Trittau. 26 Jahre führte Bianka Timm das La Fayette. Zu den Stammgästen gehörte auch der Bürgermeister. So war die Abschiedsfeier.
Wenn Bianka Timm hinter dem Tresen des La Fayette steht, ist die Trittauerin in ihrem Element. An der großen, mit dunklem Holz verkleideten Zapfanlage füllt sie die Biergläser, zwischendurch nimmt sie Bestellungen auf und auch die Zeit für einen Klönschnack mit den Gästen, die zahlreich an der Bar sitzen, darf nicht fehlen. Jeden von ihnen begrüßt die Wirtin mit Namen. Man kennt sich.
Es ist kurz vor 18 Uhr, als sich auch die übrigen Tische abseits des Tresens abrupt zu füllen beginnen. Nicht ungewöhnlich für einen Freitagabend und doch wird es heute besonders voll. Zahlreiche Stammgäste wollen sich verabschieden. Denn Bianka Timm macht Schluss: Nach 26 Jahren schließt sie das kultige Lokal an der Vorburgstraße für immer – und Trittau verliert damit eine seiner letzten Kneipen.
Kultkneipe La Fayette in Trittau schließt nach 26 Jahren
„Ich bin in einem Alter, in dem ich gemerkt habe, dass ich das nicht mehr schaffe“, sagt Timm, die im kommenden Jahr 60 wird. Sechs Tage die Woche stand die Wirtin zuletzt in ihrem Lokal, führte gleichzeitig auch das benachbarte Hotel Vorburg. „Ich war immer die Letzte, die Spätabends ging und die Erste, die Frühmorgens wieder aufstand“, sagt die Trittauerin. Nun wolle sie es ruhiger angehen, mehr Zeit mit ihren sieben Enkelkindern verbringen. Auch das Hotel gibt die 59-Jährige deshalb auf.
Ihr gesamtes Berufsleben, knapp 40 Jahre, war Timm in der Gastronomie selbstständig. 1983 hatte sie mit ihrem damaligen Partner das Moin Moin eröffnet, eine Bar, die besonders bei Jugendlichen in Trittau beliebt war. Nach der Trennung führte die Gastronomin das Lokal allein weiter. Als das Gebäude, an dessen Stelle heute die Rathauspassage steht, in den 1990er-Jahren abgerissen wurde, schaute sich Timm nach einer neuen beruflichen Heimat um. Und fand sie im La Fayette, das 1996 erstmals seine Türen öffnete.
Zur Abschiedsfeier haben sich rund 80 Gäste angekündigt
„Viele Stammgäste sind mitgewechselt“, sagt Timm. Über die Jahre kamen weitere hinzu. Und so ist es nicht verwunderlich, dass zur Abschiedsfeier großer Andrang herrscht und nicht nur die Wirtin selbst mit den Tränen zu Kämpfen hat. Rund 80 Gäste haben sich angekündigt, viele haben Präsente für die 59-Jährige dabei, die alle hier schlicht Bianka nennen. Blumen, Schokolade und sogar eine Torte nimmt Timm erkennbar gerührt entgegen.
Vom Thomas Loß gibt es zum Abschied einen weihnachtlichen Geschenkkorb. „Im Namen der ganzen Truppe für viele tolle Jahre“, sagt er. Der Trittauer und seine Runde kommen seit mehr als zehn Jahren mehrfach in der Woche ins La Fayette, treffen sich zum Kartenspielen. Skat oder Doppelkopf stehen dann meist auf dem Programm. Einmal im Jahr veranstaltet die Runde auch einen Preisskat.
Jede Gruppe hat im La Fayette ihren angestammten Tisch
Die Gruppe hat ihren festen Tisch, wie auch viele andere Stammgäste. „Dort drüben, an Tisch eins, sitzen ab 18.30 Uhr die Knobler“, sagt Loß und zeigt auf den Nachbartisch. Immer donnerstags treffen sich Hobby-Zauberkünstler aus ganz Stormarn zum magischen Stammtisch.
„Man hat sich bei Bianka immer gut aufgehoben gefühlt“, sagt Loß. Für den Trittauer ist die Kneipe auch ein Ort des sozialen Lebens. „Es ist immer jemand da, den man kennt“, sagt er. „Die sozialen Kontakte nehmen ja leider heutzutage insgesamt ab“, fügt Ehefrau Linda hinzu. Das Paar schätzt am La Fayette auch, dass das Lokal im Gegensatz zu vielen anderen Kneipen neben Getränken auch warme Speisen offeriert habe.
Viele Gäste beklagen, dass es immer weniger Kneipen gebe
Heino Bentien wird vor allem „die guten Gespräche am Tresen“ vermissen. „Bianka war die Einzige in Trittau mit einem Tresen, an den man sich setzen konnte“, sagt er. „Bei gutem Wetter konnte man auch draußen auf der Terrasse gemütlich sitzen“, so der Trittauer. Die gute Küche und die „immer gut gelaunte Wirtin“ hätten den besonderen Charme des Lokals ausgemacht.
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Für Wolfgang Bünger ist das Ende des La Fayette auch Ausdruck des Niedergangs einer Tradition. „Wir haben uns früher nach Feierabend oft auf ein Bierchen in eine Kneipe gesetzt“, sagt er. Doch das sterbe aus. „Die jungen Leute machen das nicht mehr“, meint Bünger. Noch vor 30 Jahren habe es weit über zehn Kneipen in Trittau gegeben, sagt er und erinnert an das Treppchen und den Schützenhof. Nach und nach seien sie verschwunden. Mit dem Aus für das La Fayette werde der 9000-Einwohner-Gemeinde etwas fehlen, ist Bünger überzeugt.
Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch kommt seit Jugendtagen
Zu den Stammgästen gehören auch Markus Breitenbach und Willi Strübbe. Die Freunde haben es sich am Tresen bequem gemacht, genießen ein letztes Bier in ihrer Stammkneipe. „Es ist einfach unglaublich schade“, sagt Strübbe über die bevorstehende Schließung des Lokals. Die Freunde verlieren einen liebgewonnenen Anlaufpunkt. „Etwas Vergleichbares wie das La Fayette gibt es im Ort nicht“, sagt Breitenbach.
Das La Fayette war regelmäßig Dreh- und Angelpunkt des Gemeindelebens. Die Feuerwehr lud zu ihren Festen in das Lokal, die örtlichen Parteien, darunter CDU, SPD und Grüne, veranstalteten bei Bianka Timm ihre politischen Gesprächsrunden, Familien kamen zum Feiern zusammen. Häufiger Gast war auch Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch. Seit Schulzeiten kommt der Verwaltungschef zum Klönschnack mit Freunden in das Lokal. Selbstredend ist der Bürgermeister auch bei der Abschiedsparty dabei.
Das La Fayette ist für viele Trittauer ein Stück Heimat
„Meine Freunde und ich sind noch aus dem Moin Moin mit in das La Fayette gewechselt“, erinnert sich Mesch. Auch heute komme er noch regelmäßig mit den Kumpels von damals bei Bianka Timm zusammen. Besonders habe er die „gemütliche, zwanglose Atmosphäre“ geschätzt. „Das La Fayette ist für mich und für viele andere ein Stück Heimat“, sagt der Bürgermeister und ergänzt, fast schon sentimental: „Mit dem Ende des La Fayette geht Trittau eine Institution verloren.“ Sentimental wird es noch häufiger an diesem Abend. Der Stimmung tut das keinen Abbruch. Trotz allen Abschiedsschmerzes wollen die Gäste an diesem Abend vor allem eines: In ihrer Stammkneipe ein letztes Mal feiern.