Jersbek. Der Heimatbund des Kreises feiert die 41. Auflage des Almanachs. Die Beatles kommen darin ebenso vor wie das Aus für Büttenwarder.

176 Seiten voller interessanter Geschichten aus Vergangenheit und Gegenwart – das ist Stormarns Jahrbuch für 2023. Die 41. Auflage des Werks ist gerade erschienen und ab sofort für 15 Euro in allen Buchhandlungen des Kreises erhältlich. „Es ist ein starkes Stück Stormarn, das die Vielfalt des Kreises widerspiegelt und eine großartige Werbung für ihn ist“, lobt Oliver Mesch, seit 3. November neuer Vorsitzender des Heimatbunds Stormarn, in dessen Regie der Almanach Jahr für Jahr entsteht.

Für „Chefredakteur“ Burkhard von Hennigs ist der 41. Jahrgang so aktuell wie kaum einer seiner Vorgänger. „Natürlich haben wir eine Bilanz der Corona-Pandemie gezogen, die zwei lange Jahre auch Stormarn fest im Griff hatte“, so der Oldesloer. Als eine Frau aus Ammersbek am 3. März 2020 nach ihrer Rückkehr aus einem Risikogebiet als erste Person im Kreis positiv getestet worden sei, hätte noch niemand ahnen können, welche Ausmaße die Infektionswelle annehmen und das Leben der Stormarner auf vielfältige Weise beeinflussen würde.

Bedeutendes Ehrenmal blieb lange unbeachtet

Eine immer wiederkehrende Rolle in mehreren Beiträgen spielt diesmal das Thema Krieg. Ob es nun um den barbarischen Überfall Russlands auf die Ukraine geht, um den Absturz eines amerikanischen Bombers am 30. Oktober 1944 in Oststeinbek, um die oft umkämpfte Burg Stegen oder um die vielfältigen Bunkeranlagen und Kriegsdenkmäler im Kreisgebiet.

„Lange Zeit ist eines der bedeutendsten Ehrenmale übersehen worden, nämlich das in Lütjensee“, sagt von Hennigs. Dabei stamme gerade jenes von Gustav Lüttge, einem der bekanntesten deutschen Landschaftsarchitekten. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg habe sich der gebürtige Hamburger durch die Konzeption von zahlreichen Gärten für vermögende Bewohner der Hansemetropole einen Namen gemacht.

Ein plattdeutsches Gedicht zum Ukraine-Krieg

„Zu seinen Bauherren gehörten klangvolle Namen wie Bucerius, Reemtsma, Springer und Warburg“, so von Hennigs. Lüttge habe unter anderem den Alsterpark in Hamburg entworfen, die Pergola im Berliner Hansaviertel, die Wohngärten von Neutra-Siedlungen in Quickborn und Walldorf sowie den Kurpark in Mölln. Und 1957 eben auch das Mahnmal auf dem Friedhof in Lütjensee. All das habe der frühere Hamburger Landeskonservator Frank Pieter Hesse in einem umfassenden Gastbeitrag aufbereitet.

In dem plattdeutschen Gedicht „Kai un Abel – de Brodermoord“ hat sich Cord Denker Tod und Zerstörung in der Ukraine auch auf lyrische Weise angenommen. In Denker, vormals Pastor in Bargteheide, der am 6. Juni dieses Jahres verstarb, hat die Redaktion einen verdienstvollen Mitstreiter verloren. In Erinnerung bleibt er unter anderem durch seine „Stormarn-Hymne“, die er zum Kreisjubiläum 2017 geschrieben hat.

Neue Forschungsergebnisse zur Burg Stegen

Ein weiterer ausführlicher historischer Beitrag befasst sich mit der Entstehung der Burg Stegen. „Sie dürfte Mitte des 14. Jahrhunderts gebaut worden sein. Und es ist bekannt, dass sie oft belagert und angegriffen worden ist“, sagt von Hennigs. Nach Grabungen im Herbst 2019 gebe es jetzt aber viele neue aufschlussreiche Erkenntnisse, die bisher noch nicht publiziert worden seien.

