Barsbüttel. VHH am Pranger. Barsbütteler dokumentiert Missstände. Fahrer ignorieren auch Haltepunkt, Ein- und Ausstieg stattdesssen auf Kreuzung.

Der Frust ist groß bei Armin Pekrul. Der 39 Jahre alte Barsbütteler nutzt täglich den Bus und war mit diesem Fortbewegungsmittel lange Zeit zufrieden. Seit rund einem halben Jahr ist das anders. Er klagt über Falschfahrten auf der Linie 263, indem eine Haltestelle nicht berücksichtigt wird, und regelmäßige Ausfälle. In seiner Verzweiflung hat der Mann die Ortspolitik eingeschaltet, zum Beispiel den früheren Grünen-Fraktionsvorsitzenden Joachim Germer. Der sagt: „Ich habe weitere Beschwerden von Bürgern erhalten.“ Der Senior setzte daraufhin die Kreisverwaltung von den Missständen in Kenntnis, denn die wurde von den zuständigen Verkehrsunternehmen nicht informiert.

Vertragspartner des Kreises für die Linie 263, die von Großlohe über Stapelfeld und Barsbüttel zur U-Bahn-Station Wandsbek Markt und andersherum führt, ist die Hamburger Hochbahn AG (HHA). Sie setzt seit Ende April keine eigenen Busse mehr ein, benötigt das Personal für den Schienenersatzverkehr – zum Beispiel zwischen den U-Bahn-Haltestellen Billstedt und Rauhes Haus. Als Subunternehmer wählte sie die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) aus. Mit der Übernahme des Angebots häuften sich laut Pekrul die Probleme. Busfahrer bogen zum Beispiel nicht in die Straße Dorfring im Barsbütteler Ortsteil Stemwarde ab, wo sich der Haltepunkt an der Feuerwache befindet. Stattdessen stoppte der 263 an der Kreuzung an der Hauptstraße zum Ein- und Aussteigen.

Busbetriebshofleiter soll Fehler des Fahrpersonals abstellen

Pekrul, der gerade in Geschichte promoviert und einem 30-Stunden-Wochen-Job in Hamburg nachgeht sowie einer Aushilfstätigkeit, schrieb diverse Beschwerde-Mails an die VHH. Er hat die Mängel auch mit Fotos dokumentiert. Es ist eine Chronik des Versagens. Die Schreiben liegen dieser Redaktion vor. In jenem vom 26. Mai sind zwei Falschfahrten binnen einer Woche in Morgenstunden aufgeführt. „Die Fahrgäste an der Feuerwehr, egal ob Senioren oder kleine Schulkinder, mussten dann über die viel befahrene Kreuzung zwischen den Autos rüber hetzen. Das Unfallrisiko ist hier extrem hoch“, heißt es. Am 30. Mai folgt der Hinweis auf verschmutzte Sitzreihen. Und es geht weiter. Sonntag, 18. Juni: Bus hält falsch, Fahrer benutzt Navi. Am 26. Juni das identische Malheur. 13. September: zwei Busausfälle, am Tag darauf einer am Abend. Auch am 6. und 13. Oktober ist das der Fall. Vermerkt sind die exakten Uhrzeiten.

Der Bus hält auf der Kreuzung im Ortsteil Stemwarde. Kunden eilen von der Haltestelle Feuerwache, die nicht bedient wird, dorthin.
Der Bus hält auf der Kreuzung im Ortsteil Stemwarde. Kunden eilen von der Haltestelle Feuerwache, die nicht bedient wird, dorthin. © privat | Privat

„Alle reden über die Mobilitätswende. Aber eigentlich ist es keine Option, das Auto stehen zu lassen. Die Verbindung hier in Stemwarde war noch nie so unzuverlässig, permanente Falschfahrten und regelmäßige Busausfälle nerven“, sagt Pekrul. Das VHH-Beschwerdemanagement schrieb ihm am 30. Mai zurück. „Wir haben jetzt umgehend den zuständigen Betriebshofleiter in Glinde um eine Stellungnahme gebeten und ihn zusätzlich aufgefordert, auch beim Fahrpersonal im Bereich der Streckenkunde nachzubessern“, steht unter anderem in der E-Mail. Gebracht hat es offenbar nichts. Pekrul hat übrigens nur Defizite genannt zu Zeiten, wo er mit dem Bus unterwegs ist: am frühen Morgen sowie abends. „Ich möchte gar nicht wissen, wie oft solche Dinge im Laufe des Tages passieren“, sagt der verärgerte Barsbütteler.

