Ahrensburg. Aufenthaltsqualität für Bürger soll sich erhöhen, die Zahl der Parkplätze deutlich reduziert werden. Kaufleute kritisieren das Projekt.
Weniger Parkplätze, ein Tempo-Limit von 20 Kilometern pro Stunde, dazu breite Gehwege und neue Bäume, um den historischen Allee-Charakter wiederherzustellen: So möchte die Ahrensburger Verwaltung die Hamburger Straße im Innenstadtbereich umgestalten, um die Aufenthaltsqualität für Bürger zu erhöhen und die Durchfahrt für Radfahrer sicherer zu machen. Stephan Schott, Leiter des Tiefbauamtes, hat die vom Rathaus favorisierte Variante jetzt im Bau- und Planungsausschuss vorgestellt. Die Runderneuerung der Straße ist Teil des Innenstadtkonzepts, das die Stadtverordneten Anfang 2018 beschlossen haben. Geplant sind 60 Projekte für rund 76 Millionen Euro.
Nach der Umgestaltung soll es nur noch 17 Parkplätze geben
Ziel der Umgestaltung ist auch, die derzeit herrschende Dominanz des ruhenden Verkehrs zu beseitigen. Die Zahl der Stellplätze soll deshalb von 53 auf 17 reduziert werden. Autofahrer sollen künftig nur noch auf der südöstlichen Straßenseite vor den Hausnummern 11 bis 23 (siehe Grafik unten) in Längsaufstellung ihre Fahrzeuge abstellen dürfen.
Bei Einzelhändlern sorgen die Pläne für Unmut. Mehrere Geschäftsleute sind am Mittwochabend zur Sitzung gekommen, um den Wegfall der Parkplätze scharf zu kritisieren. Darunter Matthias Timm, Chef des Kaufhauses Nessler. Er sagt: „Mit dieser Variante werden wir erheblich geschädigt. Sie empfehlen damit die Vernichtung des Einzelhandels in Ahrensburg.“ Die Straße sei breit genug, um mehr Stellflächen zu schaffen. „Aber das ist offenbar gar nicht gewollt“, kritisiert Timm. „Für uns bedeutet die zweijährige Umbauzeit eine erhebliche Belastung – und das vor dem Hintergrund der schlechten Perspektive danach.“
+++ Einen Kommentar zum Thema lesen Sie hier +++
Götz Westphal, Vorsitzender der Kaufleutevereinigung Stadtforum, plädiert dafür, die Autos an der Hamburger Straße künftig in Schrägaufstellung parken zu lassen. Stephan Schott rät von dieser Variante jedoch ab. „Beim Ausparken würden Radfahrer gefährdet“, sagt er. „Wir würden auf diese Weise nur fünf Parkplätze mehr schaffen, die Gefahr aber erheblich erhöhen.“ Ähnliches gelte beim beidseitigen Parken. Denn es ist angedacht, dass Radfahrer die Einbahnstraße in beide Richtungen befahren dürfen, direkt auf der Fahrbahn. Diese soll eine Breite von fünf Metern haben.
Bis zu 900 Radfahrer nutzen täglich die Hamburger Straße
Die Strecke ist Teil der Veloroute 6. Derzeit fahren nach Rathausangaben 600 bis 900 Fahrräder pro Tag durch die Hamburger Straße, nach der Umgestaltung sollen es deutlich mehr werden. Die Zahl der Autos liegt momentan bei 1000 bis 1500 pro Tag. Die Gehwege sollen auf beiden Seiten 3,25 bis fünf Meter breit sein. „Wir räumen den Fußgängern mehr Platz ein“, sagt Schott. Der Parkstreifen soll auf derselben Höhe sein und nur farblich abgegrenzt werden, um die Fläche bei Veranstaltungen wie dem Stadtfest besser nutzen zu können. Aus diesem Grund soll auch die Bordsteinkante zur Fahrbahn möglichst niedrig werden.
Die Linden sollen gefällt und ersetzt werden
Um den historischen Allee-Charakter wiederherzustellen, ist geplant, auf beiden Straßenseiten Bäume zu pflanzen. Zurzeit gibt es große Lücken. Da die bestehenden Linden laut einem Gutachter größtenteils in keinem guten Zustand sind, sollen sie den Plänen zufolge gefällt und ersetzt werden.
Bei den Politikern lösen die Pläne unterschiedliche Reaktionen aus. Lob gibt es von den Grünen. Deren Fraktionschefin Nadine Levenhagen sagt: „Jedes Auto, das in der Innenstadt parkt, nimmt Aufenthaltsqualität weg. Wir wollen den öffentlichen Raum wieder für die Menschen freigeben.“ Derzeit sei es nicht gemütlich, zu Fuß durch die Hamburger Straße zu gehen. Ali Haydar Mercan, Fraktionschef der Linken, sagt: „Wir werden uns mittelfristig daran gewöhnen müssen, die Innenstadt vom motorisierten Verkehr zu befreien. Ahrensburg wäre nicht die erste Stadt, und in anderen Orten haben die Einzelhändler den Schritt auch überlebt.“ Detlef Steuer von der Wählergemeinschaft WAB bezeichnet die Pläne als „super“, sagt: „Endlich wird der Masterplan Verkehr berücksichtigt: Wir fördern den Radverkehr und den Öffentlichen Personennahverkehr und drängen die Autos zurück.“
Verwaltung arbeitet an Konzept für die Parkraumbewirtschaftung
Eckehard Knoll (CDU) ist anderer Meinung. „Für mich ist das so nicht akzeptabel. Wir müssten deutlich mehr Parkplätze haben. Die Geschäftsleute leben davon, dass die Menschen aus umliegenden Orten zu uns kommen.“ Die SPD findet die Umgestaltung grundsätzlich „sehr ansprechend“. Sie will aber das Parkraumbewirtschaftungskonzept abwarten, das die Verwaltung zurzeit erstellt. Es soll laut Stadtplaner Kay Renner im Mai 2020 vorliegen. „Wir müssen wissen, wie die wegfallenden Parkplätze ersetzt werden“, so Gerhard Bartel. Auch Michael Stukenberg (FDP) sagt: „Wir müssen zunächst die Verkehrsprobleme lösen, bevor wir hier weitere Parkplätze wegnehmen.“ Bauamtsleiter Peter Kania kritisiert, dass sich die Politik zu viel Zeit bei der Schaffung neuer Parkplätze an anderer Stelle lasse. „Wir diskutieren schon zu lange über Parkhaus oder Tiefgarage, müssen endlich mal zu einem Beschluss kommen.“
Die Bauarbeiten könnten im Frühjahr 2021 beginnen
Der Zeitplan für die Hamburger Straße sieht vor, die Planungen bis zum Frühjahr 2020 zu vertiefen. Dann soll ein Förderantrag beim Land gestellt werden. Anfang 2021 könnte Baubeginn sein, die Verwaltung rechnet mit einer Bauzeit von zwei Jahren. Die Kosten stehen noch nicht fest. Zudem will der Versorger Hamburg Wasser die alte Wassertransportleitung aus den 1930er-Jahren mit allen Hausanschlüssen erneuern. Auch das Stromnetz soll modernisiert werden.
Auf Antrag der FDP, die Beratungsbedarf anmeldete, haben die Politiker am Mittwochabend noch keinen Beschluss zu den Umbauplänen gefasst. Die Abstimmung soll in der Sitzung des Bauausschusses am 4. Dezember erfolgen.