Ahrensburg/Lübeck. Der Vorwurf lautet gewerbsmäßige Untreue und Computerbetrug in 29 Fällen. Geschäftsfrau soll mehr als 71.000 Euro erlangt haben.
Die Staatsanwaltschaft Lübeck hat nach umfangreichen Ermittlungen Anklage gegen eine Ahrensburger Reisebüro-Inhaberin erhoben. Der Chefin des inzwischen geschlossenen Geschäfts an der Stormarnstraße und eines weiteren Büros in Schwarzenbek (Kreis Herzogtum Lauenburg) werden nach Angaben von Oberstaatsanwältin Ulla Hingst in zehn Fällen gewerbsmäßige Untreue und in 19 Fällen gewerbsmäßiger Computerbetrug zur Last gelegt.
„Sie soll zwischen Juni 2015 und Februar 2018 in den von ihr betriebenen Reisebüros Geld, mit dem Kunden gebuchte Reisen bezahlt hatten, nicht an den jeweiligen Reiseveranstalter beziehungsweise die Fluggesellschaft weitergeleitet haben“, sagt die Sprecherin der Anklagebehörde. „Stattdessen soll sie das Geld zweckwidrig zur Begleichung anderer Verbindlichkeiten verwendet haben.“ Darüber hinaus wirft die Staatsanwaltschaft der Geschäftsfrau vor, Konto- und Kreditkartendaten ihrer Kunden verwendet zu haben, um Flüge, Reisen und Hotelzimmer anderer Kunden zu bezahlen. Auf diese Weise soll sie versucht haben, den „Umstand zu verschleiern“, dass sie deren Reisezahlungen bereits „zweckfremd verbraucht“ hatte.
Bei schweren Fällen drohen lange Haftstrafen
Insgesamt soll sie mit diesem Vorgehen mehr als 71.000 Euro unrechtmäßig erlangt haben. Die Anklageschrift (Az.: 54 Ls 779 Js 24792/18) wurde dem Amtsgericht Ahrensburg übergeben. Es muss nun über deren Zulassung sowie die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden. Erst dann wird ein Termin für den möglichen Prozess festgelegt.
Das gesetzliche Strafmaß für Untreue und Computerbetrug in einem besonders schweren Fall liegt nach Angaben der Staatsanwaltschaft bei einer Freiheitsstrafe von sechs bis zehn Jahren. Hingst sagt: „Im Falle einer Verurteilung wird für jede Tat eine Einzelstrafe zu bilden sein. Daraus wird am Ende eine Gesamtstrafe gebildet. Dabei wird die höchste Einzelstrafe als Ausgangspunkt genommen und dann angemessen erhöht.“ Die Reisebüro-Inhaberin war auf Abendblatt-Anfrage nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Eine Frau hat jetzt Flugverbot und Ärger mit Inkasso-Firma
Das Abendblatt hatte im Sommer 2018 erstmals über Betrugsvorwürfe gegen das Reisebüro Langeloh berichtet. Der Ahrensburger Alfried Haase hatte sich an die Redaktion gewandt. Der selbstständige Manager und Wissenschaftler für Röntgenanalytik erzählte von Flügen, Hotelübernachtungen und Mietwagen für eine Asien-Reise, die sein Mitarbeiter und er zum Teil doppelt oder dreifach bezahlen mussten. Und von einem Geldbetrag, der von seiner Kreditkarte abgebucht worden war – für einen Flug von Spanien nach Hamburg, den er nie gebucht habe. Er erstattete Anzeige bei der Kriminalpolizei in Ahrensburg, erwirkte vor Gericht einen Vollstreckungsbescheid gegen die Firma und fordert seitdem rund 12.000 Euro zurück – bislang ohne Erfolg.
Seit dem ersten Bericht meldeten sich mehr als ein Dutzend weiterer Kunden beim Abendblatt, denen Ähnliches mit dem Reisebüro widerfahren ist. Einige haben deshalb Ärger mit Inkasso-Unternehmen, so zum Beispiel Anita Koch aus Fuhlenhagen (Kreis Herzogtum Lauenburg). Sie hat wegen ausstehender Rechnungen von einer Airline ein Flugverbot erteilt bekommen. Die von Koch gezahlten 2654,66 Euro an das Reisebüro für Flüge nach Australien sind offenbar nie bei der Fluggesellschaft angekommen. Auch Anita Koch hat Anzeige bei der Polizei erstattet.
Opfer möchte endlich Hintergründe erfahren
Alfried Haase ist erleichtert, dass die Abläufe im Reisebüro nun endlich juristisch aufgearbeitet werden. „Meiner Ansicht nach hat das Ganze viel zu lange gedauert“, sagt der Ahrensburger. Er habe sich im Sommer 2018 an die Öffentlichkeit gewandt, um zu verhindern, dass weitere Menschen durch die Firma geschädigt werden. Doch das gelang offenbar nicht. So haben zum Beispiel Liesel und Karl Nienaber eigenen Angaben zufolge noch im August 2018 Geld an das Reisebüro verloren. In ihrem Fall wurden bereits bezahlte Flüge ungefragt storniert. „Es ärgert mich, dass die Behörden, etwa die Stadt Ahrensburg, so spät reagiert haben“, sagt Haase.
Das Reisebüro an der Stormarnstraße ist seit September 2018 dicht. Das Geschäft in Schwarzenbek hatte die Frau bereits zuvor aufgegeben. „Ich habe den Laden in Ahrensburg aus eigenem Entschluss geschlossen“, sagte sie damals dem Abendblatt. Eine Aufforderung der Behörden habe es nicht gegeben. Heute, gut acht Monate später, ist der Geschäftsname immer noch über dem inzwischen leergeräumten Laden zu lesen.
Alfried Haase beschäftigt immer noch die Frage nach dem Warum. „Ich möchte endlich wissen, wieso das alles passiert ist. Frau Langeloh hat mir und auch anderen Kunden viele Versprechungen gemacht, die sie nie eingehalten hat“, sagt er. „Jeder Mensch kann mal Fehler machen. Aber dann ist es doch das Mindeste, sich dafür bei den Betroffenen zu entschuldigen und sie über die Hintergründe aufzuklären.“ Das erhoffe er sich von einem Gerichtsprozess.