Leistungseinschränkungen dauern laut Kreisverwaltung noch Monate an

Von Großlohe bis nach Willinghusen verkehrt die Linie 263 wochentags nur im Stundentakt, erst in der Weiterführung nach Hamburg sind die Intervalle kürzer. Fällt ein Bus auf Stormarner Gebiet aus, müssen Kunden lange auf den nächsten warten. „Die Performance ist nicht gut gewesen“, sagt Björn Schönefeld, bei der Kreisbehörde in Bad Oldesloe zuständig für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Er hätte sich auch gewünscht, vom Vertragspartner über die Situation in Kenntnis gesetzt zu werden. Das sei die Hamburger Hochbahn. Inzwischen hat Schönefeld mit HHA und VHH Rücksprache gehalten. Grund allen Übels sei der Personalmangel, das betreffe alle Verkehrsunternehmen. „An einzelnen Tagen kommt es leider auch zu Fahrten, die ersatzlos ausfallen“, so Schönefeld.

Ein verdreckter VHH-Bus auf der Linie 263. Ein Barsbütteler hat dieses Foto gemacht.
Ein verdreckter VHH-Bus auf der Linie 263. Ein Barsbütteler hat dieses Foto gemacht. © privat | Privat

Die unbesetzten Fahrten wurden laut dem Behördenmitarbeiter über die Leitstelle der VHH jeweils auch mit dem möglichen maximalen zeitlichen Vorlauf an jene der Hochbahn zurückgegeben und um Unterstützung gebeten. Offenbar sei es der HHA nicht in allen Fällen gelungen, die Leistung aufzufangen. „Es wird noch einige Monate punktuell zu Leistungseinschränkungen kommen“, sagt Schönefeld. Er betont, dass die Qualität der Busfahrer nicht mehr so hoch sei wie früher. „Die Kriterien für die Einstellung sind herabgesetzt worden.“ Damit begründet er die Falschfahrten.

Joachim Germer: Busse aus Zehn- oder 20-Minutentakt sind eher verzichtbar

Die VHH haben nun veranlasst, dass der Bordrechner dem Fahrer bei der Anfahrt auf Stemwarde eine von einem Ping-Ton begleitete Textnachricht mit den Worten „Achtung: Fahrweg in Stemwarde beachten“ anzeigt. Er wird damit daran erinnert, die Abzweigung Dorfring zu nehmen. Schönefeld: „Außerdem muss der Hinweis bestätigt werden, was wiederum von der Leitstelle registriert wird.“ Darüber hinaus solle Kontrollpersonal vor Ort eingesetzt werden für den Mann oder die Frau hinterm Steuer. Das alles hat Schönefeld inzwischen auch Pekrul mitgeteilt. Die Zahl der Fahrausfälle beim 263er-Bus ist seinen Angaben nach übrigens im Vergleich zu anderen Linien noch moderat.

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Joachim Germer sagt, die Personallage werde sich auch nach der Zeit des Schienenersatzverkehrs nicht entscheidend ändern. Er fordert bei Ausfällen einen Notfall-Fahrplan, in dem der Stundentakt der Linie 263 beibehalten wird. „Busse aus dem Zehn- oder 20-Minutentakt sind eher verzichtbar. Und es muss ein besseres Informationssystem aufgebaut werden. Aktuelle Änderungen sollte man linienbezogen per Handy abrufen können.“ Außerdem sollten größere Haltestellen mit einer elektronischen Anzeigetafel ausgestattet werden. Germer war nahezu 30 Jahre im Kreistag aktiv, wirkt jetzt noch im Ortsbeirat Stemwarde sowie im Barsbütteler Planungsausschuss mit. In der Hoffnung, dass seine Ideen umgesetzt werden, geht er diesen Weg: „Ich werde das über meine Nachfolger im Kreistag anregen.“