„Über diese wichtigen Bausteine für die archäologische Forschung berichten die Leiter des Projekts, Professor Felix Biermann und Normen Posselt, jetzt erstmals in einem Beitrag für unser Jahrbuch“, offenbart von Hennigs mit hörbarem Stolz. Ergänzend habe Günther Bock historische Quellen zu Stegen zusammengestellt.

Entstehungsgeschichte aller Dörfer nachgezeichnet

In der aktuellen Ausgabe des Jahrbuchs vollendet der Autor zudem seine zehnteilige Reihe zu „Wüstungen in Stormarn“. In ihr hat Bock faktenreich die Entstehungshistorie aller Stormarner Dörfer nachgezeichnet und zieht nun ein siedlungsgeschichtliches Fazit. Danach hat es bis zum Ende des Mittelalters 245 Siedlungsplätze in 22 Kirchspielen im Kreisgebiet gegeben. Aus 101 Orten liegen Hinweise zur schwankenden Anzahl von Bauernhöfen vor, die oft Keimzelle zur Entstehung von Dörfern waren.

„Die Recherchen von Günther Bock sind weit über die Kreisgrenzen hinaus von großem Wert, da sie eine Lücke in der Forschung zur Landesgeschichte füllen und es in ganz Schleswig-Holstein bislang nichts Vergleichbares gibt“, sagt Helmuth Peets, der nach 21 Jahren an der Spitze des Heimatbunds Stormarn einstimmig zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde.

Unterdessen freut sich sein Nachfolger, Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch, darüber, dass sich Vorgänger Peets in seinem aktuellen Beitrag eingehend mit dem Trittauer Mühlental beschäftigt. „Damit hebt das Jahrbuch einmal mehr das wichtige Thema Naturschutz ins Bewusstsein der Leser“, so Mesch.

Abgerundet wird das facettenreiche Werk mit einer unterhaltsamen Geschichte über eine Stippvisite der weltberühmten Beatles, die 1966 im Schloss Tremsbüttel logierten. Und mit einem Abgesang auf die Dreharbeiten zur NDR-Kultserie „Neues aus Büttenwarder“, die viele Jahre in Grönwohld und Granderheide in Szene gesetzt worden ist.

Die Kreisverwaltung hat sich nicht beteiligt

21 Autoren haben am Jahrbuch des Heimatbunds Stormarn mitgewirkt – wie immer ehrenamtlich. „Anders wäre es gar nicht zu realisieren“, sagt der Ehrenvorsitzende Helmuth Peets, der nach 21 Jahren den Vorsitz abgegeben hat. Aber nicht ohne den deutlichen Hinweis, dass dieser Almanach eigentlich eine Aufgabe des Kreises sei. Der habe sich aber schon vor Jahrzehnten rausgezogen. „Dabei ist die Produktion jedes Mal ein Kraftakt, auch finanziell“, so Peets. Im Vergleich zum Vorjahr seien allein die Papierkosten um 700 Euro gestiegen. Und der Beitrag des Kreises? Null! „Ohne die Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung Stormarn wäre das Jahrbuch gar nicht umsetzbar“, moniert Peets.

Der neue Vorsitzende Oliver Mesch wünscht sich künftig eine stärkere Kooperation mit der Kreisverwaltung. „Sie könnte das Jahrbuch etwa nutzen, um ihre eigene Arbeit zu dokumentieren“, so Mesch. Und den Heimatbund mit einem Druckkostenzuschuss unterstützen. „Wir reden hier von einer Summe im dreistelligen Bereich unterstützen. Das sollte dem Kreis dieses identitätsstiftende Werk eigentlich wert sein“, sagt Trittaus Bürgermeister.