Reinbek. Mit ihrem Dessousladen für Sondergrößen in Reinbek füllen zwei Frauen eine Marktlücke. Aber jetzt suchen sie Nachfolgerinnen.

Das, was Britta Rüffer und Angela Aldenhövel sich vor knapp 22 Jahren als Traum erfüllt haben, würden sie auch anderen Frauen gönnen: Die damaligen Nachbarinnen waren unzufrieden mit ihren Jobs und eröffneten deshalb einfach gemeinsam ihren eigenen Dessousladen. Den Anstoß hatte damals ein kleines Inserat in einem Anzeigenblatt für ein geradezu winziges Ladenlokal zur Miete an der Ladenzeile am Mühlenredder gegeben.

Daraus entstand „Kuck Mal!“, ein zuerst belächeltes und verrufenes, heute jedoch florierendes Fachgeschäft für Unterwäsche in Sondergrößen. Jetzt aber suchen die beiden Frauen einen Nachfolger. Oder besser: Nachfolgerinnen. Denn das Chefinnen-Team will am 22. Februar 2024 mit einer Punktlandung nach genau 22 Jahren gemeinsam aufhören. „Wir hatten eine tolle Zeit“, stellt Britta Rüffer fest. „Es ist einfach super, was wir gemeinsam auf die Beine gestellt haben. Aber meine Freundin Angela Aldenhöver ist jetzt im Rentenalter, und allein möchte ich nicht weitermachen.“

Dessousladen in Reinbek: Dafür reisen Frauen sogar aus Basel an

Eine kaufmännische Ausbildung hatten beide als Basis. „Die Miete der Ladenräume war günstig. Und wir haben uns damals gefragt, was gibt es nicht in jedem Kaufhaus?“, erzählt Angela Aldenhövel. „So sind wir auf Unterwäsche gekommen und haben uns im Großhandel umgeschaut und Messen besucht. Wir waren überrascht, was es alles an Sondergrößen gibt.“ So kam es, dass sich die beiden Jungunternehmerinnen auf Über- und Sondergrößen spezialisierten. Und damit ihre Marktnische fanden.

Nachfolge für das Kuck-Mal Dessous-Geschäft gesucht: Parkplätze vor der Tür gibt‘s auch.
Nachfolge für das Kuck-Mal Dessous-Geschäft gesucht: Parkplätze vor der Tür gibt‘s auch. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

„Andere Fachgeschäfte schicken ihre Kundinnen schon mal zu uns“, berichtet Aldenhövel. Denn die meisten Wäschegeschäfte können oft nur mit den Standardgrößen von 70 A bis 90 D dienen. „Wir haben BHs mit den Körbchengrößen AA bis O“, erklärt die Ladeninhaberin. „Und das in Hübsch und nicht bloß irgendwelche hautfarbenen Lappen.“

Dessousladen in Reinbek: Mitbewerber haben alle geschlossen

Die Unterbrustweiten seien dabei variabel von 60 bis 120 Zentimetern. Außerdem könne sie alles bestellen, was ihre Kundinnen wünschen. Und ihre Geschäftspartnerin erzählt: „Dafür kommen unsere Kundinnen sogar aus Basel, Celle, Esbjerg oder Husum nach Reinbek. Denn das, was sie bei uns kaufen können, bekommen sie nirgendwo anders.“ Deshalb gebe es Kundinnen, die auf Anruf kämen und alles kauften, was ihnen passe, wenn etwas in ihrer Größe eingetroffen ist.

Zuerst war das Geschäftsprojekt der beiden Unternehmerinnen verrufen. „In Reinbek ging zuerst das Gerücht, wir würden einen Sexshop eröffnen und Pornos unterm Ladentisch verkaufen“, erzählt Britta Rüffer lachend. Zu Beginn haben sie Verkaufspartys, Modenschauen bei Prahls Gasthof in Ohe und andere Events organisiert oder bei der Hochzeitsmesse im Schloss ausgestellt, um sich bekannt zu machen oder den Geschmack ihrer Kundschaft zu erkunden.

