Ahrensburg. Verhandlung vor dem Amtsgericht Ahrensburg startet im September. Der Vorwurf lautet gewerbsmäßige Untreue und Computerbetrug.

Die Chefin des inzwischen geschlossenen Reisebüros Lange­loh aus Ahrensburg muss sich von September an wegen gewerbsmäßiger Untreue und Computerbetrugs vor Gericht verantworten. Das Amtsgericht Ahrensburg hat die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft (Az.: 54 Ls 779 Js 24792/18) „vollumfänglich zugelassen“ und den Prozessbeginn auf Donnerstag, 26. September, um 9 Uhr terminiert. Die Behörde hat nach Angaben ihres Direktors Michael Burmeister drei Verhandlungstage angesetzt und 25 Zeugen geladen.

Das Urteil in dem Prozess könnte Ende Oktober fallen

Wie berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft Lübeck der 53 Jahre alten Geschäftsfrau gewerbsmäßige Untreue in zehn Fällen und gewerbsmäßigen Computerbetrug in 19 Fällen vor. „Sie soll zwischen Juni 2015 und Februar 2018 in den von ihr betriebenen Reisebüros Geld, mit dem Kunden gebuchte Reisen bezahlt hatten, nicht an den jeweiligen Reiseveranstalter beziehungsweise die Fluggesellschaft weitergeleitet haben“, sagte Oberstaatsanwältin Ulla Hingst dem Abendblatt. „Stattdessen soll sie das Geld zweckwidrig zur Begleichung anderer Verbindlichkeiten verwendet haben.“ Darüber hinaus legt die Staatsanwaltschaft der Firmenchefin zur Last, Konto- und Kreditkartendaten ihrer Kunden verwendet zu haben, um Flüge, Reisen und Hotelzimmer anderer Kunden zu bezahlen. Auf diese Weise habe sie verschleiern wollen, dass sie deren Zahlungen bereits „zweckfremd verbraucht“ hatte. Mit diesem Vorgehen soll die Frau insgesamt mehr als 71.000 Euro unrechtmäßig erlangt haben. Angeklagt sind allerdings nicht alle zur Anzeige gebrachten Fälle, so dass der Schaden deutlich höher sein dürfte.

Der Ahrensburger Alfried Haase steht vor dem Reisebüro, das mittlerweile geschlossen wurde.
Der Ahrensburger Alfried Haase steht vor dem Reisebüro, das mittlerweile geschlossen wurde. © HA | Janina Dietrich

Der Prozess erfolgt vor einem Schöffengericht mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Laienrichtern. Am ersten Verhandlungstag sollen 15 Zeugen gehört werden. Beim zweiten Termin am Dienstag, 15. Oktober, werden zehn weitere Zeugen zu Wort kommen. Ein Urteil könnte nach derzeitiger Planung des Gerichts am Dienstag, 29. Oktober, fallen.

Viele Reisebüro-Kunden wandten sich an das Abendblatt

Das Abendblatt hatte im Sommer 2018 erstmals über Betrugsvorwürfe gegen das Reisebüro berichtet, nachdem sich der Ahrensburger Alfried Haase an die Redaktion gewandt hatte. Er erzählte von Flügen, Hotelübernachtungen und Mietwagen für eine Asien-Reise, die er zum Teil doppelt oder dreifach bezahlen musste. Haase fordert rund 12.000 Euro von dem Geschäft zurück.

Seitdem meldeten sich mehr als ein Dutzend weiterer Kunden beim Abendblatt, die eigenen Angaben zufolge Ähnliches erlebt hatten, darunter auch Familie Krull aus Ahrensburg. Sie hatte vom 5. Februar bis 19. März 2018 eine sechswöchige Rundreise durch Australien und auf die Fidschi-Inseln über das Reisebüro Langeloh gebucht. Doch viele der im Vorfeld ausgesuchten und bezahlten Hotels seien von der Geschäftsfrau nicht reserviert worden. Mehrmals seien Kreditkarten während des Urlaubs ohne Erlaubnis belastet worden. Das Ehepaar beziffert den Schaden auf rund 10.000 Euro. Nach der Rückkehr erstattete Familienvater Garrelt Krull Anzeige bei der Polizei. Er wird nun beim Prozess als Zeuge aussagen. Die Vorladung für den 15. Oktober lag vor wenigen Tagen in seinem Briefkasten.

