Ahrensburg. Bürger befürchten, dass S-Bahn Pendler aus dem Umland anzieht, die per Auto zu den Bahnhöfen fahren. Es gibt auch ein anderes Problem.
Ab Ende 2029 soll die S4 zwischen Bad Oldesloe und Hamburg-Altona fahren und Pendlern eine attraktivere und zuverlässigere Verbindung in die Hamburger Innenstadt bieten. Mit bis zu 250.000 Menschen in der Region, die von der S-Bahn profitieren, rechnen die Deutsche Bahn und die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. In Ahrensburg soll es in den Hauptverkehrszeiten einen Zehn-Minuten-Takt zum Hauptbahnhof geben.
Trotz der verkehrlichen Vorteile steht das 1,85-Milliarden-Euro-Projekt in der Schlossstadt in der Kritik. Bis zu sechs Meter hohe Lärmschutzwände quer durch die Stadt, Bauarbeiten im Naturschutzgebiet Tunneltal und massive Verkehrsbeeinträchtigungen während der zweijährigen Bauzeit von 2027 bis 2029 sorgen dafür, dass viele Ahrensburger mit Ablehnung auf die S4 blicken. Eine andere Sorge: Die S-Bahn könnte zu einem Verkehrschaos führen, wenn verstärkt Pendler aus dem Umland mit dem Auto in die Schlossstadt kommen, um dort zur Weiterfahrt nach Hamburg auf die S4 umzusteigen. Denn Parkplätze in Bahnhofnähe sind schon jetzt begrenzt.
Parkplätze an Bahnhöfen für S4: Das plant Ahrensburg gegen Verkehrschaos
Die Problematik war auch Thema bei der jüngsten Einwohnerversammlung zu dem Großprojekt am vergangenen Mittwoch. Die neue Verbindung werde aufgrund ihrer Attraktivität deutlich mehr Menschen anziehen als jetzt die Regionalbahn, so die Befürchtung, die mehrere Bürger äußerten.
Experten des Hamburger Senats prognostizieren, dass sich die Zahl der Fahrgäste im Vergleich zur heutigen Regionalbahnlinie RB81, die durch die S4 ersetzt werden soll, fast verdreifachen wird – von täglich 24.500 im Jahr 2018 auf 71.600 allein im Streckenabschnitt vom neuen Bahnhof Claudiusstraße in Hamburg bis Bad Oldesloe. Insbesondere am Bahnhof Ahrensburg West werde das zu einem Verkehrskollaps führen, so die Befürchtung in der Schlossstadt.
Ahrensburg West wird zum Umsteigebahnhof zwischen U- und S-Bahn
Derzeit gibt es an der Hamburger Straße, unweit der dortigen Haltestelle der U1, einen Park-and-ride-Parkplatz mit 80 Plätzen. Doch der ist schon jetzt bereits früh am Morgen voll und künftig könnte die Situation noch angespannter werden. Denn auch die S4 soll künftig einen Haltepunkt Ahrensburg West erhalten, sodass die Station zum Umsteigebahnhof zwischen U- und S-Bahn wird. Der Bahnsteig soll parallel zur Hamburger Straße in Höhe des Parkplatzes entstehen. Mittelfristig werde Ahrensburg West dem Ahrensburger Regionalbahnhof den Rang als wichtigster Nahverkehrsknoten in der Schlossstadt ablaufen, so die Meinung mehrerer Bürger.
Von der Bahn gibt es zum An- und Abreiseverkehr zu den Bahnhöfen keine Planungen. „Das Bahnhofsumfeld gehört nicht zum Aufgabenspektrum der DB, sondern fällt in die Zuständigkeit der Kommunen“, sagt Sprecher Peter Mantik. Die Bahn stehe dennoch für Kooperationen und Austausch bereit und könne Ideen einbringen, aber primär sei die Parkplatzproblematik eine Aufgabe der Stadt Ahrensburg.
An der Hamburger Straße könnte eine Parkpalette entstehen
Nach Angaben von Ahrensburgs Bauamtsleiter Peter Kania macht sich die Verwaltung bereits Gedanken, wie ein Verkehrschaos im Umfeld des Umsteigebahnhofs verhindert werden kann. „Wir sind uns der Problematik bewusst“, sagt er. Derzeit werde im Rathaus unter anderem der Bau einer mehrstöckigen Parkpalette auf dem derzeitigen Park-and-ride-Parkplatz geprüft. Diese könnte zeitgleich mit dem Bau der S4 errichtet werden. In Stein gemeißelt sei das aber noch nicht. „Eine solche Parkpalette braucht bestimmte Mindestmaße. Wir müssen schauen, ob sie an der Stelle möglich ist“, so Kania. Auch andere Standorte in der Umgebung würden in Erwägung gezogen.