Dessousladen in Reinbek: Dieses Geschäft ist mehr als nur eine Nische

Doch während die Größenangaben bei manchem Leser nur das Kopfkino in Gang setzt, sieht das bei den betroffenen Frauen anders aus. „Viele dieser Frauen sind verzweifelt“, sagt Angela Aldenhövel. „Sie brauchen uns. Denn wir können alles bestellen.“

Während viele Wäschefachgeschäfte oder -abteilungen wie bei Karstadt oder Penndorf mittlerweile geschlossen seien, beispielsweise in Glinde oder Bergedorf, läuft die Geschäftsidee in Reinbek noch immer. Viele Kundinnen seien traurig bei dem Gedanken, dass es das Fachgeschäft bald nicht mehr geben könnte. In Glinde und Bergedorf gibt es zwar noch kleine Wäschegeschäfte, die nächsten mit Übergrößen aber gibt es in Winterhude oder in Lüneburg.

Ihr Berufsgeheimnis: Feingefühl bei der Beratung

Bademoden – auch in Sondergrößen – haben sie saisonunabhängig das ganze Jahr über. „Das interessiert insbesondere Fans von Kreuzfahrten“, sagt Angela Aldenhövel. Den Mitbewerbern und anderen Geschäftsinhabern ist das Lachen mittlerweile vergangen.

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„Wir haben auch Kunden, die schnell noch ein paar Nachthemden kaufen, weil ihre Frau ins St. Adolf-Stift muss, oder auch Frauen mit Brustamputationen“, erzählt Angela Aldenhövel. „Dafür braucht es Feingefühl bei der Beratung.“ Und das haben die beiden offenbar. „Wir erkennen gleich, welche Größe eine Kundin hat, sobald sie den Laden betritt“, sagt Rüffer. „Das ist eine Frage der Erfahrung.“

Einarbeitung der künftigen Chefinnen inklusive

Ihre 65 Jahre alte Kollegin verspricht: „Wir würden unsere Nachfolgerinnen noch vernünftig einarbeiten, sie im Januar auf die Messe begleiten, und ich könnte auch noch als Aushilfe weiterarbeiten.“

Rüffer hat auch in den vergangenen 22 Jahren in Teilzeit bei einer Krankenversicherung gearbeitet, denn sie war zeitweise alleinerziehend mit zwei Kindern. Deshalb habe sie auf Sicherheit gesetzt. Doch der Laden werfe genug ab, wenn man keine Großfamilie ernähren müsse. Die 58-Jährige möchte ab Februar in Vollzeit in ihrem Versicherungsjob arbeiten. Mittlerweile ist sie Personalrätin. „Ich möchte die Zeit als meine eigene Chefin nicht missen, aber ohne Angela kann ich mir das nicht vorstellen“, sagt sie.

Die Kundendatei umfasst 3000 Kontakte

Ihr Traum wäre es, wenn sie ihr Geschäft, ihr „Lebenswerk“, wie sie sagt, in gute Hände abgeben könnten. Inklusive Sortiment und einer umfassenden Kundenkartei mit 3000 Kontakten. „Es ist eine gute Lage, mit kostenlosen Parkplätzen vor der Tür“, wirbt Rüffer. Das Geschäft hat etwa 70 Quadratmeter und zwei geräumige Umkleidekabinen. Über den Preis müsse man sich einigen. Interessentinnen erreichen sie unter info@dessous-reinbek.de.

„Es macht schon Sinn, es zu zweit zu machen“, sind sich sowohl Rüffer als auch Aldenhövel einig. „So konnten wir uns gegenseitig vertreten, wenn eine krank war oder Urlaub machen wollte.“ Heute sind die beiden Frauen keine Nachbarinnen mehr, aber immer noch Freundinnen. „Vermutlich, weil wir nie gleichzeitig verkauft haben, sondern uns abgewechselt haben“, sagt Rüffer. Jede habe ihre Stammkundinnen. „Wir ergänzen uns. Angela Aldenhövel kümmert sich um die Finanzen, ich mich um das Marketing und Social Media.“