Ahrensburg. Flugreisen doppelt bezahlt? Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ahrensburger Reisebüro. Auch Gewerbeaufsicht ist informiert.
Der Verdacht gegen das Ahrensburger Reisebüro Langeloh wiegt schwer: Mehrfach soll die Firma Kunden betrogen haben. Dabei geht es um Flugreisen und Hotelbuchungen, für die sie teils doppelt zahlen mussten. Inzwischen haben sich elf Betroffene an das Abendblatt gewandt, ihre Erfahrungen geschildert. Die Staatsanwaltschaft in Lübeck ermittelt. Schaltet sich nun auch die Gewerbeaufsicht in Ahrensburg ein? Das zumindest hoffen einige der Opfer. So auch Dirk Främke. Er fragt: „Wer stoppt endlich diese Firma?“
Främke ist Unternehmer in Ahrensburg, führt einen bekannten Malerbetrieb. Er sagt: „Es ist unfassbar, dass bisher niemand etwas unternimmt.“ Er habe bereits zwischen 2014 und 2016 Ärger mit dem Unternehmen gehabt. Er sei entsetzt über die offenbar große Zahl Betroffener. Diese berichten von Flügen und Hotels, die trotz Überweisung an das Reisebüro von der Firma Langeloh nicht bezahlt worden seien. Die Kunden mussten teilweise am Flughafen nachzahlen, fühlen sich um Tausende Euro erleichtert. Dirk Främke sagt: „Es macht mich wütend, dass nach wie vor Menschen ihr Erspartes verlieren. Und das über einen so langen Zeitraum.“
Kunden entsetzt, dass das Geschäft weiter geöffnet hat
Was ihn so sehr verärgert ist die Tatsache, dass das Büro weiterhin geöffnet hat, obwohl Gerichte die Firma bereits mehrfach zu Schadenersatz-Zahlungen verurteilt haben. Doch wer könnte einschreiten in diesem Fall? Das Abendblatt hat bei den Behörden nachgefragt. Die Staatsanwaltschaft Lübeck führt nach Angaben von Sprecherin Ulla Hingst zurzeit „ein umfangreiches Ermittlungsverfahren gegen die Beklagte“. Die Anklagebehörde könne jedoch nichts dagegen unternehmen, dass möglicherweise weitere Menschen geschädigt werden. Hingst sagt: „Wir sind nicht für die Gefahrenabwehr zuständig.“ Das sei Angelegenheit der Gewerbeaufsicht in Ahrensburg.
Es folgt ein Anruf im Rathaus. „Wir sind erst durch die Abendblatt-Berichte über das Reisebüro hellhörig geworden“, sagt Sprecherin Imke Bär. Und wie reagiert diese Behörde? Bär rät möglichen Opfern, sich direkt an die Gewerbeaufsicht zu wenden und ihre Erlebnisse zur Kenntnis zu bringen. „Denn wir brauchen Beweise oder Gerichtsurteile, um etwas unternehmen zu können.“
Ahrensburger Familie brach Reise ab
Die gibt es bereits. Zum Beispiel im Fall von Dirk Främke. Das Landgericht Lübeck verurteilte das Reisebüro in einem Versäumnisurteil (Inhaberin Angela Langeloh war nicht vor Gericht erschienen) dazu, rund 11.000 Euro zu zahlen. Was war passiert? Seine Frau Sabine und er hatten bei der Firma Langeloh für den Jahreswechsel 2014/15 eine zweiwöchige Reise nach Vietnam gebucht und bezahlt. Beim Umstieg am Frankfurter Flughafen der Schock: Die Mitarbeiter der Fluggesellschaft wollten sie nicht weiterfliegen lassen. „Sie wurden auf sechs verschiedene Sitze gebucht. Das sieht nach Betrug aus“, habe ihnen ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft gesagt.
