Glinde. Politik waren die Kosten für Sportanlage zu hoch. Amt habe Hinweis wegen hoher Arbeitsbelastung übersehen, so Glindes Bürgermeister.

Wer dieser Tage am Schulzentrum am Oher Weg in Glinde vorbeiläuft, der sieht, dass etwas neu ist. Noch sind Bagger und Bauarbeiter am Sportplatz nicht abgerückt. Doch die Weitsprunganlage ist kurz vor der Fertigstellung. Bis zu den Herbstferien sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. 300.000 Euro hat die Anlage gekostet. Doch: Sie hätte gar nicht gebaut werden dürfen, war die Baumaßnahme doch mit einem Sperrvermerk versehen. Wie konnte das passieren?

Es war der 1. September 2022, als der Bau einer neuen Weitsprunganlage am Schulzentrum im Glinder Bauausschuss von der Politik beschlossen wurde. Knapp vier Wochen später, am 26. September, wurde die Maßnahme auch im Kulturausschuss vorgestellt. Grund: Wiederkehrender Vandalismus und Glasscherben machten die bestehende Anlage quasi unbrauchbar. Sie befand sich am Schulzentrum in einem nicht eingezäunten Bereich und musste wegen des schlechten Zustandes gesperrt werden.

Die Weitsprunganlage soll durch die Verlegung vor Vandalismus geschützt werden

Um weiterhin Sicherheit zu für Sportler und Schüler zu gewährleisten, wurde ihre Verlegung in die eingezäunte Sportanlage am Schulzentrum beschlossen. 300.000 Euro wurden im Haushalt dafür vorgesehen. Von dem Geld sollten laut Sitzungsvorlage ein Halbkreis zwischen Fußballfeld und Laufbahn mit einem Kunststoffbelag versehen, zwei Sprunggruben und eine Kugelstoßanlage errichtet werden.

Doch: „Sowohl der CDU als auch den Grünen sind die Kosten unverhältnismäßig hoch vorgekommen“, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzender Lüder Lückel. In der gemeinsamen Sitzung von Hauptausschuss und Finanzausschuss am 24. November wurde die Maßnahme deshalb auf seinen Antrag hin mit einem Sperrvermerk belegt. Außerdem beauftragte er Bauamtsleiterin Fruzsina Ascherl, im Bauausschuss am 1. Dezember zu erläutern, wie die hohen Kosten zustande kommen. Laut Sitzungsprotokoll wurde der Antrag von Lückel einstimmig angenommen.

Eine Erläuterung der Kosten hat nie stattgefunden

Ein Blick ins Protokoll der Bauausschusssitzung zeigt aber, dass eine Erläuterung der Kosten nie stattgefunden hat. „Weder schaffte es die Angelegenheit auf die Tagesordnung, noch wurde unter den Mitteilungen der Verwaltung zu diesem Arbeitsauftrag Stellung genommen“, so der Grünen-Fraktionschef. Der Sperrvermerk wurde nicht aufgehoben, die Zweifel der Politik angesichts der hohen Kosten nicht ausgeräumt.

Trotzdem arbeiten die Bauarbeiter dieser Tage fleißig an der Fertigstellung der neuen Weitsprunganlage. Und nun das: Auf der Tagesordnung der Stadtvertretersitzung am Donnerstag, 12. Oktober, steht der Punkt „Aufhebung Sperrvermerk für die Maßnahme Umlegung Weitsprunggrube Oher Weg 24“. In der Vorlage dazu heißt es: „Der genannte Sperrvermerk wurde, auch aufgrund der hohen Auslastung im Sachgebiet 32, nicht wahrgenommen und somit nicht berücksichtigt.“ Das Sachgebiet 32 ist das Gebäude- und Liegenschaftsmanagement.

