Oststeinbek/Trittau. Landwirte rechnen mit Umsatzeinbußen im sechsstelligen Bereich. Wegen Futtermangels werden mehr Rinder zum Schlachten angeboten.
Des einen Freud ist des anderen Leid: Während sich Kinder und Jugendliche in Stormarn über die Temperaturen in den Sommerferien samt garantiertem Badespaß freuen, setzt die seit Wochen anhaltende Dürre den Landwirten zu. Die Situation ist besorgniserregend. Zu dieser Einschätzung kommt Friedrich Klose, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes. Er sagt: „Ertragseinbußen von 30 bis 50 Prozent sind normal in diesem Jahr. Einige Betriebe werden Liquiditätsprobleme bekommen.“
Es ist zudem ein Hilferuf, denn der Kampf gegen die Trockenheit ist nicht zu gewinnen. Zum einen wäre es viel zu teuer, die kompletten Felder zu bewässern. Andererseits ist diese Variante logistisch nicht umsetzbar, weil den Bauern dafür die Zeit fehlt. Klose: „Ich hoffe auf Kredite von der Rentenbank für die Landwirtschaft.“
Wetterbedingte Einbußen von 50 Prozent
Der 59-Jährige führt einen Hof in Trittau in sechster Generation. Sein Glück: Er ist breit aufgestellt und damit nicht nur vom Ackerbau abhängig. „Biogas und die Milchproduktion mit 270 Kühen retten mich“, so Klose. 2011 hatte er eine Biogasanlage gebaut, dafür rund zwei Millionen Euro investiert. Um sich Kosten und Risiko zu teilen, tat sich der Trittauer mit Deetje Köhler aus dem Sieker Ortsteil Meilsdorf zusammen und gründete die „Naturgas Trittau GmbH & Co. KG“. Vor drei Jahren haben sie dann die Milchproduktion mit einem „Wohlfühlstall“ für Kühe modernisiert. Die Wände lassen sich zu allen Seiten hin öffnen, der Boden wird automatisch gereinigt.
Schwer zu schaffen machen fehlende Niederschläge Timo Posewang aus Oststeinbek. Er übernahm 2014 in vierter Generation den Hof von seinem Vater. Der Betrieb umfasst 265 Hektar, unter anderem auch Felder in Stellau und Braak, mit Getreide-, Kartoffel- und verschiedenen Hackfrüchteanbau. „Würde ich ausschließlich auf Getreide setzen, wäre ich spätestens dieses Jahr erledigt“, sagt der 39-Jährige. Gerste und Raps hat er geerntet und beziffert den wetterbedingten Verlust auf 50 Prozent. „Bei Roggen und Weizen gehe ich auch von der Hälfte des normalen Ertrags aus“, so Posewang. Er zeigt einen Roggenhalm. Die Ähren sind nicht voll ausgebildet und die Körner zu leicht.
Posewang muss womöglich einen Kredit aufnehmen
Allein bei der Getreideernte fehlten ihm in 2018 rund 100.000 Euro, und was mit den Kartoffeln passiere, sei noch gar nicht abzusehen. „Wirtschaftlich wird das mein schlechtestes Jahr“, sagt der Landwirt aus der 9000 Einwohner zählenden Gemeinde an der Stadtgrenze zu Hamburg.
Dass er zumindest angrenzende Felder zu seinem Hof bewässert hat, wird nach seiner Ansicht die Situation nicht wirklich verbessern. Posewang: „Ich muss womöglich einen Kredit aufnehmen, um den Betrieb am Laufen zu halten.“ Einnahmen generiert die Familie auch durch den Hofladen. Dort gibt es unter anderem geräucherte Forellen und Aale, Blumen der Saison, Gemüse aus den Vier- und Marschlanden, Obst aus dem Alten Land und Honig von Imkern aus der Region. „Das ist eine Art Versicherung, wenn es wie jetzt in der Landwirtschaft nicht läuft“, sagt der Vater eines Sohnes sowie einer Tochter.
Bewässerung sorgt für enorme Zusatzkosten
Mit rund 250.000 Euro Umsatzeinbußen durch die Trockenperiode rechnet der Reinbeker Landwirt Kai Dusenschön. Er gründete mit dem Gut Schönau die Agrar Service OHG, das ist eine Maschinengemeinschaft. Die Kooperationspartner bewirtschaften 850 Hektar Land in Reinbek und Umgebung in einem 25-Kilometer-Radius. Etwa 140 davon, vornehmlich für den Anbau von Weizen, wurden mit einem Spezialgerät bewässert. Zusatzkosten: rund 17.000 Euro. „Ob das etwas bringt, wissen wir aber nicht“, sagt Betriebsleiter Jörg Brinkmann.
Er spricht von einem schwierigen Jahr für das Unternehmen. „Bei zwei bis drei weiteren Saisons dieser Kategorie kann es existenzbedrohend werden.“ Der Betrieb hat zwei Festangestellte und bis zu drei Erntehelfer von Mitte Juli bis Ende September. „Die Arbeitsplätze sind sicher“, so der Betriebsleiter. Die Höhe des Gehalts sei unabhängig vom Umsatz bei der Ernte.
Statistikamt erwartet starken Einbruch bei Getreideernte
Die Probleme machen auch vor den Milchviehbauern nicht halt. Ihnen bereitet das vertrocknete Gras auf Weiden Sorgen, weil dadurch eine Nahrungsquelle für die Tiere versiegt. Deswegen müssen sie sich in Ställen an Vorräten bedienen, die für den Winter gedacht sind. „Und der Futtermangel führt dazu, dass mehr Kühe zum Schlachten angeboten werden“, sagt der Kreisbauernverbandsvorsitzende Friedrich Klose. Für den Kunden an der Fleischtheke ist das ein Vorteil. „In der vergangenen Woche sind die Preise für Rindfleisch um zehn Prozent gefallen.“
Davon nicht betroffen ist Dieter Cordes, der einen Biohof in Ahrensburg im Wulfsdorfer Weg betreibt und 45 Rinder hat. Er sagt: „Meine Preise sind stabil.“ Im Schnitt rufe er 14,50 Euro pro Kilo auf, beim Filet seien es 42 Euro. Der 61-Jährige hat in diesem Jahr 15 Hektar in Stormarn und Hamburg dazu gepachtet und kommt jetzt auf 85. „Ich habe genug Futter eingefahren, etwa an Stellen, die im vergangenen Jahr unter Wasser standen.“ Jetzt hat er die Tiernahrung gelagert und verfüttert sie nach und nach. Cordes sagt aber auch: „Bei vielen reicht das Futter nicht aus.“ Dadurch, dass sogenannte Schnitte bei Kleegras und Heu komplett ausfielen, fehlten einigen Kollegen 30 bis 40 Prozent Futter.
Das Statistikamt Nord schätzt den diesjährigen Umfang der Getreideernte in Schleswig-Holstein auf 1,9 Millionen Tonnen, das ist rund ein Viertel weniger als 2017. Die Wetterprognosen stimmen die Landwirte alles andere als optimistisch. Für die kommenden zwei Wochen sind in Stormarn weiter hohe Temperaturen und ein geringes Niederschlagsrisiko vorhergesagt.