Lütjensee. Straße soll bis Dezember dreispurig werden. Anwohner wundern sich, warum kaum Arbeiter zu sehen sind. Lütjenseer vom Verkehr genervt.
Am 20. Februar war mit viel Prominenz der erste Spatenstich für den dritten Abschnitt des dreispurigen Ausbaus der Bundesstraße 404 zwischen den Anschlussstellen Lütjensee/Schönberg und Lütjensee/Grönwohld gesetzt worden. Neben Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) waren unter anderem Landrat Henning Görtz, Kreispräsident Hans-Werner Harmuth und mehrere Landtagsabgeordnete an den Ort des Geschehens gekommen. Seitdem ist es nach Ansicht vieler Anwohner aber viel zu oft und viel zu lange allzu still auf der Baustelle. Und viele fragen sich: Ist die avisierte Freigabe des Abschnitts Mitte Dezember überhaupt noch realistisch?
Brücke über die Ripsbek muss komplett erneuert werden
„Durch die Vollsperrung ist das Baufeld nur am Anfang und Ende einsehbar. Deshalb täuscht der Eindruck, dass da nichts passiert“, versichert Dagmar Barkmann, Sprecherin des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV). Sie könne alle Skeptiker beruhigen: „Die Straßenbauarbeiten liegen absolut im Zeitplan.“
Momentan stünden der Einbau der Zementverfestigung, der seitlichen Entwässerungsanlagen und der Amphibienleiteinrichtungen auf dem Programm. Zudem werde weiter mit Hochdruck an der neuen Brücke über die Ripsbek gearbeitet, deren Vorgängerin zuvor komplett abgerissen werden musste.
Ab Montag erweiterte Vollsperrung wegen Sanierung der Rampen
Ab Montag beginnt an der Anschlussstelle Lütjensee/Schönberg die Sanierung der Rampen. Diese werden bis zum 1. September vollgesperrt. Die Umleitungsstrecke führt von der Anschlussstelle Mollhagen/Todendorf über die L 296 bis Todendorf, weiter über die L 90 nach Oetjendorf und anschließend über die K 98 nach Lütjensee. Von dort wird der Verkehr über die bereits eingerichtete Umleitungsstrecke zur Anschlussstelle Lütjensee/Grönwohld geführt. An der Anschlussstelle Sprenge/Todendorf wird nur die Auffahrt Richtung Schwarzenbek gesperrt.
Die Monate September bis November seien dann der Asphaltierung des vier Kilometer langen Streckenabschnitts vorbehalten. Ist die neue Straßendecke aufgetragen, erhalte sie die notwendigen Markierungen. „Laut aktuellem Stand des Zeitplans werden die Bauarbeiten am 22. Dezember beendet sein“, so Barkmann.
In Lütjensee und Grönwohld hat der Verkehr zugenommen
Dennoch ist die Skepsis der Bewohner von Lütjensee und von Grönwohld vorhanden und verständlich: Seit Monaten wälzt sich der Umleitungsverkehr durch die kleinen Gemeinden. Besonders die extreme Zunahme des Schwerlastverkehrs macht den unmittelbaren Anrainern der Landesstraße 92 sowie der Kreisstraßen 31 und 32 zu schaffen. In den Ferien war die Belastung durch Sattelschlepper, Containerauflieger und Viehtransporter durch Urlauber mit Wohnmobilen und Wohnwagen noch deutlich potenziert worden.
„Viele Einwohner der Gemeinde sind richtig genervt“, ließ Lütjensees Bürgermeisterin Ulrike Stentzler in den vergangenen Wochen mehrfach unmissverständlich wissen. Außer dem Lärm würden auch zunehmende Beschädigungen an Wohnhäusern, Fußwegen und Banketten beklagt.
Schon im Vorfeld stand der dritte Ausbauabschnitt der Bundesstraße 404 unter keinem guten Stern. Erst hatten zwei Anwohner gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt. Dem Landesverkehrsministerium war allerdings in zähen Verhandlungen eine außergerichtliche Einigung gelungen.
Fast 21.000 Fahrzeuge nutzen täglich die Strecke
Dann durchkreuzten streng geschützte Tiere eine zügige Umsetzung des Projekts. Erst galt es Rücksicht auf das Ende des Winterschlafs der Fledermäuse zu nehmen. Im April durfte die Haselmaus nicht gestört werden, da sich der possierliche Nager in dieser Zeit verstärkt um Nachwuchs kümmert.
So musste ab Mai mit Hochdruck aufgeholt werden, was in den Wochen zuvor nicht abgearbeitet werden konnte. Ein Umstand, der auch Verkehrsminister Bernd Buchholz mit gebremstem Unmut über deutsches Planungsrecht erfüllte: „Es ist schon schwierig, den betroffenen Anwohnern zu erklären, warum auf solch einer wichtigen Baustelle wochenlang nichts passiert.“
Dabei ist die Bundesstraße 404 ein extrem wichtiger Verkehrsweg, nicht zuletzt als Verbindung zwischen den Autobahnen 1 und 24. Täglich sind auf der kurvenreiche Piste im Durchschnitt fast 21.000 Fahrzeuge unterwegs. Der Lastwagen-Anteil ist dabei mit 13 Prozent, nachts sind es sogar 23 Prozent, überproportional hoch.
Rund 400 Unfälle in 20 Jahren
Allein in den Ausbau bei Lütjensee werden nun 9,1 Millionen Euro investiert. Die neu entstehenden, wechselseitigen Überholspuren sollen die einstige „Todesstrecke“ sicherer und den Verkehr flüssiger machen. Zwischen 1998 bis 2018 hatte die Polizei fast 400 Unfälle registriert. Dabei waren 17 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 80 schwer verletzt worden.
Häufig waren riskante Überholmanöver der Auslöser von Frontalzusammenstößen. Als Reaktion darauf waren ein Überholverbot auf fast neun Kilometern zwischen Todendorf und Trittau sowie mehrere Tempolimits von 70 km/h eingeführt worden.