Siek. Narinjan Singh übernahm in der Pandemie die Gaststätte vom Tennisclub Siek. Lieferservice funktionierte nicht. Jetzt hat er zwei Jobs.

Der im vergangenen Jahr für 1400 Euro angeschaffte Pizzaofen sowie die 400 Euro teure Teigknetmaschine sind an diesem späten Vormittag ausgeschaltet und werden es noch Monate bleiben. Auch duftet es in der Gastronomie des Tennisclubs Siek nicht nach Essen. Der Kühlschrank nahe dem Eingangsbereich für Getränke ist nahezu leer. Betreiber Narinjan Singh steht hinter dem Tresen und blickt in den aufgeräumten Speiseraum, wo Tische kopfüber aufeinandergestellt sind.

Der 46-Jährige hatte sich in Corona-Zeiten selbstständig gemacht, die Vereinsgaststätte am Hansdorfer Weg im Juni 2020 übernommen und große Pläne gehabt. „Mein Traum, so wie ich ihn mir vorgestellt habe, hat sich nicht erfüllt“, sagt der Gründer. Nur mit der Arbeit im Lokal kann er sich finanziell nicht über Wasser halten, musste wieder einen Job annehmen. Es ist ein hartes Leben mit wenig Freizeit zumindest im Sommer.

Narinjan Singh kam vor 25 Jahren nach Deutschland

Der Ahrensburger ist gelernter Koch, machte die Ausbildung in seinem Geburtsland Indien. Vor 25 Jahren kommt er nach Deutschland in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Singh steigt in die Gastronomie ein, sammelt Erfahrung in vier Betrieben als Angestellter. Die Schichten sind mitunter lang und gehen bis in die Nacht hinein. Das will er nicht mehr, entschließt sich kurz vor Beginn der Pandemie, den Weg als Unternehmer einzuschlagen. Jetzt fehlt nur noch das passende Objekt.

Allerdings will der Mann kein großes Risiko eingehen, schließt teure Mietzahlungen für Räume aus. Da kommt das Angebot des Tennisclubs zur richtigen Zeit: Pachtvertrag mit Gratis-Nutzung, der Verein stellt Mobiliar und sonstiges Equipment, darunter einen Fernseher.

Lieferservice wurde im zweiten Geschäftsjahr eingestellt

Das Vereinsheim des Tennisclubs verfügt über eine große Terrasse. Sie wurde 2021 erneuert.
Das Vereinsheim des Tennisclubs verfügt über eine große Terrasse. Sie wurde 2021 erneuert. © René Soukup

Singh weiß, dass er Einnahmen vornehmlich generiert, indem er die mehr als 200 Mitglieder bewirtet. Ein gutes Geschäft ist somit nur während der Außensaison möglich. Eine Halle gibt es auf der Anlage nicht. Seine Idee, um ganzjährig Geld zu verdienen mit dem Lokal: durchgehende Öffnungszeiten von April bis Anfang Oktober, dazwischen Lieferservice und Einzeltermine mit größeren Feiern im Clubhaus.

Für die Auslieferung der Mahlzeiten kauft er ein Auto, stellt zudem sein eigenes für die zwei Mitarbeiter zur Verfügung. Doch die Konkurrenz ist groß durch namhafte Ketten. „Außerdem hatten die beiden Fahrer keinen eigenen Pkw. Es war ihnen dann doch zu mühsam, immer mit dem Bus und zu Fuß zur Anlage zu kommen“, sagt der Gastronom. Ihm wird klar, dass sich diese Säule des Geschäftsmodells nicht rechnet. Nach einem Winter ist Schluss mit dem Lieferservice.

Von Montag bis Freitag kocht er bis 22 Uhr und schenkt Getränke aus

Über die Runden kommt die Familie trotzdem. Gattin Randeen (42), die immer mal wieder in der Küche unterstützt, hat einen Halbtagsjob in einer Apotheke. Das Paar hat zwei Kinder. Der Sohn ist inzwischen 15 und die Tochter 16 Jahre alt. Im Juli vergangenen Jahres steuert Singh um und heuert als Verkäufer an der Theke einer Fleischerei an für 30 Stunden pro Woche. In der Regel hat er um 14 Uhr Feierabend, dann geht es für eine kurze Pause nach Hause und anschließend ins Clubheim.

Von Montag bis Freitag kocht er bis 22 Uhr und schenkt Getränke aus. An Wochenenden bei Punktspielen steht der Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft schon am Vormittag hinter dem Herd oder auch abends am Pizzaofen. „Die Doppelbelastung über fünf Monate zehrt schon. Aber ich habe die Entscheidung, mich selbstständig zu machen, zu keinem Zeitpunkt bereut“, sagt Singh.

Die meisten Gäste ordern nur Getränke

Er denkt an die Sieker Open 2021 zurück, ein bekanntes Tennis-Turnier über eine Woche. „Da waren jeden Tag rund 100 Leute auf der Anlage. Ich hatte viele Einnahmen.“ Für das Event mietete der Ahrensburger einen Bierwagen. Sein Ziel, regelmäßig eine Vielzahl von Nicht-Mitgliedern als Gäste begrüßen zu können, hat er nicht erreicht. „Obwohl alle sagen, dass meine Pizzen besser schmecken als beim Italiener.“ Der Tennisclub liegt weit entfernt von der Hauptstraße. Laufkundschaft? Fehlanzeige. Da half es auch nicht, dass die Verantwortlichen die Terrasse erneuern ließen.

Den meisten Umsatz macht Singh bei den Punktspielen am Wochenende, verkauft dann bis zu 70 Gerichte. Unter der Woche sind es am Tag gerade mal ein Dutzend. Er sagt, die meisten Tennisspieler würden nach dem Training nur Getränke ordern. In dem Lokal hat der Koch bislang zwei große Feiern ausgerichtet, darunter eine Hochzeit.

„Ich werde so weitermachen, bin ein glücklicher Mensch. Und über den Winter habe ich ja mehr Zeit für die Familie“, sagt Singh. Demnächst wird sich sein Nachwuchs mit der Berufswahl beschäftigen. „Sollten meine Tochter oder mein Sohn mit einem Einstieg in die Gastrobranche liebäugeln, werde ich ihnen davon abraten.“