht uns schlecht, komme die Feuerwehr.“
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Wenn er bei solchen Einsätzen das Gespräch mit den Menschen sucht, sei oft nicht einmal Verständnis da. „Wenn wir schon den ganzen Tag oder die ganze Nacht unterwegs sind, fällt es irgendwann auch schwer, freundlich zu bleiben“, sagt Klaus. Wenn die Feuerwehr umsonst ausrückt, kann das für den Anrufer mitunter teuer werden. Wie koch die Kosten sind, regelt meist die Gebührensatzung der jeweiligen Stadt oder Gemeinde. „Wenn zum Beispiel in einer Firma durch einen Handwerker fälschlicherweise die Brandmeldeanlage ausgelöst wird und in Bad Oldesloe die Feuerwehr kommt, kostet das etwa 750 Euro“, so Klaus.
Wenn ein Rauchmelder offensichtlich falsch piept, ist es kein Fall für die Feuerwehr
Anders ist es indes bei Heimrauchmeldern. Wenn der losgeht und die Feuerwehr kommt, kostet das nichts. Klaus: „Rauchmelder in Wohnungen haben entscheidend dazu beigetragen, dass wir oft nur noch Entstehungsbrände bekämpfen und sich Feuer nicht zu größeren Bränden ausdehnt.“ Ärgerlich sei es für die Feuerwehr zum Beispiel dann, wenn ein Rauchmelder in einer leerstehenden Wohnung seit Stunden offensichtlich fälschlicherweise piepe und Nachbarn die Feuerwehr rufen, damit jemand für Ruhe sorgt. Klaus: „Da wäre die Hausverwaltung eher der richtige Ansprechpartner.“
Wenn es um Leib und Leben geht, sei in jedem Fall sofort die Feuerwehr zu alarmieren. „Im Zweifel hilft die Leitstelle auch weiter, denn die fragt ganz genau ab, um die Lage einzuschätzen“, so Klaus. Zur Weihnachtszeit rechnet der Kreisbrandmeister aktuell wieder mit einem erhöhten Einsatzaufkommen. Denn Kerzen in Adventsgestecken und Weihnachtsbäumen, aber auch in die Jahre gekommene Lichterketten sorgen für erhöhte Brandgefahr. „Kerzen sollten immer rechtzeitig gelöscht werden, bevor sie komplett heruntergebrannt sind und nicht unbeaufsichtigt gelassen werden“, so Klaus. Auch erinnert er daran, dass unbedingt Rauchmelder installiert sein sollten. „Auch wenn es Pflicht ist, sehe ich immer wieder Wohnungen, in denen sie fehlen.“