Bad Oldesloe. Kontroverse über ÖPNV im Kreistag. SPD: „Attraktive Umsteigemöglichkeit beleibt ungenutzt.“ Die Details.
Der Kreis Stormarn will die Busverbindungen im Süden deutlich verbessern. Davon sollen auch und vor allem die Bewohner im Amt Trittau profitieren, unter anderem durch die Einführung einer neuen Expresslinie zum U-Bahnhof Billstedt. Über deren Linienführung ist in der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses allerdings eine Kontroverse entbrannt. Die Kreistagsfraktion der SPD hatte die Einbindung von Neuschönnigstedt beantragt, ist damit jedoch gescheitert. Unstrittig sind hingegen Angebotserweiterungen für die Linien 433/533 zwischen Trittau und Aumühle sowie die Linie 237 zwischen Wentorf und Willinghusen.
Die Linie 433 ist bedeutsam für den Anschluss zur S-Bahnlinie 21 Richtung Hamburg am Bahnhof Aumühle. Momentan fahren die Busse hier von Montag bis Freitag im Stundentakt. „Der Fahrplan der Linie 433 ist aktuell extrem eng bemessen und weist zudem bei den Fahrten ab Aumühle in der morgendlichen Hauptverkehrszeit zwischen 6.20 Uhr und 8.20 Uhr eine zweistündige Lücke auf“, sagt Björn Schönefeld, ÖPNV-Experte der Kreisverwaltung. Beides führe dazu, dass die Linie bislang nur mit einem Fahrzeug gefahren werde.
Stormarn plant Expressbuslinie – zwei Orte gehen leer aus
Das soll sich zum nächsten Fahrplanwechsel Mitte Dezember ändern, indem die morgendliche Taktlücke geschlossen wird. „So kann der Stundentakt auch in diese Fahrtrichtung konsequent umgesetzt werden. Da das ohnehin den Einsatz eines zusätzlichen Fahrzeugs bedeutet, soll gleichzeitig die Gemeinde Hamfelde im Kreis Stormarn in den Linienverlauf aufgenommen werden“, erläutert Schönefeld.
Im Zuge dieser Maßnahme kann zugleich die Linie 533 von Kuddewörde nach Möhnsen im Kreis Herzogtum Lauenburg aufgewertet werden, die in Kuddewörde Anschluss zur Linie 433 hat. Geplant ist, die Linie 533 von Montag bis Freitag in den Hauptverkehrszeiten stündlich fahren zu lassen und den Linienweg bis Grande zu verlängern, um dort auch einen Anschluss an die neue Expresslinie X 33 zu ermöglichen.
Konsequenter 20-Minuten-Takt vorgesehen
Aufgewertet werden soll auch die Tangentiallinie 237 zwischen Wentorf und Willinghusen via Reinbek und Glinde. Sie verkehrt von Montag bis Sonnabend im Stundentakt und bietet Anschlüsse in Reinbek zur S 21 und in Willinghusen zur Buslinie 263. „Im nachfragestärksten Abschnitt zwischen Bahnhof Reinbek und Glinde Markt kommt es in den Hauptverkehrszeiten bereits heute zu Taktverdichtungen, die bisher jedoch nicht einheitlich sind“, erklärt Schönefeld.
Deshalb will der Kreis zum Fahrplanwechsel einen konsequenten 20-Minuten-Takt in beide Richtungen und in beiden Hauptverkehrszeiten zwischen Bahnhof Reinbek und Glinde Markt ermöglichen. Zudem soll auf Wunsch des Nachbarkreises Herzogtum Lauenburg die Linie 237 von Montag bis Freitag über Wentorf hinaus via Wohltorf zum Bahnhof Aumühle verlängert werden und somit beide Gemeinden besser anbinden. In Aumühle wäre dann ein Anschluss an die S 21 nach Hamburg sowie zur Buslinie 433 Richtung Trittau möglich.
