Reinbek. Wandel im Einzelhandel: Mit Eisenwaren in Kleinstmengen ist kein Geschäft mehr zu machen. Wie es mit dem Traditionsgeschäft weitergeht.

Es prangt groß an der Front über dem Laden: „Eisenwaren Ellermann Werkzeuge“. Doch jetzt, im 151. Geschäftsjahr, kommt die Kehrtwende. Das traditionsreiche Reinbeker Geschäft stellt sich neu auf. In dem 75 Quadratmeter großen Fachgeschäft (Postadresse Schmiedesberg 1) konnten Kunden neben einer ganzen Bandbreite an Werkzeugen auch Schrauben, Nägel und dergleichen kaufen. Entweder kartonweise oder sogar einzeln. Doch damit ist nun Schluss.

Nico Ellermann, der das Ladengeschäft im April 2012 in der fünften Generation von seinen Eltern übernahm, stellt jetzt schweren Herzens die Weichen: „Ich habe immer gern Werkzeuge und Schrauben verkauft“, sagt der 52-Jährige. In den vergangenen sechs Jahren sind die Verkaufszahlen der namensgebenden Eisenwaren aber drastisch eingebrochen. Die Inventuren der vergangenen Jahre haben es ans Licht gebracht: „Der Umsatz hat schlussendlich weniger als fünf Prozent ausgemacht. Teilweise habe ich an einer Schraube nur zwischen fünf und zehn Cent verdient, das rechnet sich einfach nicht mehr“, zieht er Bilanz.

Ellermann sagt Tschüs zu Schrauben und Werkzeug

Für viele Hand- und Heimwerker ist dies ebenfalls ein Abschied. Denn einzeln können sie Schrauben und Co. ansonsten nirgends mehr in der Region kaufen. Einzelne Basis-Werkzeuge wie Hammer oder Zange behält der Geschäftsmann noch im Sortiment. Den Großteil der Eisenwaren hat Nico Ellermann schon entsorgen lassen.

Die alten Schriftzüge kommen noch weg, das Geschäft aber startet schon jetzt in die Zukunft.
Die alten Schriftzüge kommen noch weg, das Geschäft aber startet schon jetzt in die Zukunft. © Denise Ariaane Funke  | Denise Ariaane Funke

Denn das Ehepaar braucht Platz für die vielen Haushalswaren, Küchenhelfer und Dekorationsartikel. Schließlich will das große Angebot, das von der Fischgrätenzange über das Schneidebrett bis zum Toaster reicht, gut präsentiert sein. Aus „Ellermanns Eisenwaren“ wird nun „Ellermann Reinbek“. An der neuen Homepage wird gerade noch auf Hochtouren gearbeitet. Für immer schließen Nico (52) und seine Frau Annika (36) Ellermann die Ladentür aber auf keinen Fall. Sie verändern lediglich ihre Angebotspalette. Jetzt bieten sie Haushaltshelfer sowie „Pütt und Pann“, Letztere in jeder Preiskategorie.

Haushaltshelfer von Qualität sichern die Zukunft

Die Ellermanns sehen in diesem Sortimentssegment die Zukunft. „Viele junge Frauen kommen zu uns, das Angebot kommt gut an. Der erste Ansturm auf das Weihnachtsfest ist sogar schon zu merken“, sagt Annika Ellermann. Den richtigen Riecher hatte bereits Nico Ellermanns Mutter Ursula „Uschi“ Ellermann, die im Jahr 2012 verstorben ist. „Meine Mutter hat immer gesagt: ‚Jung, nimm die Haushaltswaren mit rüber‘“, erinnert sich der heutige Geschäftsinhaber liebevoll. Nun sind sie wieder zu den Anfängen zurückgekehrt, denn mit „Pütt un Pann“ hat 151 Jahre zuvor alles begonnen.

1962 hat Nico Ellermanns Großmutter Martha Emma Alwine den Porzellanladen am Schmiedesberg 1.
1962 hat Nico Ellermanns Großmutter Martha Emma Alwine den Porzellanladen am Schmiedesberg 1. © Funke/ Ellermann | Denise A. Funke/ Ellermann

Denn hätte sich Nico Ellermanns Ururgroßvater 1872 nicht unsterblich in Johanna Cecilia Sophia Jacobsen verliebt, wäre er vermutlich nicht in Reinbek, sondern in New York, Boston oder Chicago hängengeblieben. Und so hätte das spätere Ehepaar wohl nicht das erste Ladengeschäft am Landhausplatz eröffnet und Reinbeks Eisenwaren-Dynastie gegründet.

1962 gründet die Großmutter den Porzellanladen

Urgroßvater Siegfried Ellermann lötete als gelernter Klempner schon vor 150 Jahren „Pütt un Pann“. Das Geld war damals knapp, kaputte Haushaltsgegenstände wurden durch den Klempner wieder auf Vordermann gebracht. Damals waren die Ellermanns mit ihrem Wohnhaus und der Werkstatt noch am Schmiedesberg 7 ansässig.

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Als sich die Zeiten änderten, hatte Adolf Ellermann, der Großvater von Nico Ellermann, die Nase vorn. Im Jahr 1962 eröffnete die Familie das neu gebaute Kaufhaus mit Adresse Schmiedesberg 1. „Damals gründete meine Oma Martha Emma Alwine (1919–1999) den Porzellanladen; dieser wurde wiederum 1983 von ihrer Schwiegertochter Ute übernommen und bis Anfang 2011 geführt“, berichtet der Geschäftsinhaber. Nico Ellermanns Mutter „Uschi“ hatte wiederum die Haushaltswarenabteilung unter ihren Fittichen.

Schlüsseldienst und Sicherheitstechnik bleiben erhalten

Den Schlüsseldienst betreibt der Firmeninhaber weiter, ebenso wie die Sicherheitstechnik. „Diese Arbeit hat mir schon immer viel Freude bereitet. Im Gegensatz zu den Baumärkten können wir sogar noch Zylinder in unserer Werkstatt reparieren. Demnächst baue ich eine riesige Schließanlage mit 300 Zylindern in Reinbek ein“, berichtet er.

Der Start des neuen Angebots wurde allerdings erschwert: Die Ellermanns hatten sich bereits auf den großen Ansturm, den das Weihnachtgeschäft mit sich bringt, vorbereitet. Die Waren waren dekoriert, alles war schick, dann kam ein Wasserschaden dazwischen: Eine der alten Leitungen in einer der Wohnungen über dem Laden war undicht geworden, das Wasser drang bis nach unten in den Laden. Doch der Verkauf ging weiter.

Der Verkauf geht auch während der Renovierung weiter

Doch die Ellermanns bleiben nach wie vor optimistisch, dass sie auch diese Hürde meistern. „Es ist zwar ärgerlich, dass wir während der Reparaturarbeiten nicht die gesamte Ladenfläche haben, aber der Verkauf geht auf jeden Fall weiter“, berichtet Optimist Ellermann. Einzelne Werkzeuge, Winterschlitten und Co. gibt es übrigens auch noch im Sortiment. Auch die beliebten „Hackenporsches“ bleiben nach wie vor im Angebot.