Nach langen Diskussionen habe er den Ahrensburgern angeboten, sie trotz der Vorbehalte weiterfliegen zu lassen. „Aber er hat uns gewarnt, dass wir womöglich wegen der Probleme nicht mehr aus Vietnam zurückfliegen dürften oder zumindest neu bezahlen müssen“, sagt Dirk Främke. Das war dem Ehepaar zu heikel, es brach die Reise ab, kehrte nach Stormarn zurück.
Wieder in Ahrensburg forderten die Främkes ihr Geld zurück – ohne Erfolg. Sie klagten gegen die Firma. Wegen der hohen Streitsumme landete der Fall vor dem Landgericht Lübeck. Das verurteilte das Reisebüro zur Zahlung von Schadenersatz und zur Übernahme der Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von rund 11.000 Euro. Schlussendlich bekamen die Främkes ihr Geld zurück. Reisebüro-Inhaberin Angela Langeloh sagt zu dem Vorfall: „Die Kunden sind in Frankfurt wieder umgekehrt, weil die ,Premiumeco-Sitze’ nicht verfügbar waren. Dies kommt leider bei den besten Airlines vor.“
Fluggesellschaft riet Ehepaar zu Strafanzeige gegen Firma
Was sagt nun der Gesetzgeber zum Handlungsspielraum der Ahrensburger Gewerbeaufsicht? Laut Paragraf 35 der Gewerbeordnung hat die Stadt „die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist“.
Das scheint gegeben, betrachtet man die Vorwürfe, die Liesel und Karl Nienaber mit dem Reisebüro nach eigenen Angaben gemacht haben. Im Februar hatten die Ahrensburger Hin- und Rückflüge von Hamburg ins portugiesische Faro bei der Firma Langeloh gebucht. 518,04 Euro habe das Ehepaar dafür an die Firma überwiesen und eine Bestätigung zu einem Vermittlungsauftrag erhalten. „Nach dem ersten Abendblatt-Bericht über die Betrugsvorwürfe haben wir bei der Inhaberin nachgefragt, ob unsere Flüge noch sicher sind“, sagt Karl Nienaber. Am 1. August sei das gewesen. „Frau Langeloh hat uns zugesichert, dass wir uns keine Sorgen machen müssten.“ Der Portugal-Urlaub ist für Ende dieses Jahres geplant. Doch nach dem zweiten Abendblatt-Bericht wurde der 79-Jährige skeptisch, rief bei der Fluggesellschaft an. „Diese hat mir mitgeteilt, dass unsere Flüge am 8. August, also nach unserer Rückversicherung bei Frau Langeloh, storniert wurden“, sagt er. „Das Geld wurde zurückgefordert. So etwas kann laut Fluggesellschaft nur das Reisebüro machen.“ Die Mitarbeiter hätten ihm geraten, Anzeige zu erstatten.
Inhaberin kündigt Schließung zum Ende des Monats an
Das haben die Ahrensburger und seine Frau inzwischen auch getan. Sie gingen zur Polizei und informierten die Gewerbeaufsicht. „Das Vorgehen des Reisebüros ist einfach nur dreist“, sagt Liesel Nienaber. Das Ehepaar hat neue Flüge bei der Fluggesellschaft gebucht – musste noch mal zahlen. Und was sagt die Verantwortliche im Reisebüro zu diesen Vorwürfen? Angela Langeloh: „Ich habe fehlerhafte Belastungen zurückgehen lassen, die zum selben Zeitpunkt gebucht wurden, da war diese Buchung mit enthalten. Konzentration ist zurzeit nicht so einfach.“ Zum Verbleib des Geldes sagte sie nichts. Zeitgleich kündigte sie an, ihr Büro zum Ende des Monats zu schließen.
Malermeister Dirk Främke hat keinerlei Vertrauen in Versprechen oder Ankündigungen der Firma. Er wolle verhindern, dass weitere Menschen geschädigt werden. „Jedes Mal, wenn ich am Reisebüro vorbeigehe und dort ältere Kunden sehe, möchte ich am liebsten reingehen und sie vor der Buchung warnen“, sagt er. „Hoffentlich passiert jetzt endlich etwas.“