Ammersbek. Defektes Wehr trägt zu fatalem Wassermangel und qualvollem Krötensterben bei. Zuständige Bezirksamt Wandsbek kontert Vorwürfe des Nabu.
Im Lottbeker Teich – oder besser gesagt was davon übrig geblieben ist – spielt sich in den letzten Tagen ein verzweifelter Kampf um Leben und Tod ab. Wie berichtet, haben ihn viele der Tiere, die in dem Gewässer leben, bereits verloren. Vor Ort bietet sich ein grausiges Bild: Die toten Körper der Fische treiben in dem verbliebenen Rinnsal und unzählige tote Kaulquappen der Erdkröte sind auf den Grund gesunken oder liegen im Schlamm. Denn die größte Population in der Region dieser besonders geschützten Art hat ihre Brutstätte in dem Gewässer.
Ursächlich für das Massensterben ist das seit Wochen anhaltend trockene Wetter, doch es gibt noch einen weiteren, nicht zu vernachlässigenden Faktor. Ein Defekt am Ablaufbauwerk sorgt dafür, dass vermehrt Wasser aus dem Teich abläuft. Verantwortlich für dessen Instandhaltung ist das Bezirksamt Wandsbek. Denn der Lottbeker Teich, der zwischen Ammersbek und Volksdorf liegt, gehört der Stadt Hamburg. Der Nabu Ammersbek wirft der zuständigen Behörde vor, nicht auf Hinweise der Naturschützer reagiert und die ohnehin dramatische Lage damit noch verschärft zu haben.
Lottbeker Teich: Wassermangel tritt immer früher ein
Der Wasserspiegel hat nach Angaben des Nabu Ammersbek schon im letzten Winter dauerhaft deutlich unter der festgelegten Stauhöhe gelegen. Die zuständigen Behörden in Hamburg und Schleswig-Holstein seien darüber informiert und auf den Zusammenhang von zu niedrigem Wasserstand und defektem Stauwehr hingewiesen worden. Mitte April sendete der Nabu Schleswig-Holstein dann einen dringenden Appell an die Ämter, dass das Wasser des Teichs ein für die Jahreszeit bedenklich niedriges Level erreicht habe, das den für die Region sehr bedeutsame Erdkrötenbestand bedrohe. Daraufhin habe das Bezirksamt zugesagt, das Wehr zu kontrollieren.
Zwar fällt der Lottbeker Teich seit einigen Jahren in den Sommermonaten immer wieder trocken. Doch der Zeitpunkt, zu dem das passiert, rückt im Kalender weiter nach vorn. 2020 setzte der kritische Zustand um den 20. Juni herum ein. Betroffen waren weniger Kaulquappen, da diese ihre Entwicklung zu Jungkröten bereits abgeschlossen und nicht mehr auf den Verbleib im Wasser angewiesen waren. Aber Hunderte Fische gingen zugrunde.
Felix Nanns, Vorsitzender des Anglervereins Alster, organisierte daraufhin mit weiteren Mitgliedern eine große Abfischaktion. Es gelang ihnen, rund 150 Kilogramm größere Fische in andere Zuchtteiche umzusetzen. Im Gespräch mit dem Abendblatt beurteilte Nanns die Situation damals so: „Es ist äußerst ungewöhnlich, dass der Teich so früh im Jahr nur noch so wenig Wasser hat.“ Und weiter berichtete er, dass aus dem Zulauf kaum Nachschub komme, zudem sei das Wehr defekt. Dieses Problem sei seit Längerem bekannt und der Anglerverein hoffe, dass die Stadt Hamburg das undichte Wehr bald repariere. Das war vor drei Jahren.
Bezirksamt will Teil des Lottbeker Teichs trockenlegen
Auch Ende August des vorigen Jahres fiel der Teich nach einer lang anhaltenden Hitzeperiode nahezu trocken. Denn auch noch zwei Jahre nach dem großen Abfischen hatte sich die Hoffnung der Angler auf eine Reparatur nicht erfüllt. Warum die Instandsetzung Jahre dauert, dazu gibt sich das Bezirksamt auf Anfrage unserer Redaktion eher schmallippig.
Zur Frage, wann genau die Untersuchung erfolgt sei, bei der die Leckage festgestellt wurde, legt sich Stadtsprecherin Claudia Petschallies nicht auf einen Zeitpunkt fest, sondern teilt schriftlich mit: „Es gab die Vermutung einer Leckage am Ablaufbauwerk schon vor den Hinweisen, jedoch konnte die Ursache nicht genau festgestellt und behoben werden, solange die Bohlwand im Ablaufbauwerk von Wasser überströmt wurde.“ An dieser Stelle kommt unweigerlich die Frage auf, ob dieser Fall nicht auch schon in den großen Trockenheitsphasen der Jahre zuvor eingetreten ist.
Fische und Muscheln wurden umgesetzt, Kröten nicht
Den Einwand der Vorsitzenden des Nabu Ammersbek, Petra Ludwig-Sidow, dass es „ein Leichtes gewesen wäre, kurzfristig ein paar defekte Bohlen auszutauschen“, kontert Petschallies so: „Der Austausch der Bohlen hätte aufgrund der Konstruktion des Bauwerkes ein komplettes Ablassen des Teiches erfordert. Der eigentliche Austausch der Bohlen wäre an zwei Tagen zu machen“, gibt sie zu. Es müssten aber noch die von äußeren Umständen abhängigen Zeiten für das Abfischen, das Senken des Wasserspiegels und das Wiederbefüllen berücksichtigt werden.
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Das Bezirksamt sei durch Anrufe von Bürgern über den niedrigen Wasserstand des Teichs Anfang Juni mit Hinweisen auf ein drohendes Fischesterben, jedoch nicht auf akute Gefährdung der Erdkrötenpopulation in Kenntnis gesetzt worden. Ob die Hinweise und Warnungen des Nabu bei der Behörde eingegangen sind, beantwortete Petschallies nicht.
Ohnehin scheint die Behörde die Dringlichkeit der Situation anders zu bewerten als die Naturschützer: „Zum Schutz der vorhanden Tiere wurden parallel zur Reparatur Fische und Muscheln abgesammelt und umgesetzt. Die vorgefundenen Kaulquappen hatten zu dieser Zeit noch genügend Rückzugsraum und wurden daher nicht abgesammelt.“
Untere Naturschutzbehörde hüllt sich in Schweigen
Durch die andauernde Trockenheit würden aktuell „weitere Aktionen zur Sicherung der überlebenden Tierarten organisiert beziehungsweise durchgeführt“. Konkreter wird die Behörde nicht.
Ein flotteres Tempo legte die Hamburger Verwaltung bei ihren künftigen Plänen für das Areal vor. Der sogenannte Mönch, der den Lottbeker Teich staut, soll zurückgebaut und der Teich aufgegeben werden. Das wäre dann das endgültige Aus für das wichtige Laichhabitat der geschützten Erdkröte. Vonseiten der unteren Naturschutzbehörde des Kreises Stormarn ist bislang trotz mehrmaliger Anfrage keine Stellungnahme zu dem Vorfall erfolgt.