Hamburg. In unserem Ernährungs-Podcast „Schmeckt‘s?“ erzählt der Oststeinbeker, warum er die Knolle so schätzt – und was sie so wertvoll macht.

Die Ernte der Lagerkartoffeln für den Winter ist voll im Gang. Dennoch hat sich Timo Posewang, Landwirt in Oststeinbek, ein paar Stunden aus seinem Betrieb herausgestohlen, um beim Abendblatt-Podcast „Schmeckt‘s?“ Wissenswertes über die Knolle, dem Hauptprodukt seines Hofes, zu erzählen. Mit der Ernte ist er bislang zufrieden: Das Wetter des Sommers habe gut zum Kartoffelanbau gepasst. Seit 2014 führt Posewang den Hof in vierter Generation.

„Schmeckt’s?“, fragen Angelika Hillmer und Jan-Eric Lindner Experten, Produzenten, Landwirte und Food-Vermarkter.
„Schmeckt’s?“, fragen Angelika Hillmer und Jan-Eric Lindner Experten, Produzenten, Landwirte und Food-Vermarkter.

Wie auch bei anderen Kulturen ist die sommerliche Trockenheit das größte Problem der Kartoffelbauern. „Wenn es schon Ende Mai trocken ist und die Witterung den ganzen Juni bleibt, dann ist gerade die Zeit betroffen, in der die Kartoffel ihre Knollen ansetzt“, sagt Posewang. „Wir wollen 20 Knollen pro Pflanze haben – bei Trockenheit werden es nur zehn bis zwölf. Fehlt Wasser im Juli, werden die Knollen nicht groß genug. Wenn aber, wie in diesem Jahr, die große Hitzewelle erst Mitte August kommt, dann ist die Kartoffel schon fertig. Sie reift in dieser Zeit. Die Pflanze wird welk, alle Kraft geht in die Knollen. Die Augusthitze hat das in diesem Jahr gefördert. Wenn die Pflanze abgestorben ist, kann man sie nach zwei bis drei Wochen ernten. Dann hat sich die feste Schale gebildet. Die macht sie lange haltbar.“

Posewang baut fünf Sorten Kartoffeln an

Früher hatten die Kinder Kartoffelferien, um beim Ernten zu helfen. Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute fahren die Landwirte mit einem sogenannten Vollernter von der Größe eines Mähdreschers über die Kartoffeldämme. Der nimmt die Knollen auf und sortiert Steine aus. Die Erntemaschine hat einen Bunker, einen Behälter, in den fünf Tonnen Kartoffeln hineinpassen. Auf dem Hof kommen die Knollen in Kisten. Sie werden im dunklen, kühlen Lager gestapelt und erst wieder herausgeholt, wenn die Kartoffeln verkauft werden sollen.

Die Posewangs beliefern Restaurants, Kindergärten der Umgebung und Lebensmittelgeschäfte in der Region. Den größten Teil verkauft der Familienbetrieb aber im Hofladen. Posewang: „Die Kunden kommen zu uns, stellen Fragen und sagen, was sie wollen. Wir kommen mit ihnen ins Gespräch – das ist das, was wir wollen.“ Oft würden Fragen zur richtigen Lagerung gestellt oder welche Sorte für welches Gericht die richtige sei.

Posewang baut fünf Sorten an, darunter drei festkochende. Die sind in Nord- und Westdeutschland nach wie vor beliebter, während in Ost- und Süddeutschland meist mehlige Kartoffeln gegart werden, die einen etwas höheren Stärkegehalt haben. Für zugezogene Kunden hat Posewang Gunda im Programm. Sie ist mehlig und ideal für Stampfkartoffeln.

Laura hat eine rote Schale, ist nicht mehr ganz fest, aber auch noch nicht mehlig. Für Bratkartoffel sei sie „schon ein bisschen schwierig“, sagt der Landwirt und empfiehlt für seine Lieblingsspeise eine der drei festkochenden Sorten. Da wäre zunächst Linda, eine alte Kartoffelsorte, aber immer noch sehr gut, so Posewang. Sein Kollege Karsten Ellenberg aus Barum (Landkreis Lüneburg) hat vor gut zehn Jahren zusammen mit vielen Mitstreitern um die Sorte gekämpft.

Was Früh- und Herbstkartoffeln unterscheidet

„Die Diskussion um die Linda war für sie die beste Werbung“, sagt Posewang. „Aber die neueren Sorten stehen der Linda geschmacklich in nichts nach. Und sie kommen mit Trockenheitsstress besser zurecht.“ Linda ist nicht ganz so festkochend wie die jüngeren Belana und Goldmarie. Die Belana wächst rundlich, die Goldmarie eher länglich. Posewang: „Die Kunden können entscheiden, welche Form sie am liebsten schälen. Geschmacklich sind sie leicht unterschiedlich, da muss man sich durchprobieren.“

Unterschiede gibt es natürlich auch zu Frühkartoffeln. Sie werden von Juni an geerntet und sind nicht so lange haltbar wie die Herbstkartoffeln. Die frühen Knollen stammen von noch lebenden Pflanzen und haben keine feste Schale. „Innerhalb einer Woche bis zehn Tagen sollte man eine Frühkartoffel verspeist haben“, rät Posewang. Er hadert damit, dass Kunden spätestens zur Spargelzeit, zum Teil schon im Januar/Februar nach neuen Kartoffeln fragen: „Die werden dann aus Ägypten, Zypern oder anderen Ländern importiert. Ich bin skeptisch, ob man wirklich schon im Winter neue Kartoffeln essen muss. Und zur Spargelzeit ist die Frühkartoffel erst vier Wochen in der Erde, braucht aber 90 Tage bis zur Ernte. Bis dahin halten sich unsere Lagerkartoffeln aus dem Vorjahr.“

Trend geht zu verarbeiteten Kartoffeln

Jüngere Leute seien experimentierfreudiger, probieren eher mal neue Rezepte aus, weiß Posewang aus den Kundengesprächen. Dagegen bevorzuge die ältere Generation klassische Zubereitungsformen wie Brat- und Salzkartoffeln. Generell gehe der Trend zu kleineren Mengen: Früher kauften die Kunden oft Fünf-Kilo-Säcke, heute eher 2,5 Kilo. „Manchmal wird auch nur ein Kilo mitgenommen, und das verstärkt zum Wochenende.“

Deutschlandweit sei der Frischmarkt für Kartoffeln leicht rückläufig, sagt der Bauer: „Jeder Deutsche isst zwar nach wie vor 55 bis 57 Kilo Kartoffeln pro Jahr. Aber der Anteil der verarbeiteten Kartoffel steigt.“ Timo Posewang baut auf mehr als 40 Hektar Kartoffeln an und erntet jährlich gut 1500 Tonnen Erdäpfel. Die Knollen liegen ihm besonders am Herzen: „Die Kartoffel ist ein guter Energielieferant. Früher haben die Alten gesagt: ,Ein gutes Essen ist, wenn eine Kartoffel mit auf dem Teller liegt‘. Sie ist ein rundum gesundes Nahrungsmittel.“