Grünen-Fraktionschef fordert eine Überprüfung des Falls durch die Kommunalaufsicht

Dass der Sperrvermerk nun nachträglich aufgehoben werden soll, sorgt bei Lüder Lückel für Ärger. In einer E-Mail wendete er sich an Bürgermeister Rainhard Zug, warf ihm darin verfehlte Personalpolitik vor und forderte, dass geprüft wirft, ob unrechtmäßig Steuergelder verwendet worden sind. Er fordert, dass die Kommunalaufsicht prüft, welche disziplinarischen Konsequenzen sich für die Verwaltung ergeben.

„Die Missachtung eines Sperrvermerkes mit einem Fehler zu begründen und dann durch die Politik heilen zu lassen, darf nicht das Ende vom Lied sein. Denn falls dem so wäre, können wir uns die Einrichtung eines Sperrvermerkes auch schenken, da diese offensichtlich keiner Beachtung bedürfen, wenn ihre Missachtung keine Konsequenzen nach sich zieht“, so der Grünen-Fraktionschef in seinem Schreiben an den Bürgermeister.

Bürgermeister Rainhard Zug räumt ein, dass ein Fehler passiert ist

Dass die Dinge sich wie in den Protokollen nachlesbar zugetragen haben, bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion Bürgermeister Rainhard Zug. „Es ist richtig, dass ein Fehler passiert ist“, sagt der Verwaltungschef. „Das ist ärgerlich, denn die Stadtvertretung hat die Budgethoheit. Sie hat entschieden, dass das Geld noch nicht ausgegeben werden soll und sie erst weitere Informationen haben möchte.“ Diese Informationen habe die Stadtverwaltung laut Zug zwar gehabt, aber eben nicht geliefert.

„Ich bedauere den Fehler, kann ihn aber natürlich nicht rückgängig machen“, so der Bürgermeister. Als der Sachverhalt Mitte September bekannt geworden sei, habe die Verwaltung unverzüglich gehandelt und das Thema auf die Tagesordnung der anstehenden Stadtvertretersitzung gesetzt. Die fehlenden Erläuterungen zu den Kosten sollen nachgeliefert und die Sache gerade gerückt werden. Zug sagt, er hoffe, dass die Politik der nachträglichen Aufhebung des Sperrvermerks zustimme.

Lüder Lückel wirft Bürgermeister Rainhard Zug verfehlte Personalpolitik vor

Ob das passiert, ist fraglich. „Ohne eine Stellungnahme der Kommunalaufsicht und die Beantwortung der gestellten Fragen wird unsere Fraktion der Aufhebung des Sperrvermerkes nicht zustimmen und bittet die Fraktionen der CDU, SPD und FDP um Unterstützung“, schrieb Lückel an den Bürgermeister. Er möchte von Zug unter anderem wissen, warum die Politik nicht früher in den Hauptausschusssitzungen informiert wurde, wie solche Fehler künftig vermieden werden sollen und welche Folgen es hat, wenn die Politik nicht bereit ist, den Sperrvermerk aufzuheben.

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Zu Lückels Kritik, seine verfehlte Personalpolitik sei schuld an dem Fehler, sagt Zug nur: „Der Vorwurf ist in dem Zusammenhang unklar.“ Er wolle mit Lüder Lückel dazu in den Dialog gehen. Gleichwohl räumte der Bürgermeister ein: „Natürlich ist die Arbeitsbelastung wie auch in anderen Bereichen der Verwaltung hoch.“ Ob der Fehler rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen wird, ist noch unklar.

Fest steht wohl aber schon jetzt, dass die entstehende Weitsprunganlage auch fertig gebaut wird. „Die Maßnahme ist notwendig und sinnvoll“, so Zug. Zumindest in dieser Sache scheinen er und der Grünen-Fraktionschef sich einig zu sein. Lückel: „Wir waren nie dagegen.“ Es sei lediglich um die Erläuterung der Kosten gegangen. Ob diese ihn und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter am Donnerstag bei der Stadtvertretersitzung ab 18 Uhr im Festsaal des Marcellin-Verbe-Hauses (Markt 2) überzeugen wird, bleibt abzuwarten.