Glinde. Umsetzung dauert zu lange und Beschlüsse werden unterlaufen, moniert die Partei. Rainhard Zug wehrt sich. Was jetzt geplant ist.
Es ist ein Brandbrief über zwei DIN-A-4-Seiten, den die Glinder Grünen verfasst und Bürgermeister Rainhard Zug per E-Mail geschickt haben. Die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD und FDP sind in Kopie gesetzt. Die Partei kritisiert die Verwaltung, weil ihrer Ansicht nach zu wenig Tempo bei der Umsetzung des 2020 beschlossenen Radverkehrskonzepts gemacht wird. Außerdem bemängelt sie, dass das Rathaus ungenügend informiert bei dem Thema.
Im fünften Absatz des Dokuments schreiben die Grünen: „Es entsteht leider der Eindruck einer sich eigenmächtig über die von der politischen Ebene getroffenen Beschlüsse und Nachfragen hinwegsetzenden Verwaltung, die sich zudem weigert, Transparenz über ihre Tätigkeit herzustellen. Das Verhalten der Verwaltung wirft damit die Frage nach ordnungs- und rechtmäßigem Verwaltungshandeln auf.“ Sie habe es versäumt, der vom Bauausschuss bereits im Februar 2022 beschlossenen vierteljährlichen Berichtspflicht nachzukommen.
Im Glinder Tiefbauamt sind nur zwei Personen beschäftigt
„Wir hatten eine Prioritätensetzung erhofft und dass schnell mit solchen Maßnahmen begonnen wird, die einfach umzusetzen sind. Passiert ist dann wenig bis nichts“, sagt Grünen-Politiker Wolf Tank. „Da die mit der Angelegenheit betrauten Mitarbeiter augenscheinlich, warum auch immer, nicht in der Lage sind, in der Sache weiterzukommen, haben wir den Bürgermeister aufgefordert, sich persönlich darum zu kümmern.“ Im September hatte die Verwaltung bei einer Gremiumssitzung unter anderem enge Personalkapazitäten als Grund genannt, die ein zügiges Vorankommen verhindern. Die Grünen finden, dass man dieses Manko früher hätte kommunizieren müssen.
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Dass sie nun gegen Zug stänkern und ihn persönlich angeschrieben haben, dazu sagt FDP-Fraktionschef Thomas Kopsch: „Anlass genug für Kritik gibt es. Die Umsetzung von Beschlüssen lässt zu wünschen übrig. Es ist an vielen Stellen ein Trauerspiel. Der Tonlage würde ich mich aber nicht anschließen.“ Eingebunden in das Radverkehrskonzept ist das Tiefbauamt. Dort sind aber nur zwei Personen beschäftigt, ein Bautechniker, der zugleich Wegewart ist, sowie ein Ingenieur. Die beiden Mitarbeiter sind bereits ausgelastet. Ohne Personalzuwachs in der Abteilung wird man keine großen Fortschritte machen, fürchten Entscheidungsträger.
Bürgermeister nennt Finanzen als einen begrenzenden Faktor
Deshalb haben Grüne, SPD und Liberale einen gemeinsamen Antrag gestellt für den Bauausschuss am kommenden Donnerstag. Sie wollen 2024 eine unbefristete Vollzeitstelle für die Tiefbauabteilung schaffen. Der oder die Auserwählte soll sich vorrangig mit der Umsetzung des Radkonzepts befassen. „Längerfristig können auch Kapazitäten dieser Stelle – sofern nicht durch den Themenkomplex Radverkehr gebunden – für die allgemeine Verkehrsplanung und die Sanierung von Wegen, Straßen und Plätzen eingesetzt werden, da das Tiefbauamt hier einen großen Personalbedarf hat“, heißt es in dem Antrag.
Rainhard Zug sagt, er könne die Unzufriedenheit über mangelnden Informationsfluss nicht nachvollziehen. Die Verwaltung versuche immer, Auskunft zu geben. Und auch zum Vorwurf, es gehe nicht schnell genug, äußert sich der Bürgermeister gegenüber dieser Redaktion: „Es gibt begrenzende Faktoren wie Finanzen. Wir hatten die Priorisierung über viele Jahre auf Schulen, Kitas und Horte gelegt.“ Vor Kurzem wurden Umbau und Sanierung des naturwissenschaftlichen Bereichs im Schulzentrum am Oher Weg abgeschlossen. Rund vier Millionen Euro waren dafür aufzubringen. Derzeit wird die Grundschule Tannenweg erweitert. Sie erhält ein Gebäude mit Mensa samt Küche, zusätzlichen Horträumen, zehn Klassen- und fünf Differenzierungszimmern. Das kostet rund elf Millionen Euro.„Außerdem kann man einen Radweg nicht isoliert bauen, das ist zu teuer. Es macht nur Sinn, wenn Straße und Gehweg inklusive Beleuchtung parallel angefasst werden“, sagt Glindes Rathauschef.
Das Radverkehrskonzept der Stadt umfasst 126 Seiten. Darin sind Dutzende Verbesserungen gelistet. Zwölf sind mit der Priorität „hoch“ gekennzeichnet, darunter Fahrradabstellanlagen, Grünverbindung vom Holstenkamp nach Schönningstedt und Attraktivierung der Nebenroute quer durch das Zentrum. Ganz untätig war man nicht. So wurde im Frühjahr das Fahrradparkhaus am Verwaltungsgebäude fertiggestellt. Kosten: 85.000 Euro. Es verfügt über eine Photovoltaikanlage und hat ein Gründach, um Regenwasser aufzunehmen und die durch den Bau versiegelte Fläche auszugleichen. Nebenbei dienen die Pflanzen auf dem Dach als Nahrungsquelle und Lebensraum für Insekten. An der Straße Hinter den Tannen wurde zudem eine Querung für Radfahrer eingerichtet, Streifen an mehreren Stellen in der Kommune rot markiert.