Ahrensburg. Ahrensburgs Bauhofchefin ist entsetzt: Unbekannte entsorgen Mauerreste, Metallteile und Styropor im Tunneltal. Tat ist kein Einzelfall.
Wer für einen Spaziergang oder eine Fahrradtour ins Ahrensburger Tunneltal kommt, sucht in der Regel Erholung in der unberührten Natur. Eine weitläufige Wald- und Moorlandschaft gibt es in dem Naturschutzgebiet, die vielen Pflanzen und Tieren, darunter bedrohte Arten wie der Kammmolch, ein Zuhause bietet. Doch das Bild, das sich Spaziergängern in einem Waldstück an der Hagener Allee jüngst bot, hat wenig mit einem ungestörten Naturidyll gemein.
Mauerreste, Metallteile und Styroporplatten liegen unter einer knorrigen Buche aufgehäuft. Insgesamt sind es nach Angaben des städtischen Bauhofs 1,5 Tonnen Schutt, die Unbekannte an dem Wanderweg unweit der Straße abgeladen haben. Bauhofleiterin Sieglinde Thies ist entsetzt. Ihre Mitarbeiter sind angerückt, um den Schuttberg abzutransportieren.
Bauhofleiterin ist entsetzt: „Neue Qualität der Dreistigkeit“
„Ich bin jetzt seit über 20 Jahren hier tätig, aber das hat das Fass wirklich zum Überlaufen gebracht“, sagt Thies und spricht von einer „neuen Qualität der Dreistigkeit“, die es bedeute, zur Müllentsorgung ins Naturschutzgebiet zu fahren. Bislang waren es vor allem die Standorte der Abfallsammelcontainer und deren Umgebung, die Müllsünder nutzten, um illegal Sperrmüll und Elektroschrott abzuladen. Die Behälter am U-Bahnhof Ahrensburg Ost etwa sind seit Jahren als Problempunkt bekannt.
Selbst ein Banner mit Hinweisen auf legale, kostenlose Entsorgungsmöglichkeiten, das die für die Leerung der Container zuständige Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) dort im Juli 2021 angebracht hatte, konnte die Müllsünder nicht abschrecken. Aufgrund der Erfahrungen hatten die Gemeinde Großhansdorf und die AWSH in einem Pilotprojekt Überwachungskameras an den Containern am Waldreiterweg installiert.
Der Bauschutt stammt mutmaßlich von einer Badsanierung
Im Wald ist das keine Option. Genau wegen der wenigen Kontrollmöglichkeiten, so vermutet Thies, haben sich die Täter die Stelle an dem Wanderweg ausgesucht. „Der Platz ist schwer einsehbar, aber nah genug an der Straße, um mit einem Transporter heranzufahren“, sagt die Bauhofchefin. Denn anders sei es nicht vorstellbar, wie die Unbekannten eine solche Menge hätten transportieren können. Sie geht davon aus, dass der Schutt irgendwann in der ersten Hälfte der vorigen Woche dort abgeladen worden sein muss. „Am vergangenen Donnerstag habe ich den ersten Anruf von einem Bürger bekommen“, sagt Thies.
Der Schutt könne von einer Badsanierung kommen, möglicherweise auch im gewerblichen Bereich, mutmaßt die Leiterin des städtischen Bauhofs. Denn neben Gasbetonblöcken finden sich auch zwei Halterungen samt Spülvorrichtung für Urinale. Inzwischen ist klar, dass es sich bei dem Schuttberg im Tunneltal um keinen Einzelfall handelt.
Wenig später wurde an weiteren Stellen in Ahrensburg Schutt entdeckt
„Uns wurden kurz darauf auch illegale Abfallablagerungen am Ahrensfelder Weg und im Beimoorwald gemeldet“, erzählt Thies. Während an der ersten Stelle ebenfalls Schutt abgeladen wurde, hätten Unbekannte im Beimoorwald sechs große Säcke mit Dämmmaterial hinterlassen. Für Sieglinde Thies und ihre Mitarbeiter ist der illegale Abfall nicht nur aus optischen Gründen ein Ärgernis. Die Schuttberge bedeuten für sie vor allem Mehrarbeit.
Denn während für die Reinigung der Containerstandorte die AWSH zuständig ist, fallen städtische Grünflächen in die Verantwortung des Bauhofs. Mit zwei Mitarbeitern ist Thies angerückt, um den Abfall abzuholen. Weil der Wanderweg zu eng ist, um einen Kran heranzufahren, müssen die Kollegen jeden Stein mühsam einzeln auf den Transporter laden. Zweimal müssen sie fahren, die Menge ist einfach zu groß, um alles auf die Ladefläche zu bekommen.
Müllsünder bleiben aut Polizei meist unerkannt
Drei Stunden sind die Bauhofmitarbeiter beschäftigt, bis der Schutt abtransportiert und anschließend auf dem Betriebsgelände nach Material sortiert ist. Wie viel die Entsorgung kosten wird, mag Thies nicht zu schätzen. „Inklusive Personalaufwand sicherlich mehrere Hundert Euro“, sagt sie. Geld, das letztlich die Steuerzahler finanzieren, anstatt der Verursacher, wie die Bauhofchefin zu bedenken gibt.
Die Ahrensburger Verwaltung hat zwar inzwischen die zuständige Umweltpolizei in Bad Oldesloe eingeschaltet. Aber dass der oder die Müllsünder zur Verantwortung gezogen werden, ist unwahrscheinlich. „Leider gibt es in den meisten Fällen keine Ansatzpunkte, um den Täter zu ermitteln“, sagt Jacqueline Fischer, Sprecherin der Polizeidirektion Ratzeburg.
Für illegale Abfallentsorgung drohen Geldstrafen von bis zu 100.000 Euro
Ohne Zeugenhinweise oder Indizien wie Lieferetiketten sei die Wahrscheinlichkeit gering, den Verursacher ausfindig zu machen. Wenn die Müllsünder aber doch erwischt werden, drohen ihnen saftige Geldbußen. „Verstöße können entweder als Ordnungswidrigkeit oder in besonders schweren Fällen als Straftat verfolgt werden“, erklärt Fischer. Laut Gesetz drohen Strafen bis zu 100.000 Euro. „Handelt es sich um Gefahrstoffe wie Lacke oder Öle, die in die Umwelt einsickern können, sind wir automatisch im strafrechtlich relevanten Bereich“, so die Polizeisprecherin.
Bewegt sich die illegale Abfallentsorgung im Bereich einer Ordnungswidrigkeit wie in dem Ahrensburger Fall, sind bis zu 150 Euro Geldbuße möglich. Zuständig ist dann die Bußgeldstelle des Kreises. Sieglinde Thies glaubt nicht, dass Strafen Müllsünder abschrecken können. „Zuletzt haben illegale Entsorgungen zugenommen“, sagt sie. Als letzter Ausweg müsse darüber diskutiert werden, Wanderwege mit Pollern zu blockieren, um ein Anfahren mit dem Auto zu verhindern.