Daneben beschäftigt noch ein anderes Problem die Verwaltung in Ahrensburg: Wie kommen die Fahrgäste der S-Bahn gefahrlos zur U-Bahn und umgekehrt? Beide Stationen liegen zwar nur weniger als 150 Meter voneinander entfernt, doch dazwischen verläuft die viel befahrene Hamburger Straße.
Sichere Verbindung zwischen U1- und S4-Station beschäftigt Verwaltung
Derzeit sehen die Planungen der Bahn vor, dass die Zuwegung zur S4-Station Ahrensburg West von Hamburger Straße im Westen und Kuhlenmoorweg im Osten durch eine Unterführung erfolgt. Die Rampe des Tunnels könnte auf der Westseite bis direkt an die Straße heranreichen. Im Ahrensburger Rathaus hält man das für keine gute Idee. Diese Variante berge Gefahren für die Verkehrsteilnehmer im ohnehin unübersichtlichen Kreuzungsbereich der Hamburger Straße mit dem Waldemar-Bonsels-Weg.
„Da brauchen wir eine entsprechende Lösung und werden uns dazu sicherlich auch in der städtischen Stellungnahme im Planfeststellungsverfahren äußern“, sagt Kania. Zurzeit gebe es zwar im Rathaus mehrere Ideen, aber keine Lösung. Die Variante eines Tunnels sehe er nicht. „Er wäre einfach zu lang. Da würden schwer einsehbare, unschöne Räume entstehen, die wir nicht möchten“, so der Bauamtschef.
Brücke und Tunnel sind an der Stelle nur schwer umsetzbar
Auch eine Brücke hält Kania für schwer umsetzbar. „Aufgrund der Höhenunterschiede zwischen den Bahnsteigen und der Straße müsste die Überführung sehr hoch liegen, zumal auch Lastwagen darunter hindurchfahren können müssen“, sagt er. Die Priorität der Verwaltung liege deshalb auf einer Lösung mit einer direkten Verbindung beider Stationen auf Bahnsteighöhe. Da sich die Gleise von U- und S-Bahn an der Stelle kreuzen, sei ein Weg entlang der Trassen denkbar.
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Auch am Ahrensburger Regionalbahnhof soll die Zahl der Parkplätze steigen. Dazu ist schon seit mehreren Jahren eine Aufstockung des Park-and-ride-Parkhauses Alter Lokschuppen in Planung. Derzeit ist dort auf vier Ebenen Platz für 350 Autos. Eigentlich sollte das Parkhaus um zwei weitere Etagen mit 180 Plätzen aufgestockt werden, doch aufgrund von Problemen mit der Statik ist nun nur noch die Erweiterung um ein Parkdeck mit 96 Plätzen vorgesehen.
Kein Zeitplan für Aufstockung des Parkhauses Alter Lokschuppen
„Wir erstellen zurzeit den Bebauungsplan“, sagt Kania zum Stand der Planungen. Diese hätten sich unter anderem verzögert, weil die Untere Bodenschutzbehörde eine Bodenuntersuchung gefordert habe. Einen Zeitplan gebe es noch nicht. „Das hängt auch von der Haushaltssituation und der Priorisierung der Projekte durch die Politik ab“, so der Bauamtsleiter.
Kania geht indes nicht davon aus, dass die S4 in Ahrensburg für große Verkehrsprobleme sorgen wird. „In der Vergangenheit war es so, dass Menschen aus Bargteheide mit dem Auto zur Bahn in Ahrensburg gefahren sind, weil wir die letzten Stationen haben, die noch im AB-Tarifbereich des HVV liegen“, sagt er. Seit der Einführung des 49-Euro-Tickets seien diese Einpendler weniger geworden. „Wir haben beobachtet, dass der Parkdruck im Lokschuppen nachgelassen hat“, so der Bauamtschef. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen, wenn Bargteheide und Bad Oldesloe durch eigene S4-Stationen besser angebunden sind.
„Es ist nicht unser Ziel, durch zusätzliche Parkplätze die Anfahrt mit dem Auto attraktiver zu machen“, gibt Kania zudem zu bedenken. Vielmehr komme es auch darauf an, die Nahverkehrsangebote auszubauen und die Fahrradinfrastruktur zu verbessern, sodass Pendler mit dem Bus oder Rad zur Bahn führen.