Autobahn 24 soll für Express genutzt werden
Von dort mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller in die Metropole Hamburg zu gelangen, wünschen sich die Bewohner des Amts Trittau schon lange. Diesem Wunsch soll mit der Einführung der Linie X 33 nun entsprochen werden. Die sogenannten X-Press-Buslinien waren in Hamburg erstmals zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 eingeführt worden.
„Sie dienen der Erschließung schnellbahnferner Siedlungen und lassen auf ihrem Weg zu den S- und U-Bahnhöfen des HVV-Netzes die meisten Haltestellen normaler Buslinien aus“, so Schönefeld. Das Konzept des X 33 mit zwölf Haltestellen basiere auf dem heutigen Angebot der Linie 333 zwischen Trittau und dem U-Bahnhof Steinfurter Allee. Allerdings sollen Neuschönningstedt und Glinde unter Nutzung der Autobahnen 24 und 1 umfahren werden.
SPD: Über die Landstraße ebenso schnell
Das allerdings mochte die SPD nicht unwidersprochen hinnehmen. „Damit würde Neuschönnigstedt, der mit etwa 8000 Einwohnern größte Stadtteil Reinbeks, von der Expressbuslinie abgeschnitten und attraktive Umsteigemöglichkeiten, etwa am Haidkrug, ungenutzt bleiben“, argumentierte Sozialdemokrat Reinhard Niegengerd.
Eine Verlegung der Streckenführung auf die parallel verlaufende Landstraße dürfte seiner Meinung nach keine nennenswerte Einbuße bei der Fahrzeit nach sich ziehen, da sowohl auf der Landstraße als auch auf der A 24 Tempo 100 möglich sei. „Ein höheres Fahrgastaufkommen würde den minimalen Zeitverlust sicher rechtfertigen“, so Niegengerd.
Zeitgewinn von bis zu 20 Minuten ist möglich
Das beurteilten HVV und die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) indes anders. Deren Analyse zufolge beträgt der Reisezeitvorteil gegenüber der Linie 333 in den Hauptverkehrszeiten morgens gen Hamburg bis zu 20 Minuten und nachmittags retour bis zu 16 Minuten. Bei Halts in Neuschönningstedt wären es jeweils sieben Minuten weniger.
„Das Kriterium Geschwindigkeitsvorteil spielt bei den Expresslinien die maßgebliche Rolle“, betonte ÖPNV-Fachmann Björn Schönefeld. Außerdem seien Neuschönnigstedt und Glinde durch andere Linien mit teilweise kurzen Taktzeiten bereits bestens angebunden. Das sehe in ländlichen Kommunen wie Trittau, Grande und Witzhave deutlich anders aus.
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Dieser Ansicht waren im Verkehrsausschuss auch die Vertreter der Grünen und der CDU. „Der Zeitgewinn für die Kommunen jenseits der A24 würde sich deutlich abschwächen, den großen Gewinn für Fahrgäste aus Neuschönningstedt und Glinde können wir hingegen nicht sehen“, sagte Joachim Germer (Grüne). Bei der SPD sei ihm zu viel Lokalkolorit im Spiel. Christdemokrat Dennis Möck bezeichnete den SPD-Antrag als netten Versuch, im Wahlkampf punkten zu wollen.
So votierten nur die drei SPD-Abgeordneten für ihren Antrag, der letztlich mehrheitlich abgelehnt worden ist. Von den Mehrkosten für die drei geplanten Maßnahmen entfallen auf den Kreis Stormarn ab 2024 für die Linie 433 etwa 66.000 Euro pro Jahr, für die Linie 237 rund 123.000 Euro und für die Expresslinie 260.000 Euro. Die reduziert sich im nächsten Jahr durch eine Bundesförderung um 100.000 Euro, diese läuft aber aus. Somit müssen für alle drei Maßnahmen ab 2025 dann 449.000 Euro aufgebracht werden.