Oststeinbek. Landwirt Timo Posewang und seine Frau haben einen großen Stall gebaut. Tiere können sich frei bewegen. Wie viele Eier sie legen sollen.

Eine ältere Kundin kommt so richtig ins Schwärmen an diesem Morgen im Hofladen des Landwirts Timo Posewang in Oststeinbek. Sie spricht mit dessen Frau Silke (45), lobt den neuen Hühnerstall und erzählt von eigenen Erfahrungen mit den Tieren aus der Jugendzeit. Täglich machen jede Menge Spaziergänger halt nahe dem Gebäude und dem angrenzenden Freilaufareal, fotografieren mit dem Smartphone. Es ist offenbar eine Attraktion in der 8900-Einwohner-Gemeinde. „Wenn ich für jedes Bild einen Euro nehmen würde, könnten wir die Sache schneller abbezahlen“, scherzt der 44-Jährige. Das Projekt hat ihn sowie seiner Gattin rund eine Million Euro gekostet und steht für artgerechte Haltung.

Die Hennen haben viel Platz für Bewegung, können sich jederzeit drinnen und im Freien aufhalten. Pro Tier stehen bei voller Auslastung umgerechnet fünf Quadratmeter zur Verfügung, die Freilandfläche umfasst rund drei Hektar und ist natürlich eingezäunt. Derzeit haben die Posewangs 1500 Hühner, die täglich 1400 Eier liefern. Ende Oktober werden es dann 6000 Tiere sein. „Ziel sind dann 5000 Eier“, sagt der Landwirt. Man benötige unterschiedliche Altersgruppen für alle Eigrößen. Mit 18 Wochen werden die Tiere angeschafft. 14 Tage später beginnen sie mit dem Legen. 13 bis 14 Monate verbringen sie auf dem Hof, werden dann geschlachtet und als Suppenhühner verkauft.

Die Posewangs haben für die Hühner eine Musikanlage gekauft

Der Stall ist 26 mal 50 Meter groß. Draußen können sich die Tiere auf drei Hektar bewegen.
Der Stall ist 26 mal 50 Meter groß. Draußen können sich die Tiere auf drei Hektar bewegen. © René Soukup

„Der Stall ist komplett auf die Bedürfnisse der Tiere ausgerichtet“, sagt Timo Posewang. Es gibt vier identische Abteile für je 1500 Hennen. Betriebsfremde Personen haben keinen Zutritt in diesen Sektoren. Mitarbeiter müssen spezielle Kleidung und Schuhe anziehen, eine Hygieneschleuse queren sowie auf eine Desinfektionsmatte treten. Die Tiere können auf einer Stange sitzen. Berühren sie mit dem Schnabel eine der Trinkvorrichtungen, läuft das Wasser. Auf einer Art Laufband wird die Nahrung gereicht, sechsmal am Tag nachgelegt. Es gibt ein Weizen-Mais-Gemisch. 100 bis 150 Gramm davon nimmt ein Tier in der Regel täglich zu sich, dazu bis 200 Milliliter Wasser. „Ein Bio-Zertifikat haben wir nicht wegen des konventionellen Futters“, so der Landwirt.

Die Posewangs haben eine Musikanlage gekauft und Boxen in allen vier Zonen angebracht. „24 Stunden am Tag läuft das Radio. Die Klänge wirken beruhigend auf die Tiere. So gewöhnen sie sich schneller an Menschen“, sagt der Oststeinbeker. In den Räumen herrscht durchgängig eine Temperatur von 20 Grad Celsius. Auslaufluken führen in den sogenannten Wintergarten, dessen Außenseite ein Gitter hat. Darunter sind Öffnungen für den Weg ins Freie. Sie können mit Platten verschlossen werden – zum Beispiel für den Fall, dass im Umkreis die Vogelgrippe ausbricht und eine Stallpflicht verhängt wird.