Betroffene wollen die Hintergründe erfahren

Seine Frau Sabine Krull will die Verhandlung als Zuschauerin verfolgen. „Vielleicht erfahre ich dann, warum sie das alles gemacht hat“, sagt sie. Große Hoffnung, etwas von ihrem Geld zurückzubekommen, habe sie nicht mehr. Auf eine Zivilklage verzichteten die Krulls bislang aus Kostengründen. Laut ihrem Anwalt Alexander Sommer wäre es möglich, die zivilrechtlichen Ansprüche in dem nun beginnenden Strafprozess über das sogenannte Adhäsionsverfahren geltend zu machen. Sabine Krull sagt: „Das werden wir uns noch überlegen.“

Auch Alfried Haase erhofft sich von dem Prozess, Antworten zu bekommen. „Ich möchte endlich die Hintergründe erfahren“, sagt der 76-Jährige. „Warum ist das alles passiert? Was ist in dem Geschäft schief gelaufen?“ Der Ahrensburger ist häufig auf Reisen – beruflich und privat. „Wo soll ich diese nach den Erfahrungen noch buchen? Welche Absicherungen habe ich, dass mir so etwas nicht noch einmal passiert?“, fragt er.

Haase will den Prozess als Zuschauer verfolgen, als Zeuge ist er bislang nicht vorgesehen. Der Grund: In seinem Fall wurde das Betrugsverfahren bereits vor einem Jahr vorläufig eingestellt. Die Staatsanwaltschaft teilte ihm damals mit, „dass die Strafe, die wegen des von Ihnen angezeigten Sachverhalts zu erwarten wäre, nicht beträchtlich ins Gewicht fallen“ würde.

Anita Koch hat bei der Airline Emirates ein Flugverbot bekommen. Grund ist eine ausstehende Forderung von gut 3800 Euro.
Anita Koch hat bei der Airline Emirates ein Flugverbot bekommen. Grund ist eine ausstehende Forderung von gut 3800 Euro. © HA | Janina Dietrich

Auch Anita Koch hat bisher keine Vorladung erhalten. Die Frau aus Fuhlenhagen (Kreis Herzogtum Lauenburg) setzt große Hoffnungen in den Prozess. „Wenn die Reisebüro-Chefin schuldig gesprochen wird, habe ich einen Beweis, den ich der Fluggesellschaft Emirates vorlegen kann“, sagt sie. „Vielleicht lassen sich mich dann wieder mitfliegen.“ Wie berichtet, hat die Airline Anfang des Jahres ein Flugverbot gegen Anita Koch verhängt. Der Grund ist eine ausstehende Forderung von gut 3800 Euro für einen Flug nach Australien. Diesen hatte die Ergotherapeutin über das Reisebüro gebucht und bezahlt. Anfang 2020 würde Koch gern wieder nach Adelaide fliegen, um ihre dort lebende Tochter und deren Familie zu besuchen. Sie hofft, die Airline bis dahin von ihrer Unschuld überzeugen zu können.

Im Falle einer Verurteilung droht eine Gefängnisstrafe

Die Reisebüro-Inhaberin hatte ihr Geschäft in Ahrensburg im September 2018 geschlossen. Ein weiteres Büro in Schwarzenbek ist schon länger dicht. Im Falle einer Verurteilung droht der Frau eine mehrjährige Haftstrafe. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft liegt das gesetzliche Strafmaß für Untreue und Computerbetrug in einem besonders schweren Fall bei einer Freiheitsstrafe von sechs bis zehn Jahren.