Vor dem Wintergarten, der mit Rapsstroh wegen der guten Saugfähigkeit ausgelegt ist, hat Timo Posewang Holzhackschnitzel gestreut. Dort ist eine Kotzone. Als er das Material anfasst, suhlt sich wenige Zentimeter neben ihm ein Tier darin. Der Landwirt nennt das Sandbaden. Es sei ein Zeichen dafür, dass sich die Henne wohlfühle. Jeden Morgen um sechs Uhr geht im Stall das Licht an, binnen drei Stunden werden dann die Eier gelegt. Das 26 mal 50 Meter große Gebäude ist in Holzständerbauweise erstellt und an vielen Stellen mit Blech ummantelt samt Isolierschicht.

Hohe Materialkosten sorgten für Verzögerung beim Bau

Mitarbeiterin Marzena Dopatka sortiert Eier auf dem Hof Posewang.
Mitarbeiterin Marzena Dopatka sortiert Eier auf dem Hof Posewang. © René Soukup

In einem Besucherraum können sich Schulklassen von den Posewangs die Tierhaltung erklären lassen und durch eine Scheibe in die Bereiche schauen. Mitarbeiterin Marzena Dopatka sortiert an einer Maschine Eier. Diese werden im Hofladen verkauft, aber auch an Kindertagesstätten sowie Gastronomen geliefert. Inzwischen haben die Posewangs auch einen Stand auf dem Lohbrügger Markt. Der Chef steht mitunter selbst am Verkaufstresen.

Der alte Hühnerstall war wesentlich kleiner mit Platz für 1300 Tiere. Sie konnten sich nur drinnen aufhalten, weil die Hofeigner wegen der anderen Gebäude keine Möglichkeit hatten, ein Gehege anzubauen. „Eigentlich hätten wir schon vor zwei Jahren fertig sein sollen“, sagt Timo Posewang. 2020 hat er die Baugenehmigung erhalten. „Wegen Corona und dem Krieg gegen die Ukraine waren die Materialpreise aber zu hoch.“ Inzwischen sei die Situation besser geworden. Baubeginn war zum Jahresanfang, im Juli war das Objekt bezugsfertig. Jetzt sind nur noch Kleinigkeiten zu erledigen, zum Beispiel muss der Motor für ein Rolltor repariert werden.

Von dem Stall führen zwei Förderbänder in eine kleine Halle auf der Hinterseite des Hofs an der Straße Heidstücken. Über sie wird Kot transportiert. „Wir müssen ihn neun Monate einlagern können, das ist Vorschrift bei Neubauten“, sagt Timo Posewang. Die Exkremente werden auf den Feldern als Dünger eingesetzt. In der Freilaufzone hat der Landwirt ein Mini-Holzhaus platziert. Dort sollen zwei Ziegen unterkommen. Ihre Aufgabe: die Hühner vor Greifvögeln schützen.

Eierverkauf soll 40 Prozent des Jahresumsatzes ausmachen

Vier solcher Räume gibt es für die Hühner. Hier bekommen sie Futter und Wasser.
Vier solcher Räume gibt es für die Hühner. Hier bekommen sie Futter und Wasser. © René Soukup

Timo Posewang betreibt den Hof in vierter Generation, hat ihn 2014 vom Vater übernommen. Der Komplex umfasst neben einem Laden auch Maschinen- und Kartoffelhallen. Eier gibt es in den Größen XL, L, M und S. Das Ehepaar strebt an, mit dem nun größeren Hühnerstall 40 Prozent des Jahresumsatzes durch den Eierverkauf zu erzielen. Der Stückpreis liegt zwischen 16 und 40 Cent je nach Größe.

Die Familie bewirtschaftet in Stormarn 295 Hektar, neben Oststeinbek zählen auch Flächen in Brunsbek, Meilsdorf, Stellau, Stemwarde und Willinghusen dazu. Ein Großteil ist gepachtet. Der Betrieb baut unter anderem Kartoffeln, Rhabarber und Spargel an. Ein Highlight ist das Hoffest, veranstaltet immer am letzten Sonntag im Oktober. 2022 kamen nach Schätzungen zwischen 2500 und 3000 Gäste. In diesem Jahr könnte es bei gutem Wetter einen Besucherrekord geben – auch wegen des neuen Hühnerstalls.